Schwanheimer Industriekleber: Wundermittel für Bootsreparaturen
Der Schwanheimer Industriekleber im Test ist ein universeller, handlicher und leicht zu verarbeitender Superkleber für Luftboote.
Problem mit Bootsklebern
Mann, eh. In Vorbereitung einer längeren Paddeltour prüfe ich gerade das ganze Zubehör und meinen Reparatursatz fürs Kleben der Boote. Und was ist nach drei Jahren aus meinem hochgelobten Werkstattkleber geworden? Der Kleber ist zäh, scheint aber noch zu funktionieren. Doch der Härter ist eingetrocknet.
Das mit dem richtigen Reparaturkleber für die Schlauchboote ist echt ein Dilemma. Zumal wir mit vier Luftbooten aus drei Materialien paddeln:
- PVC (Verano California)
- Nitrilon (Gumotex Seawave und Twist)
- EPDM-Kautschuk (Grabner Riverstar)
Beim Wanderpaddeln muss ich die Boote unterwegs kleben können. Zuletzt gemacht am Verano auf der Freiberger Mulde. Bei diesem PVC-Boot komme ich mit dem PVC-Kaltschweißkleber gut zurecht. Aber ich hab immer noch keinen Schlauchboot-Kleber, der PVC, Nitrilon und EPDM gleichermaßen klebt.
Nun ist mein Angstgegner beim Kleben sowieso das Grabner Riverstar XXL. Der Grabner 2K-Werkstattkleber funktioniert zwar, getestet habe ich das aber nur trocken, warm und relaxt. Bei Reparaturen am Boot unterwegs ist es hingegen nass, kalt und muss schnell gehen. Auch der Reparaturversuch am Gumotex hier ging schief.
Schwanheimer Wunderkleber
Bin also immer hellhörig, wenn mir jemand von einem Wunderkleber erzählt. Und so stammt der Tipp, mal den Schwanheimer Industriekleber zu testen, von meinem schwarzen Chemiker. Weiß gar nicht mehr, wie wir drauf gekommen sind. Über klebrigen Kuchen vielleicht? Jedenfalls soll ich den Industriekleber mal probieren.
Allerdings bin ich bei Alles-Schnell-Fest-Klebern recht skeptisch und hab das erstmal abgetan. Denn normalerweise ist das Einsatzgebiet von Klebern eng beschränkt. Aber jetzt stehen 300 km Paddeln im Kleberendgegner an, da brauche ich eine outdoortaugliche Reparaturmöglichkeit. Bestelle mir also nach einem halben Jahr dann doch den Schwanheimer Wunderkleber zum Testen.
Nun besteht der Industriekleber laut Datenblatt aus Ethyl-2-Cyanacrylat. Cyanacrylat aber ist der Grundbaustein von Sekundenkleber. Den hab ich sowieso in meinem Erste-Hilfe-Set dabei. Die Frage ist nun, ob ich mit diesem Spezial-Cyan-Acrylat aus Schwanheim wie versprochen meine Boote kleben kann und hier vor allem das Grabner aus EPDM.
Angeblich ist der RE-HT-Kleber genau für solche flexible Klebungen geeignet, denn RE steht für restelastisch. HT ist hochtemperaturfest, aber das ist beim Kleben von Paddelbooten nicht so relevant.
Test des CA-Industrieklebers
Kleben besteht zu 50% aus der Vorbereitung der Klebestellen. Geb mir deswegen beim Test des Schwanheimer Industrieklebers nicht besonders viel Mühe, sondern teste mit dem, was ich auch unterwegs dabei habe. Also Lappen und Aceton. Das Testmaterial sind Bootsreparaturflicken, die schon ein paar Jahre bei mir rumliegen.
Mit Schleifpapier und Primer lässt sich das Klebeergebnis immer verbessern. Aber das lasse ich weg. Reicht schon, dass es beim Test trocken und warm ist. Und nicht nass und kalt wie beim Paddeln. Also ein Praxistest unter fast realen Bedingungen.
Im Moment interessiert mich vor allem der Test des Industrieklebers mit EPDM-Kautschuk, aber ich teste gleich auch PVC-Plane und Nitrilon in unterschiedlichen Kombinationen mit. Für die Vergleichbarkeit mit meinem letzten Bootskleber-Test klebe ich nur 5 cm², reiße dann die Klebestelle auseinander und schätze den Kraftaufwand.
Verarbeitung des Schwanheimer Industrieklebers
Egal welcher Kleber, Untergrundvorbereitung muss sein. Trocken ist gut. Reinigung mit Aceton ist besser. Gerade wenn man das Boot aus dem Fluss zieht, ist da so eine schleimige Schicht unbekannter Konsistenz und Zusammensetzung auf dem Bootsrumpf. Die muss runter. Dazu beseitigt Aceton auch ganz gut Wasser. So ein kleines Fläschchen gehört ins Reparaturset.
