Tunesien: Suche nach der Pont de Trajan
In meiner Karte ist die Pont de Trajan, also die Brücke des Trajan aus dem Jahr 29 zwar verzeichnet, vor Ort aber schwer zu finden.
Die Brücken von Kaiser Trajan
Nach dem Jebel Lansarine wird’s knifflig, weil ich den Trajan-Viadukt aus dem Jahr 29 anschauen will. Im Reiseführer steht dazu nichts, im Internet nicht viel. Eine Webseite für Brückenfans verortet die Brücke mit Belegfoto „13 km südlich von Beja am Oued Beja“ (structurae.net), eine andere mit GPS-Position paar Kilometer weiter südlich am Oued Medjerda (vici.org).
Gibt ohnehin eine ganze Menge Trajanbrücken in Südeuropa und Nordafrika. Denn der 53 in Spanien geborene Marcus Ulpius Traianus hat in seiner Kaiserzeit von 98 bis 117 dem Römischen Reich einen ziemlichen Infrastrukturschub gegeben. Die tunesische Trajan-Brücke bei Beja von angeblich 29 nach Christus kann er allerdings nicht gebaut haben. Oder die Jahresangabe ist falsch.
Irgendwas stimmt hier sowieso nicht, denn auch im Luftbild finde ich die Pont de Trajan bei Beja nicht. Aber vor Ort werde ich ja wohl eine 2000 Jahre alte, massive Kreisbogenbrücke finden. Zumal die Trajanbrücke in meiner schönen Tunesien-Karte eindeutig vermerkt und sogar mit einem Stern ausgezeichnet ist. Aber die Karte hat eben nur den Maßstab 1.600.000, da ist das mit der Genauigkeit so eine Sache. Dafür behalte ich mit einer richtigen Karte die Übersicht und kann die vor allem mit allen möglichen Stiften schön beschriften, wie das Foto zeigt (Auszug aus der Tunesien-Karte vom Verlag Reise-Know-How.de).
Probleme mit der Tunesien-Karte
Blöd ist nur, dass ich in die Papierkarte nicht reinzoomen kann. Dazu sieht vor Ort alles ein bisschen anders aus als auf der Karte. Die Trajanbrücke liegt ja eigentlich in einem Dreieck gelber Straßen. Aber da ist bis auf eine schon im Satellitenbild erkennbare Pipelinebaustelle nichts straßenmäßiges zu sehen. Fahre also einen südwestlichen Bogen über Sidi Smail und von da südlich des Medjerda wieder nach Osten.
Fluss und Eisenbahnlinie sind schon mal genau da, wo sie nach Karte sein sollten. Und das restliche Gewirr aus Pisten und Feldwegen ist natürlich in keiner Straßenkarte und auch bei Google Maps nicht vermerkt. Selbst das fein gesponnene Wegenetz der OpenStreetMap verwirrt eher. Peile also den GPS-Punkt als Ziel auf dem Handy an und fahre immer der Nase nach über die Dörfer. Wir müssen ja nur an den Fluss Medjerda und werden dann dort schon irgendwo die Trajan-Brücke sehen.
Das geht so lange, bis wir in dem nun wieder übertrieben groß eingezeichneten Dorf Mestouta rauskommen, in dessen Nähe die Brücke sein soll. Mestouta, das in der Tunesien-Karte mit einem veritablen Punkt gekennzeichnet ist, stellt sich als Streusiedlung mit höchstens zehn Höfen heraus. Das hier ist der Boulevard von Mestouta.
Allerdings ist die große gelbe Nord-Süd-Verbindung von Beja nach Mestouta aus der Straßenkarte irgendwie verloren gegangen. Die hätten wir ja in Mestouta kreuzen müssen. Aber Mestouta Ist sowieso 5 km zu weit östlich eingezeichnet, denn die paar Häuser liegen alle direkt an der Eisenbahnlinie. Soll vielleicht diese Baustraße hier die Hauptstraße nach Beja sein? Die Richtung stimmt zumindest.
Ach, ich liebe solche Forschungsarbeiten vor Ort, zumal man hier in Tunesien völlig unbehelligt kreuz und quer durch die Dörfer fahren kann, ohne mit Steinen beschmissen, angebettelt oder von Kinderhorden verfolgt zu werden. Schon bald sind wir fast direkt am Medjerda, wo der Bus an einem Schlammloch neben dem Ufergebüsch nun nicht gerade stecken bleibt, aber ich schon ziemlich aufpassen muss bei dem weichen Boden. Offenbar hat es hier vor kurzem viel geregnet.
Suche nach der Pont de Trajan am Medjerda
Möglicherweise gab es vor kurzem sogar eine Überschwemmung, denn die braune Brühe steht immer noch im Uferwald. Bloß gut, dass der Mercedes Vario kein Allrad hat. Denn sonst wäre ich garantiert die letzten 20 Meter auch noch gefahren und dort stecken geblieben. So bin ich froh, dass ich wenigstens meine Schuhe wieder aus dem Schlamm rauskriege. Die Jungs wussten schon, warum sie nicht mitgekommen sind. Jedenfalls ist da der schlammige Fluss und ich komme nicht mal zu Fuß zum Wasser.
