Freiberger Mulde: Paddeln für Masochisten
Bericht und Gewässerbeschreibung vom Paddeln auf der Freiberger Mulde im 3er Luftkajak mit Zeltausrüstung fürs Wasserwandern.
Oberlauf der Freiberger Mulde bis Döbeln
Paddeln wird mit zunehmender Erfahrung immer herausfordernder. Muss mir schon Gedanken machen, welche Flüsse wir überhaupt noch paddeln können. Brauche also einige Zeit für die Vorbereitung und kaufe extra Karte und Gewässerführer für Ostdeutschland. Die Karte ist super für die Flusswahl, das Buch dann für die konkrete Gewässerbeschreibung.
Die Freiberger Mulde sieht nicht schlecht aus. Wollte ich schon immer mal paddeln. Sehe aber schon in der Karte, dass die obere Freiberger Mulde quasi nur aus Wehren besteht. Jeder dieser verdammten kleinen Querstriche ist ein Wehr. Au weia.
Und dann kommt auf der Freiberger Mulde noch das Problem mit dem geringen Wasserstand dazu, was schon den Bergleuten in der Reichen Zeche Freiberg einiges Kopfzerbrechen bereitet hat. An der Freiberger Mulde kann man mit Kindern schön baden und Dämme bauen. Aber paddeln? Mit einem Dreierkajak? Hier am Oberlauf der Freiberger Mulde? Nie im Leben.
Unterlauf der Freiberger Mulde
km 30,2: Staupitz-Mühle Döbeln
Erst ab Döbeln wird es so halbwegs erträglich mit den Wehren und deren Abständen. Der Gewässerführer zeigt ja die Kilometrierung auch für die letzten Kleinflüsse, sodass ich nicht rechnen muss und bei der Planung viel Zeit spare. Und so will ich eigentlich schon kurz vor Döbeln einsetzen und eben nicht unten am Bahnhof.
Aber in der Stadt gibt es doch einige Wehre und wenig Wasser. Selbst der über die Satellitenfotos an der Staupitz-Mühle Döbeln rausgesuchte Platz zum Einsetzen ist doof. Da gibt es eine dicke Schranke vor der privaten Mühleninsel, dazu muss man alles auf Privatland wie auf dem Präsentierteller aufbauen und es geht relativ steil zum Fluss runter. Wasser ist da auch noch nicht besonders viel. Nee, das geht nicht.
km 29,2: Einsetzstelle Flutmulde Döbeln
An der Einmündung der Flutmulde Döbeln in die Freiberger Mulde ist ein großer Parkplatz. Und die Stelle ist auch sonst ganz passabel. Aber irgendwie stimmt die Chemie zwischen mir und der Einsetzstelle noch nicht so richtig, denn der Wasserstand ist verdächtig niedrig.
km 27,4: Wehr Döbeln Bauchlitz
Das Wehr Döbeln Bauchlitz überspringen wir lieber auch noch. Hätte ja mal hinfahren und nach einer Einsetzstelle suchen können. Aber ich bin ja nicht allein unterwegs. Also am Wehr Döbeln Bauchlitz vorbei zur Straßenbrücke der Grimmaischen Straße. Döbeln ist mittlerweile schon fast zu Ende. Wir haben die hübsche Altstadt gesehen. Nur leider eben nur aus dem Auto.
km 27: Einsetzstelle am Lokstadion Döbeln (rechts)
Zwischen dem Stadion von Lok Döbeln und der Freiberger Mulde führt ein kleiner Feldweg direkt runter zum Fluss. Dort kann man fast ans Wasser fahren. Muss zum Wenden sogar Allrad am Jeep reinwürgen. Wobei das Quatsch ist, denn ohne Allrad hätte ich einfach eleganter gedreht.
Und es wäre sowieso viel besser gewesen, mit der Bahn anzureisen. Schäm. Kann mich zum Glück gut unter meinem Hut verstecken. Aber nee, in Wirklichkeit kniee ich natürlich nieder, um die Luft aus dem Packsack zu pressen. Der 4 Jahre alte 110-l-Ortliebsack ist immer noch absolut luft- und wasserdicht und Rückgrat unseres Gepäcktransports beim Paddeln.