Theoretisch ist Zweikomponentenkleber am besten. Praktisch aber ist mir bis jetzt immer der Härter eingetrocknet. Dazu ist die normgerechte Verarbeitung von Zweikomponentenkleber nicht ohne. Praktisch spricht also viel für den Industriekleber in der handlichen Flasche mit Dosierspitze.
Die Verarbeitung des Industrieklebers RE-HT ist einfach. Oben aufschneiden, einseitig dünn auftragen und die Klebeflächen direkt zusammenpressen. Ohne Druck lässt sich der etwas viskose RE-HT Industriekleber noch ein bisschen verschieben. Aber das ist minimal.
Ethyl-2-Cyanacrylat härtet in Sekunden durch Entzug von Sauerstoff und Druck aus. Nach 10 Sekunden Druck mit der kleinen Acetonflasche ist der Kleber angezogen. Wenn nicht schon eher. Vorsicht beim Drücken mit den Fingern, denn der Sekundenkleber verklebt auch Haut.
Testergebnis des RE-HT-Klebers
Obwohl der ja Sekundenkleber ist, gebe ich dem Schwanheimer Industriekleber im Test mal 10 Minuten zum Abbinden. Dann steht der Test der Klebestelle PVC auf PVC an. Also LKW-Plane auf LKW-Plane. Versuche mit aller Kraft, die beiden auf 5 cm² zusammen geklebten Streifen wieder auseinander zu reißen.
Das Video vom Test des Industrieklebers ist ganz lustig, aber ich stelle trotzdem bloß mal ein GIF ein. Öffentliches Gestöhne und Gefluche gehören sich einfach nicht. Erst recht nicht, wenn mein Chemiker hier mitliest. Schaffe es jedenfalls trotz aller Kraftanstrengung nicht, die Klebestelle zu zerreißen. Also der Tipp mit dem Schwanheimer Industriekleber war für PVC schon mal gut.
Bin so begeistert, dass ich gleich meinen gerade hinzugekommenen Vierten den Reißtest der Klebestelle wiederholen lasse. Er bringt noch mal deutlich mehr Zugkraft als ich auf, schafft es aber auch nicht, sodass ich übermütig werde und alle Tricks außer einer Schere erlaube. Ist ja ein Test. Da popelt er eine nicht sauber geklebte Ecke auf und reißt dort Stück für Stück die Plane auseinander. Aha, ich muss also auf saubere Verklebung der Gesamtfläche achten.
Nur mit Kraft unlösbar ist ebenfalls die Klebeverbindung von PVC auf Nitrilon. Das ist die Situation, bei der ich einen Flicken aus LKW-Plane auf das Gumotex Seawave kleben muss. Und wohlgemerkt, den Reißtest mache ich nach 10 Minuten, nicht nach 24 Stunden.
Die heikle Klebung von EPDM-Kautschuk des Riverstar teste ich als letztes. Da löst sich bei einer Zugkraft von etwa 50 kg aber nicht der Kleber, sondern die Oberfläche des originalen Bootsflickens von Grabner. Von meinem neuen Universalkleber bin ich zwar begeistert, aber ein Kleber taugt eben nur so viel wie der Untergrund. Wenn ich die Deckschicht bis aufs Gewebe runterreiße, kann der Kleber nichts dafür.
Da muss ich echt über die Qualität meines Testmaterials nachdenken, wobei das schon für viele Tests erhalten musste. Für einen besseren Test bräuchte ich mal ein paar Reste von einem richtigen Grabner-Boot, nicht nur diese Flicken. Kann mir nämlich nicht vorstellen, dass ich beim originalen Bootsmaterial die Deckschicht auch so abreiße. Allerdings könnte es auch sein, dass der Industriekleber die Oberfläche anlöst.
Übersichtstabelle zum Test des Schwanheimer Industrieklebers
Nun ist mein Test das Schwanheimer Industrieklebers natürlich subjektiv. Aber dafür genau auf meine Bedingungen zugeschnitten. Und da sehe ich im Moment keinen besseren Kleber, um ein beschädigtes Paddelboot unterwegs schnell zu kleben. Und zwar egal, welches.
Hier kommt erst einmal die Übersichtstabelle meiner drei besten Kleber. Testsieger ist ganz klar der Schwanheimer Industriekleber, weil der universell alle Boote kleben kann und dazu auch noch der Kleber in der kleinsten Verpackung und mit der einfachsten Verarbeitung ist. Nachteilig ist eigentlich nur der Preis für das kleine Fläschlein, aber die größeren Klebersets trocknen auch ein und kosten genauso viel.
