Tunesien: Elektrisch kochen im Wohnmobil

Mit Solaranlage, Akku und tunesischem Stromüberschuss ist elektrisch Kochen per Induktion im Wohnmobil eine interessante Option.

Kochen mit der Induktionsplatte an der Runhood Akkubox

Kochen mit der Induktionsplatte an der Runhood Akkubox

Stromproduktion im Wohnmobil

Im Gegensatz zum gestrigen Wolkentag hier auf dem Camp Mides ist es heute wolkenlos und die Sonne ballert schon ziemlich zeitig auf uns nieder. Da merkt man, dass die dunklen, selbstgebauten Isolierglasscheiben nicht nur gegen Kälte und Kondenswasser, sondern auch gegen Sonne helfen. Nur stehen wir quer zur Sonne, sodass vom 420-Watt-Solarmodul auf dem Aufstelldach um 09:18 Uhr nur 179 Watt reinkommen. Aber das ist eben elektrische Dauerleistung und wir wissen nicht, wohin mit dem Strom.

Solarertrag der Runhood Powerstation um 9:18 Uhr

Solarertrag der Runhood Powerstation um 9:18 Uhr

Die 328 Watt vom elektrischen Wasserkochen mit meinem Tauchsieder fallen da nebenbei mit ab. Brauche wohl für die Zukunft mal eine kleine Herdplatte fürs elektrisch Kochen im Wohnmobil. Und den zuletzt zickigen Absorberkühlschrank sollte ich auch auf elektrisch umstellen, wobei der nach der Reinigung der Gasdüse wieder anstandslos funktioniert. Aber der Kühlschrank verbraucht halt Gas und die Sonne liefert elektrischen Strom fürs Wohnmobil umsonst und hier in Tunesien auch im Überfluss.

Runhood F2400 Akkubox hinterm Fahrersitz

Runhood F2400 Akkubox hinterm Fahrersitz

Die Sonne füllt aber nicht nur die Akkus, sondern drückt auch sonst ganz schön. Und so kurbelt mein Vierter die Markise raus, damit ich mich auf meinem zwangsweisen Stammplatz in der Sonne nicht noch verbrenne. Dazu wird die offene Schiebetür mit einem Spannband gesichert. Alle haben nämlich jetzt Angst um mich und wollen verhindern, dass ich mit meinem Campingstuhl rausfalle und noch einen Unfall produziere. Diese Übervorsorge nervt mich echt jetzt schon.

Markise am Wohnmobil

Markise am Wohnmobil

13:00 Uhr ist die Akkubox fast voll und regelt den Input von der Solaranlage langsam runter.

Fast volle Akkubox um 13 Uhr

Fast volle Akkubox um 13 Uhr

Tunesische Gastfreundschaft

Dann schicke ich die Jungs mit einer Nachricht auf meinem Handy mal hoch ins Restaurant, weil ich mich jetzt für den hiesigen Fahrer entschieden habe und das Rückbringthema mal abschließend klären muss. Mache auch noch einen Versuch, die Aufwendungen im Zusammenhang mit der tunesischen Gastfreundschaft zu bezahlen.

Kommunikation mit dem Google Übersetzer

Kommunikation mit dem Google Übersetzer

Für die Antwort kommt Salah selber vorbei und bringt uns statt der Rechnung Couscous. Ich mag das gar nicht, dass der Chef des Mides Family Resto kein Geld annehmen will. Das ist für mich komisch und so bestelle ich nichts. Das geht wegen den Gesetzen der tunesischen Gastfreundschaft nun aber auch wieder nicht. Komme da echt nur langsam rein. Muss mich da echt mal zurücklehnen und die Versorgung annehmen. Schmeckt ja auch alles.

Couscous aus dem Mides Family Resto

Couscous aus dem Mides Family Resto

Insistiere aber. Und da sagt Salah mir nochmal explizit, dass es für ihn eine Schande wäre, wenn ich ihm Geld geben würde. Und das meint er auch ernst. Ich gebe trotzdem nicht auf und frage, ob denn ein Geschenk als Dankeschön legitim wäre. Das zumindest schließt er nicht aus. Aha, da kann ich mir jetzt ja mal einen Kopf machen.

Lebendige Bergoase Mides

Heute kommen vorn auf der Straße zur alten Bergoase Mides ein paar mehr Fahrzeuge vorbei. Aber nur ein grün-weißer Mercedes 711 mit Koffer und professionellem Insta-Branding „Truck711D“ hält mal an.