Nach 35 Minuten ist das zum Dreisitzer umgebaute Verano California aufgebaut und beladen und schwimmt im Wasser. Allerdings ist die Freiberger Mulde selbst hier am Ortsausgang von Döbeln noch nicht so richtig ein Fluss für das 330 kg schwere Luftkajak. Muss also gleich wieder aussteigen und treideln.
Ja, die Freiberger Mulde hinter Döbeln ist unerwartet hübsch, aber auch unerwartet flach. Was aus der Ferne wie ein richtiger Fluss aussieht, sind halt nur ein paar Zentimeter Wasser über steinigem Grund. Die heutigen 2,4 m³/s Durchfluss sind bei der Breite quasi nichts.
Selbst wenn die Mulde mal schmaler ist und paddelbar wird, kommen aller 500 m Untiefen. Stromschnellen kann man das ja nicht nennen. Irgendjemand muss immer aussteigen und das Boot über die Steine ziehen. Dann kommen aber wieder Löcher und ich stehe bis zu den Knien im Wasser. Und so geht das immer hin und her, rein und raus, vor und zurück. Tausche also ganz entnervt meine wasser- und mückendichte Beinbekleidung gegen die Badehose. Hier und heute auf der Freiberger Mulde ist meine Vaude Monviso auch hochgekrempelt die falsche Wahl.
Zum Glück ist die Unterseite des Verano California mit einer zusätzlichen Lage schwerer LKW-Plane kleinflusstauglich gepanzert. Ansonsten hätten wir das Boot schon auf der Neiße verloren. Aber ich will mich nicht beschweren, die Wiesen rings um die Freiberger Mulde sind wirklich hübsch und völlig unzivilisatorisch. Höchstens ein Kirchturm strebt manchmal zur Freude des untersten aller Athos-Klosterpilger gen Himmel. [Ähm, merkt man etwa, dass ich auf monastisches Geheiß gerade einen alten russischen Pilgerschmöker lese?]
km 24,7: Wehr Technitz
Wenn das Paddeln auf der Freiberger Mulde Spaß macht, weil die großen Steine nicht rausgucken und die Paddelblätter nicht am Grund kratzen, dann heißt das letztlich nur, dass bald Umtragen ansteht. Hier blockiert das Wehr Technitz die Weiterfahrt. Und natürlich gibt es weder Weg noch Steak, sondern nur Schlamm und Gemüse rund um das Wehr Technitz. [Das mit dem Steak hat meine Spracherkennung fabriziert, aber ich lass das mal so. Stege gibt es an der Mulde sowieso nirgendwo.]
Haben zum Glück wenig Gepäck, einen robusten Bootswagen und starke Jungs. Und da man sowieso ständig im kalten Wasser steht, machen die Brennnesseln auch nichts.
Nach 22 Minuten schwimmt das Boot im Unterwasser.
Aber paddeln geht da noch lange nicht. Da ein Kraftwerk Wasser abzieht, müssen wir vom Wehr bis zur Eisenbahnbrücke Technitz treideln bzw. können die Jungs nur alleine fahren.
Und auch danach müssen wir immer wieder raus und das geleichterte Boot über die Steine ziehen. Ich frage mich echt, wer sich diese Strecke auf der Freiberger Mulde zum Wanderpaddlern mit einem vollbesetzten Dreierboot ausgedacht hat.
km 23,7: Linker Zufluss der Zschopau
Aber 3,3 km nach der Einsetzstelle fließt von links die Zschopau zu und die Freiberger Mulde führt jetzt deutlich mehr Wasser. Eigentlich wird die Freiberger Mulde zumindest für unser schweres Boot erst ab dem Zusammenfluss mit der Zschopau so richtig paddelbar.
km 23: Kanuclub Döbeln Kanuheim Bischofswiese
Am Kanuheim Bischofswiese gibt es sogar eine richtige Regattastrecke.