Schlauch-Boot-Kleber | Schwanheimer Industriekleber RE-HT | Bindulin AK5 | Grabner Werkstatt-Kleber |
Kleberart | 1-K | 1-K | 2-K |
PVC auf PVC (Verano) | 100 kg | 50 kg | 10 kg |
Nitrilon – Nitrilon (Gumotex) | 20 kg | 10 kg | 30 kg |
EPDM – EPDM (Grabner) | 50 kg (Deckschicht löst sich) | 3 kg | 25 kg |
PVC auf Nitrilon | 100 kg | 20 kg | 50 kg |
PVC auf EPDM | 50 kg (Deckschicht löst sich) | 1 kg | 50 kg |
Kleber geeignet für | alle Boote | Verano California | Grabner Riverstar, Gumotex Seawave |
Vorteile | Klebt nach 10 Sekunden; nach 10 min. belastbar | Klebt PVC schnell und stark, füllt Lücken und Risse | Originaler Kleber für EPDM und Nitrilon |
Nachteile | keine | Nur für PVC-Boote und LKW-Plane | Aufwändige Verarbeitung, lange Abbindezeit, Haltbarkeit |
Quelle | Klick | Klick | Klick |
Haltbarkeit des Schwanheimer Industrieklebers
Hab also meinen idealen Reparaturkleber gefunden. Die Frage ist nur, ob und wie lange ich den Industriekleber lagern kann. Werde diesmal den Kleber nach der Paddeltour im Kühlschrank einlagern, vielleicht sogar einfrieren. Hab zur besten Aufbewahrung des Klebers sogar in Schwanheim angerufen und vom Chef persönlich den Tipp bekommen, dass der Kühlschrank ausreicht und der Kleber dann auch direkt verwendet werden kann. Beim Einfrieren hingegen müsste man den Kleber vor der Verwendung erst auf Temperatur bringen.
Jedenfalls lohnt es sich erfahrungsgemäß nicht, größere Klebermengen zu kaufen. Wegen der begrenzten Haltbarkeit von angeblich nur 9 Monaten sind kleine Mengen besser. Aber bei kühler und dunkler Lagerung im Kühlschrank soll der Kleber „wesentlich länger“ halten. Mal sehen, wie lang wesentlich länger ist.
Was der beste Kleber ist, kann man sowieso nur durch Testen, Testen und nochmals Testen rausfinden. Diesen Sommer bin ich versorgt. Aber schon nächstes Jahr muss ich den Schwanheimer Industriekleber wieder prüfen und gegebenenfalls ersetzen. Denn Vorsorge ist besser, als mit einem beschädigten Luftboot liegen zu bleiben.
Ergiebigkeit des getesteten RE-HT-Klebers
Welche Mengen an Kleber ich für unterwegs brauche, hängt von der Ergiebigkeit des Klebers ab. Für meine Testreihe mit insgesamt 25 cm² Klebefläche hab ich jetzt 2 Gramm Kleber verbraucht. Da der Schwanheimer Industriekleber also sehr ergiebig ist, reicht die kleinste Verpackungsgröße völlig aus.
Da kann ich mit meinem 20-g-Fläschlein noch viel kleben. Und bei Lagerung im Kühlschrank hoffentlich auch noch viele Jahre. Hab gleich die anderen, noch nicht getesteten Kleber, Primer und Haftgrundvermittler mit dazu gepackt. Trotzdem sollte man die Dosierspitzen mit Gummi oder Kerzenwachs verschließen.
Infos zum Test des Industrieklebers
Schwanheimer Industriekleber heißt sowohl die Firma als auch der bzw. die Kleber. Das ist ein bisschen unglücklich, denn die verschiedenen Industriekleber unterscheiden sich durchaus. Der getestete Kleber trägt das Kürzel RE-HT und ist speziell für flexible Untergründe und EPDM geeignet. Also endlich ein Kleber für alle unsere Boote.
- Schwanheimer Industriekleber RE-HT (20 g): Klick
- Technisches Datenblatt zum Schwanheimer Industriekleber RE-HT: PDF-Datei
- Erstes Kleber-Testobjekt ist das Verabo California aus PVC (Veranowatersports): Klick
- Das Grabner Riverstar XXL ist aus EPDM-Kautschuk (Grabner): Klick
- Gumotex verwendet Nitrilon für Schlauchboote (Arts Outdoors): Klick
Hast Du nicht auch mal die anderen Schwanheimer Klebersachen ausprobiert, die haben doch so ein set wo verschiedene drin sind.
PS: der Kleber ist frischer als die Eier…
Nee, nee – die Eier waren beim Test super frisch. Hab den Industriekleber ja vor dem Sommerurlaub getestet. Aber mit der Veröffentlichung von solchen Testberichten warte ich immer gerne ein bisschen.
Ach so, ganz vergessen: Ja, ich habe das ganze Set. Und ich teste das auch noch. Aber nicht jetzt über den Sommer. Da brauche ich nur den Bootskleber. Warum soll ich mir die Mühe machen, etwas zu testen, das ich selbst nicht brauche?