Winterfreuden ohne Allrad
So eine Winterskitour im Wohnmobil ist immer auch Ausrüstungstest, erst recht bei Glätte, Kälte und Schneesturm.
Anreise ins Winterwunderland
Es soll am Wochenende Schnee geben. Da zieht es mich und meinen Jüngsten ins Isergebirge. Zu zweit im 711er ist Luxus pur. Landstraße. Bald schon mischen sich die ersten Schneeflocken in den Regen. Genau wie angesagt. Hab extra noch Schaufeln, Kühlerabdeckung und Schneeketten ins Wohnmobil geschmissen.
Den Einkauf erledigen wir ganz traditionell in der Tannwalder Straßenbäckerei.
Kümmelbrot und Hörnchen, Quarkbällchen und Pfannkuchen, Kringel und Zopfbrot sind hier einfach zu lecker. Studiere nebenbei die Werbung für eine Plakatausstellung zum LIAZ 111 auf der Rallye Paris-Dakar im neuen Automuseum Wiesenthal. Da muss ich auch mal hin.
Mercedes 711 ohne Allrad im Schnee
In Dessendorf (Desná) links hoch in die Berge. Ab hier kommt es drauf an. Merke schon, dass die Straßen glatt sind, aber mit den Falken Wildpeak Winterreifen läuft es auch ohne Allrad.
Die letzte, engste und steilste Kurve kennen alle meine Kinder. Radio aus, leise sein, damit ich Serverleistung freimache und höre, ob die Räder durchdrehen. Aber alles super.
An der letzten Steigung muss ich anhalten und komme bei Schnee auf Eis nicht gleich weg. Naja, bisschen rückwärts und dann greifen die Räder wieder. Die Winterreifen sind eben doch schon 3 Jahre und 30.000 km alt und kleben nicht mehr wie neu.
Repara-Tour im Isergebirge
Oben auf dem Parkplatz ist nicht viel Auswahl, was die Stellplatzsuche extrem beschleunigt. Sind also schnell auf der Piste.
Doch bei einer Abfahrt geht die Skibindung meines Fünften kaputt. Fummle das ein bisschen zusammen, aber der Pfusch hält nicht lang. Humpeln also wieder zurück zum Bus. Es nützt nichts, wir müssen runter nach Harrachsdorf zum Skiservice fahren. Während der Motor vorwärmt, ärgere ich mich über die Verdunklung mit weißem Blackout-Stoff. Das wurde mir zwar vorhergesagt, aber ich wollte eben auch weiße Vorhänge probieren.
Im übervollen Harrachov kann ich eine Viertelstunde vor Ladenschluss nicht lange fackeln, parke etwas riskant und kriege tatsächlich eine neue Bindung. Danach wieder zurück durch den Schnee. Gestreut oder gesalzen ist nicht, nur geschoben, aber die Falken Wildpeak machen das schon. Licht ist dank der (legalen!) LED-Zusatzscheinwerfer auch genug da.
Zurück in Klein Iser ist der Parkplatz nun völlig leer. Wo stelle ich mich da hin? Runter an den Wald? Oder oben an die Schneewehen? Schöner ist am Wald, aber besser ist oben, denn dann komme ich auch sicher wieder weg. Mein Jüngster ist von der Dauer meines Parkplatzsuchens leicht genervt. Und dann stelle ich nach Einparken und Motor ausmachen auch noch fest, dass wir falschrum stehen. Wir müssen doch schließlich unsere Zuckerseite mit dem schwarzen Verdunklungsvorhang zur Straße stellen und nicht die verpfuschte rechte Seite mit dem weißen „Blackout-Stoff“, der keiner ist. Außerdem endet die Hecktür dann nicht gleich in der Schneewehe. Wende also den Bus tatsächlich noch mal. Aber jetzt.
Übernachtung im Schnee
Der Ex-Gruppenkraftwagen auf Mercedes 711 D ist dank der (weitgehend) originalen Wasserheizkörper mit Wärmetauscher nach der Fahrt durchs Gebirge ja auch hinten schön warm. Aber ohne Dämmung und Heizung würde das nicht lange so bleiben. Nun zieht die originale Dieselzusatzheizung im Winter zu viel Strom, ist zu laut und zu unzuverlässig. Setze deswegen immer auf die absolut problemlose Gasheizung. Die allerdings gibt die Wärme als Konvektionsheizung nur nach oben ab. Experimentiere daher gerade mit Zusatzlüftern, die die Wärme besser verteilen. Das ist schon ganz erfolgversprechend, aber ich muss bei EVG mal nach größeren, hitzefesten Lüftern suchen. Die machen nicht so einen Krach wie die kleinen 60-mm-Heulsusen, auch wenn die sich besser in den Ausbau einfügen.
Nach dem Abendbrot kriege ich wieder mal eine Lektion im Schach erteilt.
Ja, und dann gehen wir ins Bett. Mein Sohn schläft längs auf dem Sofa, ich quer im unausgezogenen Hubbett.