Dort am Döbelner Ruderverein laufen heute nicht nur Kanuwettkämpfe, sondern auch Bier und Musik. Das Kanuheim Bischofswiese hat am Männertag zwar geschlossen, dafür werden draußen Roster und Spanferkel gegrillt.
Also kriegt jeder eine Bratwurst und danach noch mal Gyros und Fischbrötchen. Erst dann sind wir halbwegs satt. Nein, Bier gibt es nicht. Alkoholgenuss bei dieser Hitze kann nicht gut gehen, was sich allerdings hier am Treffpunkt der Landjugend noch nicht herumgesprochen hat. Auf dem Foto sieht alles so leer aus, aber hier ist es echt voll und die Boyband Bleeding Sunset macht am Kanuheim Bischofswiese ordentlich Mucke.
Wir sitzen noch ein bisschen am Wasser und schauen einem Jungen zu, der versucht, einen Renncanadier zu paddeln, immer wieder ins Wasser fällt und immer wieder einsteigt. Da geht es in unserem Reisedampfer gemütlicher zu, auch wenn wir zu dritt sicherlich mit einem Einer mithalten könnten. [Wenn alle wollten.]
km 21,4: Brücke Westewitz
Allerdings haben wir gerade andere Probleme, denn es gluckert recht viel Wasser im Boot. Hab sogar den Eindruck, dass es immer mehr wird. Und genauso ist es. Also hinter der Brücke Westewitz schnell ans Ufer. Hier ist der Männertag in vollem Gange. Überall dröhnen die Bässe, grölen die jungen Männer und langweilen sich die jungen Mädchen. Dazwischen Camper, Angler und Radfahrer. Und wir mit unserem leckgeschlagenen Boot. Schütten erst mal 20 Liter Wasser raus.
Kann aber keine Beschädigung finden. Offenbar hängt das Verano California durch die hecklastige Beladung viel zu tief im Wasser, sodass über die Ruderanlage fröhlich Wasser ins Boot läuft. Dort fehlt eine wasserdichte Hülse. Meine Lösung sieht erst mal ein Umpacken im Boot vor. Die schwere Ortlieb-Packtasche Duffle 110 tauscht mit dem leichten gelben Gearpack 40 und kommt vom Heck zwischen meine Beine und die 10 Liter Wasser vom Heck vor in den Bug.
Währenddessen merkt der Jüngste, dass es vorne im Boot zischt. Und zwar innen. Aber wie soll dort eine Beschädigung entstanden sein? Naja, egal. Hab ja den bewährten PVC-Schweißkleber und ein Stück LKW-Plane dabei.
Während der Kleberwartezeit beobachten wir das Treiben der eingeborenen Bevölkerung an der Freiberger Mulde. Rings um die Brücke Westewitz findet eine riesige Party statt. Hinter uns daddeln die Mädchen am Handy. Vor uns springen die Jungs gut angetrunken von der Brücke in die Mulde. Oben zieht eine Gruppe mit Bassbollerwagen vorbei und ruft, was die Jugend eben so im trunkenen Zustand ruft, wenn sie sonst nicht frei reden darf. Also alles wie immer.
Trotzdem will ich hier nicht bleiben, sondern ein wenig Abstand gewinnen. Dazu kommt nach der einstündigen Zwangspause die Sonne wieder raus und es ist wirklich schön auf der Freiberger Mulde. Das Boot schwimmt und die Klebung scheint zu halten. Außerdem wäre Luftverlust sowieso nicht besonders dramatisch. Selbst mit einem Loch im Luftboot kann man noch lange fahren.
km 19,9: Hochwehr Westewitz
Und so sind wir nach nur 7 km Paddelei auf der Freiberger Mulde um 18:00 Uhr am Hochwehr Westewitz. Eigentlich ist noch genug Elan da und wir wollen nur umsetzen.
Zelten an der Freiberger Mulde
Aber Sonne, Wiese und Ruhe sind so schön, dass wir gleich hier bleiben. Zwar ist „ruhig“ relativ am Männertag in der sächsischen Provinz, denn auch hier ist von weitem das Bum-bum-bum zu hören. Aber da gibt es rund um die Freiberger Mulde wohl kaum einen Ort, wo das heute nicht so ist. Jedenfalls sitzen wir mitten auf dem Radweg, den keiner benutzt, spielen Skat, essen Abendbrot und genießen die Abendsonne. Hab extra meine lange Regenhose wieder angezogen, aber es gibt erstaunlicherweise (noch) keine Mücken auf den großen Wiesen rund um die Freiberger Mulde.
