Fahrwerkstest in der französischen Provinz
Der französische Pfad der Damen ist bestens geeignet für einen Fahrwerkstest der neuen Vorderfedern und Stoßdämpfer am MB 711.
Kein Haus am See
Wir sind ja gestern Nacht nach einerm probefahrtmäßigen Start in die Bretagne einfach hier vor der Schranke stehen geblieben. Auf der Karte sieht der Stellplatz am See so nett aus, aber schon ab der frühen Dämmerung fahren hier Unmengen Autos vorbei. Klar, die Leute müssen auf Arbeit. Unten im Elternhubbett geht’s. Oben im Jugenddachbett ist es schlimmer.
Trotzdem schläft 09:00 Uhr alles noch. (Oder wieder, denn der Verkehr lässt jetzt nach.) Gehe also schon mal zum See, wegen dem wir ja hier sind. Auf dem verunkrauteten Weg war schon lange keiner mehr unterwegs. Und im Wasser auch nicht.
Autobahn nach Frankreich
Abfahrt 10:30 Uhr. Gefrühstückt wird während der Fahrt. Nur muss unser Vierter (unter Protest) nun wieder meine Teetasse halten, da die Minibar ja seinem neuen Luxusliegestuhl weichen musste. Aber er ist so nett und hält die Litertasse trotzdem. Wenigstens bis zur Autobahn, die ja nicht weit ist.
Dann über die Vulkaneifel runter zur Mosel. Ist eine schöne Strecke. Würde mir ja gerne mal die Mare der Eifel anschauen sowie die Mosel paddeln. Aber diesmal ist die Bretagne dran. An der ersten französischen Mautstelle steht ein unbekannter Vierachser. Dachte schon, das wäre ein MAN KAT 1 8×8. Isses aber nicht.
Auf der französischen Autobahn fällt mir ein, dass wir ja wegen der Umweltzone gar nicht durch Paris fahren können. Auch die Umfahrung von Paris auf dem Autobahnring ist ein bisschen unklar. Mann, ich bin aber auch schlecht vorbereitet. Aber das ist die Gelegenheit, die ganze Routenverantwortung zu delegieren.
Fahrwerkstest im Chemin des Dames
Autobahn ist sowieso langweilig. Französische Provinz ist viel besser. Aber wenn man nicht 20 Zwischenpunkte setzt, funktioniert das nur mit der Karte in der Hand. Also biegen wir in Reims ab und fahren jetzt kleine, kurvige und bergige Straßen durch den Chemin des Dames, also den Pfad der Damen.
Passt ja. Denn dank weiblicher Lotsentätigkeit muss ich nicht mehr denken und kann mich voll in mein halbneues Fahrwerk hineinfühlen. Hab ja vorn aufgesprengte Vorderfedern von DFF und dünnere Heavy-Duty-Stoßdämpfer von Marquart drin.
Meine alte Konstruktion der Höherlegung mit den Unterlegklötzen und den dicken Spezialstoßdämpfern war zwar auch nicht schlecht. Aber jetzt hat die Vorderachse 10 cm mehr Federweg und damit wesentlich mehr Bewegungsfreiheit.
Voraussetzung für mehr Verschränkung sind aber längere Bremsschläuche und dünnere Stoßdämpfer, damit die bei extremer Verschränkungnicht mehr an den Federn anschlagen. Also dünner im Vergleich zu den dicken Dingern, die ich die letzten 80.000 km im Einsatz hatte. Aber in 7 Jahren hat sich die Technik weiterentwickelt und man kriegt vergleichbare Dämpfer auch schlanker hin.
Jedenfalls ist der Chemin des Dames ein ideales Testgelände. Die Vorderachse kann sich jetzt wesentlich besser bewegen, ohne dass gleich der ganze Bus mit muss. Gleichzeitig verhindern die verstärkten Stoßdämpfer mit Zug- und Druckstufe übermäßiges Schwanken.
Jetzt überlege ich nur noch, was ich mit den Stabilisatoren und der Hinterachse mache.
Der Wald von Compiègne
Jedenfalls landen wir nach dem erfolgreichen Fahrwerkstest kurz vor 18:50 Uhr im Wald von Compiègne.
Will den Jungs den Eisenbahnwaggon der beiden Waffenstillstandsunterzeichnungen von 1918 und 1940 zeigen. In diesem Häuschen steht er drin. Aber das Museum ist leider seit 18:00 Uhr geschlossen.
Dafür sind wir die einzigen im Wald von Compiègne. Hierbleiben ist zwar keine Option, Abendbrot allerdings schon. Ist schließlich noch ein weiter Weg bis ans Meer.
Einstellung der LED-Zusatzscheinwerfer
Als es dunkel wird, machen sich alle über mein „Fernlicht“ lustig. Also genau genommen nicht über das Mercedes-Fernlicht. Das ist sowieso ein Witz. Nein, über die Position der Hella-LED-Zusatzscheinwerfer auf dem Dach. Hab nämlich wegen deren Hang zur Selbstverstellung extra ein paar geriffelte Unterlegscheiben montiert, die Scheinwerfer dann aber nur nach Augenmaß eingestellt.
Der linke obere Scheinwerfer brennt jedenfalls fünf Meter vor dem Bus Löcher in den Asphalt und der rechte beleuchtet einen Kilometer voraus die Baumkronen. Halte also auf einer langen Geraden, klettere hoch aufs Dach und stelle die Lightbars (mit Zulassung!) neu ein.
Mein Vierter sitzt derweil auf dem Fahrersitz und blendet bei anderen Autos immer ab. Denn von den Dachscheinwerfern geblendet zu werden, ist ganz böse. Erstaunlicherweise halten auf dieser kleinen Straße in den fünf Minuten der Aktion von vier vorbeifahrenden Autos zwei an und fragen, ob wir Hilfe brauchen. So sind die Franzosen.
Stellplatz finden
Auf alle Fälle bin ich jetzt nachtfahrbereit. Hab mich schon so an die Dachscheinwerfer gewöhnt, dass ich nicht mehr ohne fahren mag. Die Jungs wollen gleich noch bis ans Meer, aber da wären wir dann nach 1000 km um 1 Uhr in einer Gegend, wo man schwer Stellplätze findet. Kommt, wir sind nicht im Männerurlaub.
Fange also schon nach 700 km an, rechts und links der Straße die Wanderkarte mitlaufen zu lassen. Und tatsächlich taucht abseits von Häusern plötzlich rechts ein kleiner Weg auf, der noch etwas über die Felder mäandert, aber nirgendwo hinzuführen scheint. Für sowas hab ich Seitenscheinwerfer auf dem Dach, mit denen ich quer in solche Wege leuchten kann. Sieht gut aus. Also auf Verdacht da rein.
Der Mittelstreifen des Feldwegs ist etwas hoch, aber das passt mit dem höhergelegten Bus schon. Bodenfreiheit ist ohnehin viel wichtiger als Allrad am Vario. Kurve dann nach 500 Metern rückwärts in die französische Vegetation. Kurz hin und her, damit der Bus halbwegs gerade steht. Und schon ist ein Stellplatz gefunden.
Trier – Luxemburg – Metz – Reims – Compiègne – Beauvais – L’Hôtellerie | Frankreich | 733 km | 1.288 km
Moinsen Tom,
entschuldige bitte die Frage, aber was für einen Sinn hat der Rückspiegel hinten am Heck?
VG Mario
… damit man sich außen am Bus die Haare kämmen kann, ohne dass immer meine Spiegel verstellt werden.