Tag 2 im Isergebirge
Da der Bus mit Fahrerhaus (und Hubbett) zur Schneewehe steht, können wir trotz intensivem Parkplatzverkehr gut schlafen. Auch die schweren Vorhänge schlucken neben Dämmung und Isolierfenstern viel Schall. Jedenfalls läuft die Gasheizung erst um 9 Uhr an. Dann gibt’s heiße Milch, Tee und Zopfbrot. Start erst 11 Uhr.
Diesmal passt alles und wir rutschen an der alten Glashütte vorbei rüber zum Wittighaus. Brauchen nichtmal eine Stunde für eine Strecke, die früher Tagestour war. Die nach Hausschwammbefall erst 2023 wiedererrichtete Bergkneipe ist super, aber übel voll. Überlegen derweil, ob wir über den Siechhübel, die Tafelfichte, den Raubschützenfelsen oder die gebrochene Talsperre fahren. Entscheiden uns dann für eine Runde über den Předel hoch zum Raubschützenfelsen.
Zweigen am Předel von der gespurten Loipe ab und kommen nur noch langsam voran.
Wird also spät. 16:30 Uhr sind wir an der Pešakovna und essen Suppe und Obstknödel zu Abend.
Aber wir können nicht allzu lang bleiben, sondern setzen die Stirnlampen auf und laufen mit straffem Rückenwind zum Bus.
Da immer der Größte den Rucksack tragen muss, fällt mir zum ersten Mal auf, wie stark mein Ortlieb-Lieblingsrucksack im Licht der Stirnlampe leuchtet. Klar, der heißt High Visibility, aber der sieht eben auch so aus, wie er heißt.
Rückreise im Schneesturm
Derweil hat die Gasheizung auf Stufe 1 die Temperatur im Wohnmobil auf 7°C gehalten.
Aber jetzt ballert die 11-kW-Dieselheizung los und wärmt vor allem den Motor. Während mein Jüngster bei voll aufgedrehter LED-Innenbeleuchtung alles aufräumt und das Wohnmobil abfahrtbereit macht, freue ich mich an den schwarzen Verdunklungsgardinen. Das Fahrerhaus ist normalerweise durch den Vorhang ums Hubbett lichtgedämmt, aber das Hubbett hängt schon unter der Decke. Sonst wäre (fast) alles schwarz.
Der Bus kommt super vom Parkplatz runter und zieht seine Spur durch den Neuschnee. Allrad wäre natürlich besser, aber was soll ich machen. Allrad-Busse gab’s nicht. Rechne mir dafür aus, dass wir gegenüber einem Allrad-Vario bisher 6000 Liter Diesel eingespart haben. Und für 10.000 € kann ich durchaus auch mal die Schneeketten anlegen. Kann, nicht muss.
Die Bergstraßen sind eng und glatt. Bei Gegenverkehr bewährt sich da die Umfeldbeleuchtung. Die blendet nicht, zeigt aber, wo die Straße zu Ende ist. Cool wären Scheinwerfer unter dem Wohnmobil.
Das Wetter ist auch unten im Tal nicht besser und ab der Robur-Stadt Zittau wird der Schneesturm richtig dumm.
Sehe kaum was und muss ab und zu anhalten, um die Scheibenwischer zu enteisen. Jetzt wären statt der Dachscheinwerfer Nebelleuchten besser.
Sind echt widrige Verkehrsbedingungen, aber der Bus bringt uns ohne Allrad und Schneeketten sicher nach Hause, auch wenn ich ein paar am Berg hängenden Fahrzeugen nicht helfen kann. Mit zusätzlich angetriebener Vorderachse hätte ich zwei Ducatos und einen Sprinter den Berg hochziehen können. So bin ich froh, selbst hochzukommen. Hab mich trotzdem mit der Allradlosigkeit abgefunden. Hauptsache, alle Räder bremsen.
Auf den ungeräumten Nebenstraßen geht es, aber blöd ist die Salzdusche auf den letzten Kilometern. Da muss noch kurz der Kärcher ran. Allerdings hat der neue K5 gegenüber meinem alten K2 so einen Mehrdruck, dass der glatt die Dämmung vom gedämmten und beheizten Urintank zerfetzt. Irgendwas ist eben immer.
Infos
- Da ich beim KrAZ-255 gemerkt habe, dass mein Blog nicht genug Leistung hat, reaktiviere ich für Videos Instagram: Klick
- Automuseum Lučany nad Nisou / Wiesenthal mit Plakatausstellung zum LIAZ-111 Dakar: Klick
- Übersicht Axiallüfter für mein Trumaprojekt (EVG): Klick
- Der Skirucksack passt mit ein paar Umbauten auch ans Rad (Ortlieb Velocity High Visibility 23): Klick
- 30er Zusatzscheinwerfer sind am Mercedes 711 gerade noch legal (Hella LED Light Bar 350): Klick
- Meine Allterrain-Allyear-Winterreifen reduzieren den Allradbedarf (Falken Wildpeak AT3WA): Klick
- Schneeketten für die 235/85 R16 (Pewag XMR81V): Klick
- Mit dem Druck vom Kärcher K5 muss man echt aufpassen: Klick
Es gibt auf Instagram einen kleinen akustischen und visuellen Gruß von der Serpentine, in der ich bei Schnee schon mit einigen Fahrzeugen hängen geblieben bin.