Dann machen wir einen kleinen Wettstreit, wer womit seine Luft-Isomatte schneller aufpumpt. Allerdings hat mein Vierter die kleine Akkuluftpumpe falsch montiert und versucht die ganze Zeit, Luft aus der Matte herauszusaugen, statt hineinzupumpen. Kein Wunder, dass ich mit dem Pumpsack gewinne.
Aber richtig herum läuft es mit der Pumpe super. Hab zwar im Test 21 Luftmatten damit aufgepumpt, nehme aber trotzdem noch den Pumpsack mit. Denn erstens weiß man nie und zweitens ist der Pumpsack gleichzeitig wasserdichte Hülle für Klamotten. Wär jedenfalls doof, wenn ich meine Luftmatte nicht aufgeblasen krächte. [Seit dem heimtückischen, nächtlichen Angriff der Katzen vom Athos hab ich jedenfalls immer den passenden Kleber für Luftisomatten im Erste-Hilfe-Set.]
Dann hole ich zur Feier des Tages noch die Klapp-Bushbox raus, die ich mittlerweile gewohnheitsmäßig mitnehme und die immer öfter den Benzinkocher ersetzt. Zudem dachte ich, dass hier an der Freiberger Mulde viel mehr Leute am Fluss unterwegs sind, alles viel mehr zersiedelt ist und wir deswegen mit einer kleinen Feuerschale besser fahren. Dieser Legalitätsaspekt von Feuer ist beim Wildzelten nicht zu unterschätzen. Ja, und natürlich kann man auf dem Hobo auch kochen.
Beim Anzünden der Bushbox entdecken wir einen neuen Verwendungszweck der Akku-Luftpumpe für die Isomatten: Mit diesem kleinen Gebläse lässt sich wunderbar ein Feuer starten. Dieses von mir anfangs als Spielzeug abgetane Teil stellt sich wirklich als äußerst ausdauerndes und nützliches Gadget heraus. Und so sitzen wir an unserem halblegalen Minifeuer, grillen Würstchen und schmieren ein Brot nach dem nächsten. Die Butter ist nämlich weich geworden und muss gegessen werden.
23:15 Uhr sind alle müde und verschwinden im Vaude Invenio, das trotz reichlicher Zeltauswahl nun schon seit 7 Jahren unser 3er-Lieblingszelt ist. Auch wenn ich durch eigene Dummheit ein Gestängesegment zerbrochen (und mittlerweile ersetzt) habe, finde ich es erstaunlich, wie lange das ultraleichte Zelt hält. Und das muss auch weiter halten, denn das gibt es nicht mehr.
Obwohl die Nacht sehr ruhig ist, wollen die Jungs überhaupt nicht aufstehen. Sie schlafen und schlafen.
9:30 Uhr dann langsam Bewegung und 09:45 Uhr knallt die Sonne so aufs Zelt, dass die Jungs wirklich aufstehen.
Hier ist übrigens neben dem Aufpumpen von Isomatten und dem Anblasen von Feuer der nächste Verwendungszweck der kleinen Akkupumpe: Das ist eine super Zeltlampe und spart die Stirnlampe, die sogar schwerer ist.
km 18,7: Scheergrund
Es dauert lange, bis wir auf dem Wasser sind. Vor uns ist schon eine Gruppe durch und hat breite Schleifspuren im Gras hinterlassen. Das ist gut, da sehen wir gleich die beste Einstiegsstelle. Doch noch ist nichts mit Paddeln auf der Freiberger Mulde, denn am Hochwehr Westewitz wird wieder Wasser für ein Kraftwerk abgezweigt und der Fluss ist nicht zu paddeln. Also laufen.
