Tunesien: Der grüne Jebel Lansarine
Schöne Fahrt von Tunis durch den sehr belebten Agrargürtel hoch auf den einsamen, grünen Jebel Lansarine.
Entspanntes Tunesien
Puh, so eine unruhige Nacht mit drei Ruhestörungen auf dem Übernachtungsplatz Karthago hatten wir lange nicht.
Aber egal, das war nach einer entspannten Einreise nach Tunesien die erste Nacht und die Tunesier sind prinzipiell unaufdringlich. Ist ja nachvollziehbar, dass Polizei oder Nationalgarde oder Geheimdienst oder wer das war unseren Stellplatz neben dem Präsidentenpalast nicht so richtig mochten. Dafür sind die Tunesier selbst völlig unbeeindruckt von unserer Anwesenheit. Fühlt sich also dennoch echt gut an hier.
Nur wird es langsam ganz schön warm. Dabei habe ich von der winterlichen Anreise zur Fähre in Genua noch meine Wollstrümpfe an. Irgendwie ist mir im Bus sonst immer kalt an den Beinen, weil das Fahrerhaus so stark gedämmt ist, dass keine Motorwärme mehr durchdringt. Selbst die innere Motorabdeckung bleibt kalt. Wenn ich aber die Heizung voll aufdrehe, ist wieder allen zu warm.
Also fahre ich am liebsten mit den dicken, langen Wollwanderstrümpfen (Falke TK1). War zwar erst nicht so begeistert, weil (mich) selbst Merino ein bisschen kratzt, aber da gewöhnt man sich dran. Und außerdem kann ich nur für eine ganz besondere Funktion Werbung machen, denn im Urlaub haben Wollstrümpfe den Vorteil, dass man nicht ständig Socken wechseln (oder waschen) muss. Denn echte Wolle ist im Gegensatz zu diesem künstlichen Zeug an den Füßen selbst nach einer Woche olfaktorisch völlig unauffällig.
Aber für die sich schon früh entwickelnde tunesische Hitze sind die dicken Wollstrümpfe dann doch etwas übertrieben. Stelle also für die Fahrt über den Jebel Lansarine auf die leichteren TK5 um.
Doch obwohl jetzt Sommer befohlen ist, mache ich vor dem Motorstart die Dieselheizung an, denn unter 60° Kühlwassertemperatur drehe ich den Zündschlüssel ohne Not nicht rum.
Quer durch den Verkehr von Tunis
Ich bin für den Verkehr in Tunesien ganz optimistisch, da der Mercedes 711D eingebaute Vorfahrt hat. Nehme also beim Start um 11 Uhr wie gewohnt meine Teetasse in die Hand und fahre los. Hab allerdings die Rechnung ohne die tunesischen Verkehrsplaner gemacht. Die Ausfahrt vom Parkplatz ist nämlich dermaßen eng, dass ich zwei Hände brauche, um nicht über diese komischen Begrenzungsborde zu schraddeln.
Also muss mein Beifahrer unter Protest wieder meine Tasse halten. Aber er ist es ja auch, der vom Abbau meiner kleinen Minibar und generell von Umbau und thermischer Trennung der Beifahrerseite profitiert, weil er nun den Sitz in Liegeposition bringen kann und nicht mehr von der hochgedrehten Heizung seines fröstelnden Vaters belästigt wird. Nur habe ich jetzt eben keinen Teetassenhalter mehr. Also keinen, der mir immer ohne zu Murren zu Diensten ist.
Erst auf der drei- bis fünfspurigen Straße durch Tunis kann ich dann die Tasse wieder nehmen und mal einen Schluck von meinem Zitronentee trinken. Der Verkehr sieht zwar chaotisch aus, läuft aber recht ruhig. Vor allem, wenn man im LKW sitzt, denn da kommen in der gottgegebenen Verkehrshierarchie Tunesiens nur noch Busse und Taxis drüber. Hier haben wir z.B. so einen gelben Reinschnipser.
