Tunesien: Die dunkle Medina von El Kef
Heute müssen wir uns vor der Polizei verstecken – ausgerechnet vorm Polizeipräsidium am Rand der alten Medina von El Kef.
Fahrt ins Touristensperrgebiet
Noch in der alten Römerstadt Thugga haben uns zwei Wohnmobilfahrer leicht entnervt berichtet, dass sie vom Süden her nur mit Polizeieskorte bis Thugga fahren und nur an bestimmten, angeblich sicheren Orten übernachten durften. Das schreckt mich ziemlich ab und ich suche zur Umgehung der Polizeisperren bewusst ganz kleine Straßen für unsere Fahrt nach Süden raus. Zumindest bis El Kef könnte das funktionieren.
So sind wir zwar ziemlich langsam unterwegs, werden aber von der Polizei in Ruhe gelassen.
Und Nebenstrecken sind sowieso meistens schöner. Da gehen nur noch Pisten drüber.
Wasser auf Arabisch
In Nebeur frage ich ein paar Leute am Straßenrand, was sie in den Fässern haben. Denn in Marokko wird so Arganöl verkauft, von dem wir wieder mal ein paar Liter gebrauchen könnten. Aber die Tunesier verkaufen Diesel, der sicherlich aus Algerien über die Grenze geschmuggelt wurde. Dann frage ich die Leute, ob sie Wasser für uns hätten. Französisch kann hier übrigens keiner. Aber ich weiß, was Wasser auf Arabisch heißt: L’ma.
Naja, oder so ähnlich. Jedenfalls verstehen die mich und denken, dass ich Durst habe. Kriege also eine angefangene Flasche Mineralwasser. Eigentlich wollte ich ja 100 l Wasser für das Wohnmobil tanken, aber die Flasche kann ich natürlich nicht ablehnen und trinke die zur Freude der Anwesenden ohne Fisimatenten in einem Zug aus.
Also nette Leute und nette Gegend. Gerade beim Sonnenuntergang. Aber Wasserhähne sind knapp. Ich würde hier im Bergland des Tell-Atlas auch Brunnenwasser nehmen, aber die Wasserstellen sind alle gut besucht. Das ist mir dann auch wieder unangenehm. Wir haben ja noch genug Reserve und angeblich soll es in den Bergoasen an der algerischen Grenze kristallklares Quellwasser geben.
Stellplatz am Polizeipräsidium El Kef
Wir sind ganz alleine und es ist eine tolle Stimmung auf der Straße. Ich würde am liebsten hier irgendwo übernachten, finde in dem offenen Gelände aber keinen Platz zum Verstecken.
Hab nach den schlechten Erfahrungen von Karthago nämlich keinen Bock, dass uns die Polizei nachts noch einmal aufsammelt und auf irgendeinen zentralen Parkplatz bringt. Also wollen wir mal nicht so sein und stellen uns gleich freiwillig neben das Polizeipräsidium von El Kef, zu dem die Deutschen aus Thugga geleitet worden sind. Ein italienisches Wohnmobil steht schon da. Der Stellplatz sollte also behördlicherseits okay sein. Wobei das hier mit dem Rotlicht nach allem möglichen aussieht, aber nicht nach einem Polizeipräsidium. Vielleicht ist es ja wenigstens das Rathaus und nicht der örtliche Nachtclub.
Abend in der Medina von El Kef
Hab dabei allerdings den Hintergedanken, dass wir im Dunkeln noch einen Spaziergang machen und uns die Medina von El Kef anschauen können. Denn wann steht man schon mal mit dem Wohnmobil mitten in der Stadt.
Die Medina ist ganz nett, aber jetzt auch nicht sooo überwältigend.
Doch ich will nicht meckern, El Kef ist ein nettes kleines Provinzstädtchen. Man darf El Kef nur nicht mit Marrakesch oder Fes oder Kairouan vergleichen.
Auch den Jungs gefällt’s, erst recht, als der Muezzin zum Abendgebet ruft und so richtig orientalische Stimmung aufkommt.
Ich hingegen finde einen alten Peugeot 404 Pickup als mittlerweile selten gewordene Reminiszenz an das alte Nordafrika am besten.
Ansonsten sind die Händler und Passanten selbst in schmalen, dunklen Seitengassen angenehm unaufdringlich und wir können völlig ungestört den milden Abend genießen. Nur unser Stellplatz am Polizeipräsidium von El Kef ist äußerst zentral und gut belebt. Ein bisschen misstrauisch bin ich noch, aber insgesamt scheint der Platz stressfrei zu sein. Kann man mal machen.
Skatzwang bis in die Nacht
Bin allerdings froh, dass der Bus ordentlich schallgedämmt ist, wir eine funktionierende Toilette und eine wirkungsvolle Verdunklung mit Blackout-Gardinen haben. Nur die getönten Scheiben würden hier auf diesem Stellplatz in aller Öffentlichkeit nicht ausreichen. So spielen wir am Abend völlig unbehelligt 30 Partien Skat bis 00:30 Uhr, obwohl ich schon 22 Uhr müde bin und ins Bett will. Aber ich werde von meinen Söhnen gezwungen, Skat zu spielen, bis ich überhaupt keine Punkte mehr auf dem Konto habe.
Eigentlich bin ich auch gar nicht so sehr müde, sondern kann schlichtweg nicht mehr sitzen. Stelle zudem fest, dass der Vater auf dem Schemel hockt, während seine Söhne bequem im Sessel sitzen. Dieses Argument überzeugt und wir machen einen kleinen Ringtausch, sodass ich tatsächlich noch zwei Stunden länger durchhalten und den Punktelieferanten spielen kann.
Als ich diesen Gedanken vor dem Schlafengehen diktiere, wenden die Jungs ein, dass ich keine Punkte geliefert, sondern heute einfach nur schlecht gespielt hätte. Jedenfalls hat sich mein Fünfter aus dem Keller hervorgearbeitet bis auf Platz 1, und auch mein Vierter ist mir schon weit enteilt. Irgendwas mache ich falsch, irgendwas mache ich richtig.
Trajansbrücke Beja – Téboursouk – Römerstadt Thugga – Sainte-Marie – Nebeur – El Kef | Tunesien | 114 km | 1.394 km
Ein Dank an die Supporter
Ich habe ja im letzten Bericht von der Römerstadt Thugga nach Unterstützung gefragt und möchte den bislang 3 ehrenvollen Spendern schon mal die Rückmeldung geben, dass ich mich sehr gefreut habe. Einerseits natürlich über die Hilfe, andererseits aber auch über die damit verbundene Wertschätzung und die persönlichen Nachrichten. Es kommt also alles an und genau das brauche ich gerade. Vielen Dank!