Nach 100 m können zumindest die Jungs schon mal im Boot sitzen. Aber nicht lange, und alle müssen wieder raus. Tja, die Freiberger Mulde ist eben ein kleines Flüsschen und unser 3er-Boot mit 330 kg ein ordentliches Kaliber. Aber zum Glück gibt es ja die Kielpanzerung, sodass wir die Blue Sea über den Flussgrund schleifen können, ohne dass gleich die Hülle platzt.
Erst ab Scheergrund kommt das entzogene Wasser wieder zur Freiberger Mulde. Und auch der Rückstau vom Wehr am Kloster Buch macht sich bemerkbar. Also Frühstück. In der Mitte sitzt der Smutje und schmiert Brote. Und ich kann die Ruderanlage am Verano aktivieren und hab die Hände frei. Der ganze Pedalkram ist schon lange rausgeschmissen. Schlaufen um die Füße reichen völlig aus und sind viel bequemer.
km 16,5: Kloster Buch
Nächste Station Kloster Buch.
Dort ist wieder Umsetzen angesagt. Haha, nach Satellitenbild wollte ich links durch den „Wald“ umtragen. Hätte mal lieber die Wanderkarte mit den Höhenlinien einschalten sollen.
Also rechts durchs Kloster Buch. Eigentlich sieht die Stelle nicht schlecht aus. Fast wie eine schräge Rampe für Boote. Gehe also bei aufgelaufenem Boot raus. Aber der Boden fängt sofort an zu blubbern und ich sacke bis zur Brust weg. Hab zum Glück wie gewohnt die Schwimmweste an – und zwar nicht nur, weil die beim Sitzen im Paddelboot so schön bequem ist. Schmeiße mich trotzdem vorn auf die Bootsspitze und stelle mich dann auf ein Paddel. Nur so komme ich raus aus dem Schlamassel. Ist echt übel, so tief im Schlamm zu stecken. Wenigstens steht das Publikum nicht nur rum, sondern macht ein Foto und schickt es mir per MMS. Wusste gar nicht, dass es sowas noch gibt. Hat aber Vorteile, denn so muss ich das Foto fürs Internet nicht verpixeln.
Wobei, quatsch. Ich kann das Foto ja gar nicht veröffentlichen, weil es nicht meins ist. Also stellt euch mal ein mit zwei Jungs besetztes Boot vor und mich, der bis Mitte Schwimmweste im Schlamm hängt und sich krampfhaft am Bug festhält. Hatte da übrigens immer noch keinen Boden unter den Füßen.
Diese Aussetzstelle am Kloster Buch sieht wirklich nicht gefährlich aus. Aber das ist sie. Denke mal, dass dort sogar Kinder wegsacken, wenn die zum Spielen ins vermeintlich flache Wasser laufen. Leute, da gehört eine Absperrung hin.
Im alten Kloster Buch muss ich mich erstmal entschlammen und umziehen, denn nasse Klamotten mag ich nicht. Eigentlich wollen wir was essen, aber es gibt (noch) nichts. Spazieren also dank des Bootswagens bequem um das Wehr herum. Ist aber ein Stück.
km 16,2: Einsetzen Straßenbrücke Kloster Buch
Hinter der Brücke Kloster Buch gehen wir auf die linke Seite der Freiberger Mulde. Aber an der Straßenbrücke rechts über die Wiese wäre viel besser gewesen. Ansonsten eventuell sogar noch außerhalb der Klostermauern am Wasser entlang. Da sieht man im Foto so eine Fahrspur bis hoch zum Wehr. Irgendwo da könnte man sicherlich auch einsetzen. Aber das haben wir nicht probiert, weil wir ja im Kloster Buch essen gehen wollten. Und wenn das Boot erst mal auf dem Bootswagen liegt, ist so ein Kilometerchen Fußmarsch kein Problem. Ganz im Gegenteil, manche Paddelstrecken der Freiberger Mulde hätten wir nebenher auf dem Radweg viel bequemer und schneller zurückgelegt.