Truck 711D in Mides

Truck 711D in Mides

Die beiden kommen kurz vorbei, erzählen ein bisschen von ihrer 17-monatigen Tour bis in den Oman, fahren aber schon bald weiter in die Oase. Ich kann leider nicht weg, sitze in der Schiebetür, langweile mich und beobachte die Umgebung. Heute ist nicht nur auf der Straße was los. Auch an der Schlucht von Mides ist der Herdentrieb in vollem Gange.

Schlucht der Bergoase Mides Tunesien

Schlucht der Bergoase Mides Tunesien

Dann werden die Palmen am Parkplatz des Mides Family Resto gewässert. Ich frage mich zwar, warum die das bei dieser Hitze machen und nicht abends, wenn weniger Wasser verdunstet. Aber die Tunesier machen das ja auch nicht zum ersten Mal. Und außerdem ist es für tunesische Verhältnisse nicht sommerlich heiß, sondern winterlich kühl.

Wässerung der Palmen in der Bergoase Mides Tunesien

Wässerung der Palmen in der Bergoase Mides Tunesien

Elektrisch Tee kochen mit dem Stromüberschuss

14:30 Uhr ist die Runhood Box (F2400) voll geladen und regelt die Solaranlage runter auf Nullertrag. Ab jetzt wäre es besser, den Strom aus dem Solarmodul auf dem Wohnmobil irgendwie sinnlos zu verballern oder das Restaurant damit zu betreiben. Aber ich hab natürlich weder das 230-V-Anschlusskabel für den bidirektionalen Anschluss ans Stromnetz noch ein Verlängerungskabel mit.

Und ehe ich erkläre, dass wir dem Restaurant elektrischen Strom geben statt uns von da welchen zu nehmen, lasse ich das lieber. Führt nur zu Missverständnissen, weil man dem Strom ja nicht ansieht, in welche Richtung er fließt. Auf der Runhood App wäre das zwar schön zu sehen, aber das glaubt mir doch keiner, dass ich das Wohnmobil als Kraftwerk zur Erzeugung von elektrischem Strom für die Restaurantküche benutzen kann.

14:30 Uhr ist die Runhood Box voll

14:30 Uhr ist die Runhood Box voll

Mir fällt zurzeit aber auch nichts anderes ein, als noch einen Tee mit Solarstrom zu kochen bzw. den kalt gewordenen Tee noch mal heiß zu machen. Nebenbei diktiere ich die Chronik, so dass auch dieser Reisebericht ein wenig ausartet.

Tee kochen mit Solarstrom im Wohnmobil

Tee kochen mit Solarstrom im Wohnmobil

Erfahrungen im elektrisch betriebenen Wohnmobil

Auf dem Rückweg kommen die 711D-Trucker noch einmal bei uns vorbei. Bevor die sich einen Stellplatz irgendwo im Off suchen, versuche ich den Stellplatz hier schmackhaft zu machen und biete die Übernahme der Parkplatzgebühren an. Da habe ich erstens meine Unterhaltung und kann zweitens dem Campingplatzchef auf legitime Art und Weise etwas monetären Dank zukommen lassen.

Truck 711D auf Besuch

Truck 711D auf Besuch

Und so steht der Truck 711D entgegen sonstiger Gewohnheiten mal auf einem offiziellen Stellplatz. Dazu noch kuschelmäßig knapp hinter uns, eben noch gerade im Reichweitenbereich des WLAN. Ich bin ja gehbehindert und sitze immer nur auf meinem Thron an der Schiebetür. Komme mir bisschen komisch vor, als ob ich eine Audienz gebe. Jedenfalls geht es um Getriebeöl, Ursachen für hohen Dieselverbrauch, Übersetzungen und so weiter. Die beiden haben sogar einen Ordner mit ausgedruckten Reparaturanleitungen aus meinem Werkstatthandbuch dabei, worauf ich dann insgeheim schon ein bisschen stolz bin.

Würde ja gerne draußen rumlaufen und den Truck anschauen, aber das ist noch nicht drin. Dafür übernehmen die Jungs diesen Part und lassen sich das elektrisch betriebene Wohnmobil vorführen. Und da der Altersabstand der 711D-Trucker zu meinen Jungs wesentlich geringer ist als der zu mir, ist es ganz gut, dass ich an meinen Stuhl gefesselt bin und mich raushalten muss.