Tunis selbst will jetzt aber keiner mehr anschauen. Das können wir auf der Rückreise machen, wenn noch Zeit bis zur Fährabfahrt ist. Und so sehen wir von Tunis nicht viel mehr als eine lange Militärzone, die üblichen Wohnhochhäuser und die belebten Gewerbegebiete mit den Werkstätten und an der Straße hängenden Schafsköpfen.
Bei der engen Verzahnung von Bussen, LKWs, Autos, Mopeds, Radfahrern und Fußgängern wundert es mich echt, dass nicht ständig Unfälle zu sehen sind. Sieht zwar nicht so aus, aber scheinbar passen alle aufeinander auf und denken nicht nur an sich selbst.
Fruchtbare Gegend um Tunis
So sind wir bald westlich raus aus Tunis und ab Manouba dominieren rechts und links der Straße fruchtbare Felder und Plantagen, deren Produkte in einem stetigen Strom nach Tunis gekarrt werden. Mich begeistern vor allem die Strohlaster. Dieser Saviem-Renault JK 60 z. B. ist konservativ geschätzt mindestens mit 6 x 2,5 x 3 m Stroh beladen. Das macht 45 m³ gepresstes Stroh mit etwa 5 t Gewicht. Vielleicht sind es aber auch 10 Tonnen, die der kleine 6-Tonner nach Tunis auf den Markt buckelt. Wenn ich mich nicht täusche, hat der Saviem-Renault JK 60 höchstens 2 t, vielleicht 2,5 t reguläre Zuladung, trägt aber ein Vielfaches davon. Ist schon krass, was die alten Laster aushalten.
Unbekannter Jebel Lansarine
Hab ja schon zu Hause im Rahmen meiner Vorbereitung auf die Tunesientour extra kleine Straßen rausgesucht, weil es einfach schöner und natürlich einsamer ist. So dachte ich zumindest. Tatsächlich fahren wir am laufenden Band durch äußerst belebte Ortschaften. Wir sind eben noch im Großraum Tunis.
Steigere ab El Battan die Exklusivität mit einer schmalen Serpentinenstraße auf einen kleinen Gebirgszug am Rand des Tell-Atlas, den Jebel Lansarine. Niemand kennt diese paar Berge und ich kannte die bisher auch nicht. Aber so steht es nun mal in der Karte.
Nun sind wir wirklich ganz allein. Sehr hübsch, schöne Umgebung, alles grün, wunderbar. Ich hatte echt keine Ahnung, dass der Tell-Atlas zumindest hier am Jebel Lansarine so grün ist. Das mit der Einsamkeit wusste ich, weil ich für sowas ja intensives Luftbildstudium betreibe.
Die Berge des Jebel Lansarine sind knapp 700 m hoch und stauen den regenreichen Ostwind, was die Gegend so fruchtbar macht. In Tunesien gibt es jedenfalls nicht viele grüne Flecken auf der Karte. Der Jebel Lansarine ist einer davon.
Beja
Eigentlich wollte ich auf dem Jebel Lansarine einen Stellplatz suchen, aber da Karthago ja schon gestern Abend dran war, haben wir genug Zeit und fahren durch schönes Bergland weiter bis nach Beja.
In Beja ist Tanken dran. Für 60 Cent kann man schon mal den Superdiesel tanken. Obwohl der OM364 sicher auch den billigeren Schwefeldiesel verträgt, wollen wir hier nicht am falschen Ende sparen und auch für die Tunesier die richtigen Anreize setzen.
Karthago – El Battan – Jebel Lansarine – Oued Zarga – Beja | Tunesien | 141 km | 1.260 km
Jetzt wird’s aber knifflig, denn ich habe mir in den Kopf gesetzt, eine 2000 Jahre alte Römerbrücke zu finden, zu der es kaum Infos, aber südlich von Beja einen Stern in der Tunesien-Karte gibt (1:600.000, Verlag Reise-Know-How).
Karte vom Jebel Lansarine
Den völlig unbedeutenden Jebel Lansarine hab ich schon am oberen rechten Rand des Fotos von der Straßenkarte eingekringelt. Wer Arabisch kann, findet den grünen Fleck auch in der OpenTopoMap. Mir allerdings ist da eine vernünftig beschriftete Landkarte lieber.
wie mach ich Zitronentee?