Das Einsetzen in die Freiberger Mulde nach dem Wehr am Kloster Buch ist wieder so eine Sache, die nur mit robustem Boot funktioniert. Alles ist voller großer, spitzer Steine. Und trotzdem zerren wir das Verano California voll beladen da drüber. Allerdings möchte ich jetzt keine Werbung für die Robustheit des Verano machen. Es ist die aufgeklebte LKW-Plane, die das möglich macht.
Wieder auf der Freiberger Mulde wird es auch nicht besser. Obwohl es die letzte Zeit ordentlich geregnet hat, führt der Fluss viel zu wenig Wasser für unser Boot. Und da wird uns so richtig bewusst, wie dumm Paddeln auf so einem kleinen Fluss wie der Freiberger Mulde eigentlich ist. Denn wir ignorieren sämtliche Errungenschaften der Zivilisation wie Straßen, Wege oder Brücken und kämpfen uns stattdessen auf so einem Drecksfluss voran. Haben überhaupt keine Geschwindigkeit, müssen ständig umsetzen, bleiben andauernd auf den Steinen hängen und sind am Ende ziemlich kaputt. Gerade hier, wo der Fluss so schön breit aussieht, ist er doch besonders flach. In der Mitte hat die Mulde höchstens 5 cm Wassertiefe. Rechts und links vielleicht 20 cm. Aber Motivation ist alles.
Und trotzdem hat die Freiberger Mulde ihren Reiz. Vielleicht ist es gerade das Ursprüngliche, was das Paddeln so schön macht. Man sieht die Landschaft mit komplett anderen Augen. Vom Fluss her ist kaum was bis überhaupt nichts von der Zivilisation zu sehen. Und das, obwohl an der Freiberger Mulde fast immer ein Radweg ist oder die Eisenbahn langfährt. Ich mag das. Und heute bei diesem Kaiserwetter ist sowieso völlig egal, wie oft wir ins Wasser müssen.
km 12,4: Schlauchwehr Leisnig
In Leisnig kommt die Burg Mildenstein über der Freiberger Mulde auf, die hier wieder angestaut ist und nach einem richtigen Paddelparadies aussieht. Gibt sogar ein Tretboot mit 2 lustigen Eignern sowie einen einsamen Paddler.
Das erste Wehr in Leisnig hat es wieder in sich. Am liebsten hätte ich das Boot gleich über das Schlauchwehr gezogen. Aber das ist strengstens verboten. Trotzdem ist dieser luftgefüllte Schlauch äußerst robust, wie der fette Baum auf dem Schlauchwehr zeigt. Aber Betretungsverbot ist Betretungsverbot. Da halten wir uns dran.
Müssen also rechts durch den Wald über einen Trampelpfad quer durch die Brennnesseln umtragen. Wobei die Brennnesseln nicht lange jucken, weil wir ja sowieso ständig mit den Waden im Wasser stehen. Viel schlimmer sind die bösen Brombeeren. Dazu können wir wegen der Bäume ja nicht dem Weg folgen, sondern müssen vorn und hinten weit in die Büsche ausschwenken. Und bei dem schrägen, extrem verkrauteten und von hohen Wurzeln durchzogenen Untergrund nützt uns der Bootswagen auch nichts.
Am Ende müssen wir noch dicht am stacheldrahtbewehrten Zaun entlang. Ist echt mühsam.
Umtragen ist wirklich nicht einfach, dauert aber inklusive Wehrbesichtigung auch nur 20 Minuten. Im Unterwasser alles wieder aufbauen, das Boot über die Steine ins Fahrwasser zerren und rüber zur linken Seite umsetzen.
Die Restaurants sind alle oben auf dem Burgberg, aber unten hinter dem Wald soll nach Karte irgendwo ein Supermarkt mit Bäcker sein. Die Jungs bleiben am Boot, ich schlage mich durchs Gebüsch. Ist gar nicht so einfach, denn die Kaufhalle sieht auf der Karte so nah aus, liegt aber in Wirklichkeit hinter einem dichten, verwunschenen Wald. Muss mir am Ausgang aus dem Wald auf die Straße sogar einen Stock hinlegen als Zeichen, damit ich wieder zurück zu meinen Jungs finde.