Wenn ich ein kleines Paddelboot dabei hätte, könnte ich das weiter oben einsetzen und den Fluss mit dem Boot abfahren. Aber wer denkt denn bei der Vorbereitung auf Wüstenpisten in Tunesien an ein Boot. Gehe also zu Fuß den Fluss hoch und rede mit einem Kuhhirten. Naja, genau genommen halte ich ihm ein Foto der Trajanbrücke vor die Nase und sehe an seinem Gesichtsausdruck, dass er das Ding noch nie gesehen hat. Das gibt mir zu denken, denn dann kann die Trajanbrücke nicht ganz so in der Nähe sein wie ich dachte.
Dafür sehe ich, dass die Baustraße der Erdgastrasse wirklich die verpasste „gelbe Straße“ zu sein scheint, einschließlich des provisorischen Übergangs über den Medjerda östlich der Eisenbahnbrücke Mestouta. Die Straßenkarte von Tunesien ist sozusagen überaktuell und zeigt schon die tunesische Straßenverkehrsplanung, obwohl gerade mal der Unterbau der Straßen fertig ist. Aber vielleicht hat das ja auch alles so seine Richtigkeit und soll so bleiben.
Eisenbahnbrücke Mestouta
Leider haben auch die Pipelinearbeiter in einem Pickup keine Ahnung und schicken mich auf meiner Suche nach der Pont de Trajan zur Eisenbahnbrücke flussaufwärts. Na gut, das zeigt mir auch nur, dass die die gesuchte Trajanbrücke noch nie gesehen haben. Denn die einspurige Stahlkastenbrücke ist zwar ganz hübsch, aber eben nicht die Trajanbrücke.
Aber natürlich gucke ich mir die Eisenbahnbrücke trotzdem an. Hab auch keine Bedenken, über die Gleise zurück zur Südseite des Medjerda zu laufen. Kann mir nicht vorstellen, dass hier noch groß Züge fahren. Ab und zu vielleicht.
Der schlammige Medjerda bei Mestouta
Von der Brücke bietet sich ein besserer Überblick. Aber den Medjerda flussaufwärts ist nichts von einer alten römischen Brücke zu sehen.
Flussabwärts ebenso Fehlanzeige.
Erst in Mestouta können zwei Männer etwas mit dem Foto der Trajanbrücke anfangen. Einer kennt sogar den richtigen Namen. Allerdings ist die Kommunikation auf Arabisch etwas sperrig. Mache zwar mit meinen paar Brocken Smalltalk anfangs einen ganz guten Eindruck, aber wenn es konkret wird, komme ich eben nicht weiter. Mittlerweile kann ich Arabisch nicht mal mehr lesen. Französisch kann hier auch niemand, Englisch sowieso nicht. Und der Google-Übersetzer ist auch keine rechte Hilfe.
Oder die Leute wissen einfach nicht, wo die Brücke genau ist, wollen aber trotzdem helfen. Hab die Trajanbrücke im Luftbild ja selbst nicht gefunden. Ich Esel dachte halt, mit dem Foto der Brücke würde mir vor Ort schon jemand die Pont de Trajan zeigen können. Und schließlich gibt es in der Reisekarte ja auch extra einen Stern. Allerdings steht selbst im ansonsten ziemlich vollständigen Reiseführer von Tunesien nichts dazu.
Dilemma Crashsicherung am Wynen Gastank
Egal, schlage ich mich halt über die kleinen Feldwege wieder zum Bus durch. Die Jungs wollten eigentlich in der Zwischenzeit was kochen, allerdings hat bei der holprigen Anreise die Crashsicherung ausgelöst und die Gaszufuhr unterbrochen. Mein Vierter kennt das Problem zwar, hat aber den Schlüssel für den Gastank nicht gefunden. Nun, hier ist er. Die Crashsicherung am Wynen Gastank ist der grüne Knopf ganz links. Einfach reindrücken, und dann funktioniert alles wieder.
So ein Gastank unter dem Wohnmobil ist schon genial, aber die mimosenhafte Crashsicherung nervt immer ein bisschen. Zumal an der Gasversorgung ja auch der Kühlschrank dranhängt und man die unterbrochene Gaszufuhr erst merkt, wenn man sich was kochen will.
Reifentest auf der Schlammpiste zum Oued Beja
Dauert also etwas mit Son’s Spaghetti. Erst 17 Uhr fahren wir über die Behelfsbrücke auf die Nordseite des Medjerda, um die Suche nach der Pont de Trajan fortzusetzen. Das hier ist also die gelbe Hauptstraße zwischen Mestouta und Beja.