2x Mercedes 711D in der Bergoase Mides Tunesien

2x Mercedes 711D in der Bergoase Mides Tunesien

Elektrisch kochen im Wohnmobil

Genau 18:00 Uhr geht die Sonne hinter der Bergoase Mides unter und es wird langsam frisch. Alle Fotos von außerhalb meines Krankenstuhls sind übrigens von den Jungs gemacht. Ich kann ja nicht weg und die Sonne geht genau hinter unserem neuen Nachbarn unter.

Sonnenuntergang Bergoase Mides Tunesien

Sonnenuntergang Bergoase Mides Tunesien

Bevor aber jeder nur in seinem eigenen Wohnmobil hockt, kommen die beiden zu uns in den Bus und fabrizieren ein tolles Abendessen, wobei alle (außer mir) schnippeln. Gekocht wird elektrisch auf einer Induktionsplatte an unserer Akkubox. Das ist echt die perfekte Ergänzung zu unserem viel zu kleinen Gasherd. Dazu gibt es eine Flasche Wein, an deren Leerung ich mich aber aus Sorge um Wechselwirkungen mit den Thrombosespritzen aus dem tunesischen Krankenhaus ebenfalls nicht beteilige.

Kochen mit der Induktionsplatte an der Runhood Akkubox

Kochen mit der Induktionsplatte an der Runhood Akkubox

Jedenfalls haben alle ihren Spaß und selbst das kleine Hündchen kriegt was zu fressen. Dazu schaffen wir es endlich mal, ein bisschen Solarstrom zu verbrauchen. Nach einem warmen Abendessen für 5 Personen ist die 2,4-kW-Akkubox immer noch zu 40 % voll. Da kann ich glatt noch ein bisschen den Heizlüfter anmachen.

Akkustand nach dem elektrischen Kochabend im Wohnmobil

Akkustand nach dem elektrischen Kochabend im Wohnmobil

Mit Blick auf Winterreisen an den Polarkreis würde ich zwar nicht auf Gas als Energieträger verzichten, das elektrische Kochen im Wohnmobil mit einer Induktionsplatte ist aber dennoch eine interessante Option. Nur elektrisch heizen wird im Wintercamping nichts. Und da Dieselheizungen laut und unzuverlässig sind und viel Strom brauchen, ist Gas als Energieträger im Wohnmobil schon genial. Erst recht mit dem Gastank, der an jeder LPG-Tankstelle ganz einfach zu befüllen ist.

Infos zum elektrischen Kochen im Wohnmobil

  • Das Solarmodul wiegt nur 2,7 kg, trägt kaum auf und hat 420 W Nennleistung (Euronergy EUQJH57J420): Klick
  • Der 2,4-kW-Solarakku ist eine All-in-One-Lösung für Balkonkraftwerke (Runhood F2400): Klick

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2 Antworten

  1. Martin sagt:

    Hi Tom,

    Zitat: … Erst recht mit dem Gastank, der an jeder LPG-Tankstelle ganz einfach zu befüllen ist.
    In so fern denn eine Tankstelle da ist. In ganz Finnland gibt es (angeblich) eine in Helsinki.

    Ich würde keinen Unterflur-Gastank mehr einbauen, sondern nur mit befüllbaren Gasflaschen reisen.
    Notfalls könnte ich für eine Winterreise nach Finnland einen Gaskasten ins Wohnmobil bauen und dort (als zweite Gasquelle) eine tragbare, befüllbare Gasflasche, reinstellen. An meinem Gasverteiler ist noch ein Anschluß frei. 🙂

    Anfang Juni war ich nämlich in Finnland und mit Sonnen-Strom hätte ich nicht kochen können, es war tagelang einfach zu bewölkt. So bin ich froh mit meinem DC-DC Wandler Strom aus Diesel in meinen Akku habe laden können. Denn die Heizung und Kühlschrank (Kompressor 😉 sollen ja laufen.

    Gruß
    Martin

    • Tom sagt:

      Klar, die Akkubox kann man natürlich auch über die Lichtmaschine laden. Aber deine Erfahrungen mit dem Gasflaschen teile ich nicht. Die Flaschen habe ich immer als extrem nervig empfunden. Aber ich habe auch noch nicht in Finnland Gas getankt. Für die zwei Wochen Winter auf den Lofoten hat eine Tankfüllung gereicht. Im Sommer ist auch für sechs Wochen genug Gas da. Also ich bin froh über meinen Gastank.

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