Naja, und dann beginnt die übliche Einkaufsorgie. Dazu sächsische Kuchenspezialitäten aus Leisnig. Gefüllter Streuselkuchen, klassische Eierschecke und Schmandkuchen mit Mandarinen. Ein Traum.
km 11,4: Wehr Leisnig-Tragnitz
Schluss jetzt mit Futtern. Und frisch die Carbonpaddel in die Freiberger Mulde getaucht. Die haben auch schon einiges mitgemacht. Hätte gedacht, dass irgendwann mal die Blätter reißen. Aber keineswegs. Selbst das weiße Glasfaserpaddel fühlt sich gegen die beiden ultraleichten Extasea-Paddel echt schwer an. Ich bin zum Glück der Kleinste und darf das unterste, leichteste (und schönste) Paddel nehmen.
Auf zum Wehr Leisnig-Tragnitz, dem letzten auf der Freiberger Mulde. Über das rechte Seitenwehr plätschert das überschüssige Wasser ins Unterwasser. Hier setzen wir um.
Zu zweit zerren wir das vollbeladene Boot brutal über die Steine, aber das gepanzerte Verano schwimmt immer noch. Doch ohne die zusätzliche LKW-Plane auf dem Kiel wären wir schon lange gesunken. [Muss das immer dazuschreiben. Nicht, dass das jemand mit einem serienmäßigen Luftboot versucht.]
Der bessere Ort zum Umsetzen wäre aber hinter der Fischtreppe am Wehr Leisnig-Tragnitz gewesen, im Bild also rechts. Mich ärgert sowieso immer, dass überall aufwändige Fischtreppen gebaut werden, aber niemand an eine Bootsrutsche für die Paddler denkt. Ich gönne es den Fischen, aber so viel Mehraufwand wäre das doch auch nicht.
km 3,1: Schloss Podelwitz
Das war das letzte Wehr auf der Freiberger Mulde. Jetzt beginnen die Sohlschwellen und wir bleiben noch öfter stecken. Allerdings schaffen wir es meistens, mit viel Schwung das Boot über die Steine zu prügeln. Der Ausguck sucht die beste Stelle und der Steuermann versucht, die dann auch zu treffen.
So langsam lernen wir die Freiberger Mulde zu lesen. Überall da, wo stehende Wellen sind, liegen große Steinbrocken direkt unter der Wasseroberfläche. Also am besten da fahren, wo das Wasser glatt und schnell strömt. Meistens an den Außenseiten, aber eben nicht immer.
Ansonsten schneidet die Freiberger Mulde oft auch durch Steilhänge oder gar rote Porphyrfelsen. Aber hier ist vom Hochwasser schon die ganze Farbe des Porphyrs abgewaschen.
Ab Wiesenthal wird die Freiberger Mulde flacher und das Land öffnet sich in die Mitteldeutsche Tiefebene.
Am Schloss Podelwitz überholen wir die Truppe, die heute früh am Zeltplatz die Spuren durchs Gras gezogen hat. Ansonsten ist es auf der Freiberger Mulde echt ruhig. Abgesehen von den Kanuten am Kanuclub Döbeln, ein paar Anglern und den 3 Kajaks am Schloss Podelwitz sind wir hier die einzigen Paddler.
km 0: Zusammenfluss Freiberger Mulde und Zwickauer Mulde / km 145,8: Vereinigte Mulde
17:50 Uhr erreichen wir die Vereinigung von Zwickauer Mulde und Freiberger Mulde und sind am Ziel. Man könnte natürlich noch die Mulde bis Eilenburg weiter paddeln. Erst dann ist die Mulde bis zur Elbe aus Naturschutzgründen gesperrt. Aber auf uns wartet ein Großereignis in der Dresdner Flutrinne. ICH WILL!
km 142,2: Eisenbahnbrücke Kössern (Aussetzstelle)
Schon bald kommt Kössern in Sicht, die erste Stadt an der vereinigten Mulde. Um 18:15 Uhr sehen wir an der Eisenbahnbrücke Kössern einen VW-Bus direkt am Wasser. Und genau da ist auch eine ideale Rampe für uns. Hier steigen wir aus und schicken den Standort nach Hause.