Und das hier ist eine Piste, die in keiner Karte vermerkt ist, aber richtungsmäßig so ungefähr zum roten Stern aus der Tunesien-Karte führt. Schließlich muss ich irgendwie den Medjerda runter und den Oued Beja wieder hoch. Die Piste wird aber schon bald recht schlammig und ich breche diesen Versuch lieber ab. Hab ja weder Differentialsperre noch Allrad, sondern nur All-Terrain-Reifen und Schneeketten für solche Fälle.
Den Schlamm presst es so zwischen die Reifen, dass man die Zwillinge gar nicht mehr erkennt. Aber toi toi toi, die Falken Wildpeak AT3WA haben uns trotz 10 cm Schlammtiefe sicher durchgebracht. Ich denke, dass gerade die seitliche Profilierung viel ausmacht. Das Profil setzt sich ja so oder so schnell zu.
In dieser Spezialausführung Mud-Racer würde der Wildpeak jedenfalls vom ADAC sicherlich nicht mehr auf den zweiten Platz der AT-Reifen gerankt. Lasse also lieber erstmal den Schlamm zwischen den Zwillingsreifen rauskratzen. Nicht, dass das Zeug fest wie Beton wird.
Fußmarsch zum Oed Beja und der Tranjanbrücke
Dann gehen wir zu Fuß 5 km den Fluss Medjerda runter und suchen die Einmündung des Oued Beja. Hab mich erst ein bisschen über den fehlenden Allrad am Bus geärgert, aber mit Allrad am Mercedes 711D würde ich jetzt spätestens hier in diesem Schlammfeld feststecken. Also natürlich nur dann, wenn mich auf der anderen Flussseite vorher ein Traktor aus dem dortigen Morast gezogen hätte.
Selbst zu Fuß kommt man gerade so durch das Gebüsch, und dann steht da eher Wasser und Schlamm, als man freie Sicht auf den Oued Beja hat. Das wird wohl nichts mehr mit der Pont de Trajan.
Wir suchen und suchen, finden aber kein Anzeichen für die alte Römerbrücke. Es nützt auch nichts, wenn ich zum hundertsten Mal die Satellitenbilder der Umgebung durchsehe. Weder am Medjerda noch am Oued Beja. Komisch. So eine Brücke verschwindet doch nicht einfach. Naja, wenigstens steht der Bus noch da.
Versöhnlicher Abend zwischen Oued Beja und Medjerda
Der Abend verspricht aber schön und nach der Katastrophe mit dem Stellplatz in Karthago vor allem ruhig zu werden. Denn es gibt Hunde nur auf der anderen Flussseite, erst in der Ferne etwas Licht und kaum Geräusche. Dazu kenne ich jetzt sowieso jeden Tunesier im Umkreis von 5 km persönlich (und er mich und meine spinnigen Wünsche).
Da können wir am Abend endlich mal wieder ein schönes Lagerfeuer machen.
Um genau 20:35 Uhr rattert dann doch ein Personenzug über die Eisenbahnbrücke, der einzige seit heute Mittag. Mein Handy macht davon zwar kein besonders schönes Foto, aber ich bin ja nicht zum Fotos machen hier, sondern um die Pont de Trajan mit eigenen Augen zu sehen und um die ein oder andere Besonderheit zu dokumentieren.
Beja – Mestouta- „Pont de Trajan“ bzw. Schlammfeld am Medjerda / Oued Beja | Tunesien | 20 km | 1.280 km
Wo ist die Pont de Trajan von Beja?
Also wenn jemand weiß, wo die Pont de Trajan wirklich ist, freue ich mich über jeden Hinweis, am besten mit GPS-Position.
In der Karte markiere ich mal die Eisenbahnbrücke über den Medjerda bei Mestouta. Da ist die Pont de Trajan jedenfalls nicht. Wahrscheinlicher ist, dass die Brücke irgendwo am Oued Beja steht, der von Norden zum Medjerda zufließt.
laut Google Maps scheinen die Überreste der Brücke irgendwie auf dem Trockenen zu stehen und nicht im Wasser?
Link zu Google Maps
Nein, das ist die Pont Romain de Chemtou, die zwar ebenfalls Pont de Trajan genannt wird, aber 70 km flussaufwärts am Medjerda liegt. Und schau mal die Fotos in den Links oben im ersten Absatz an: Die Trajan-Brücke von Beja ist ziemlich gut erhalten. Und klar, die kann natürlich auch irgendwo auf dem Trockenen stehen.
wenn Du eine Drone mithättest, hqtte Dir das da nicht geholfen ?
Klar, Drohne wäre cool und würde bessere Bilder liefern. Aber eine brauchbare kleine Drohne ist auch teuer. Da muss ich bei nunmehr schon drei studierenden Kindern echt Schwerpunkte setzen und mit dem Handy zufrieden sein. Aber ich kann ja auch mal einen anderen Weg gehen und um etwas Unterstützung bitten. Ich würde mich jedenfalls freuen, wenn auf diesem Wege vielleicht eine kleine Drohne zusammenkommen würde und danke schon einmal allen, die mir auf diesem Weg Danke sagen wollen: https://www.paypal.me/7globetrotters