Quatsche ganz nett mit den Leuten am Kaffeetisch, deren Ruhe wir so drastisch stören. Nein, Kaffee wollen wir wirklich nicht. Vielen Dank.
Dann spielen wir Skat, essen und warten. Und warten und warten. Es ist eben doch besser, mit dem Zug nach Hause zu fahren, zumal hier an der Mulde überall Bahnhöfe sind und wir mit dem Bootswagen auch längere Strecken laufen können. Doofe Bequemlichkeit.
Auf dem Rückweg geraten wir zur abschreckenden Ermahnung noch in einen Stau, so richtig mit Motor und Licht aus. Und während von uns unbemerkt am Himmel über Deutschland die Nordlichter tanzen, werden wir nach unserer anstrengenden Paddeltour auf der Freiberger Mulde bequem nach Hause kutschiert.
Kilometertabelle der Freiberger Mulde
Die Kilometertabelle der unteren Freiberger Mulde stammt aus dem DKV-Gewässerführer für Ostdeutschland, in dem mit einer unglaublichen Detailfülle und Präzision sämtliche paddelbaren Flüsse unserer Heimat aufgelistet sind. Sehr empfehlenswert, das Buch. Aber das ist keine Prosa, sondern eher Rallyestyle.
km | Wegpunkte an der Freiberger Mulde |
---|---|
30,2 | Staupitz-Mühle Döbeln |
29,7 | Schlossberg-Wehr Döbeln |
29,2 | Links Flutmulde Döbeln |
28,9 | Straßenbrücke Friedrichstraße Döbeln |
27,4 | Wehr Döbeln Bauchlitz |
27,0 | Einsetzstelle am Lokstadion Döbeln (rechts) |
24,7 | Wehr Technitz |
23,7 | Linker Zufluss der Zschopau |
23,0 | Kanuclub Döbeln Kanuheim Bischofswiese |
21,4 | Brücke Westewitz |
19,9 | Hochwehr Westewitz |
16,5 | Klosterbuch |
12,4 | Schlauchwehr Leisnig |
11,4 | Wehr Leisnig-Tragnitz |
3,1 | Schloss Podelwitz |
0,0 | Zusammenfluss Freiberger Mulde und Zwickauer Mulde |
145,8 | Beginn Vereinigte Mulde |
142,2 | Eisenbahnbrücke Kössern (Aussetzstelle) |
Infos zum Paddeln auf der Freiberger Mulde
- Gepaddelt sind wir bei einem Wasserstand von 60 cm und einer Durchflussmenge von 2,4 m³/s in Döbeln-Mahlitzsch sowie 99 cm/17 m³ auf der Mulde in Kössern: Klick
- DKV-Gewässerführer Ostdeutschland von Günther Eck (6. Aufl.): Klick
- Wassersport-Karte südliches Ostdeutschland (Jübermann Nr. 7): Klick
- Das 3er-Luftboot ist ein umgebautes Verano California Duo (Veranowatersports): Klick
- Bestes Doppelpaddel im Test ist mein rotes Carbonpaddel (Arts Outdoors): Klick
- Selbst auf Kleinflüssen retten Schwimmwesten Leben (Arts Outdoors): Klick
- Ohne Bootswagen wäre das häufige Umtragen noch mehr Schinderei (Eckla Beach Rolly): Klick
- Wegen UV-Strahlung, Hitze und Regen paddle ich immer mit dem Stetson (Hut.de): Klick
- Unser bester Packrucksack ist seit 4 Jahren luft- und wasserdicht (Ortlieb Duffle 110): Klick
- Luftisomatten mit Wattefüllung (Vaude Performance 7 L Winter): Klick
- Akku-Luftpumpe, Feuerstarter und Zeltlampe (Outaway Flextail): Klick
- Vielseitig einsetzbar ist ein wasserdichter Pack- und Pumpsack (Vaude): Klick
- Lagerfeuer an der Freiberger Mulde ist so eine Sache. Besser ist die Bushbox (Bushcraft): Klick
- Genialer Kleber für LKW-Plane und PVC-Luftboote (Bindulin Bindu AK-5): Klick