Sonder-Wumms für den Mercedes 711
Für mehr Beschleunigungswachstum in schwierigem Umfeld kriegt der Mercedes 711 einen Sonder-Wumms verpasst – ob er will oder nicht.
Abgehängtes schwarzgrünes Transporterwunder
Im Vergleich mit anderen Wohnmobilen fehlt dem schwarzgrünen Mercedes 711D Fensterbus mit nur 105 PS eindeutig Beschleunigungspotential. Das Wachstum der Geschwindigkeit erreicht In einem schwierigen Umfeld wie zum Beispiel den Kasseler Bergen schnell negative Werte und stabilisiert sich oft erst auf einem Niveau, das dem Anspruch an einen Großtransporter T2 neu (!) aus dem Hause Mercedes-Benz nicht gerecht wird. Denn statt als Wachstumslokomotive frisch und frei voranzudampfen, wird unser Wunderwerk deutscher Technik von polnischen, rumänischen und sogar ungarischen LKWs respektlos versägt. Also bergauf. Bergab geht es schneller.
Dabei verlässt sich ganz Europa darauf, dass es auf den deutschen Autobahnen zügig und planmäßig vorangeht. Doch wenn der Bremser in RAL 6012 die rechte Spur blockiert, kommt die europäische Dieselverbrennungswirtschaft ins Stocken und bildet lange Kolonnen der Unproduktivität, die Zeit, Geld und Wirtschaftswachstum kosten. Gibt wegen uns sogar schon spezielle Warnzeichen.
Hass und Hetze gegen den Mercedes 711
Dazu zieht der lahmende deutsche Motor nicht nur die europäische Wirtschaftsproduktivität runter, sondern auch Hass und Hetze magisch an. Es kann zwar nicht undemokratisch sein, wenn sich innerfamiliär eine Mehrheit mit pointierten Meinungsäußerungen für mehr Beschleunigung am Berg ausspricht und die Leistung des OM364A kritisch hinterfragt. Und auch die missbilligenden Schallzeichen des ein oder anderen LKWs liegen sicherlich noch unterhalb der Strafbarkeitsschwelle von § 16 StVO.
Trotzdem fürchte ich, dass ihro Majestät Mercedes 711 beleidigt sein könnte. Zwar bin ich bei Hass und Hetze von fremdländischen LKW nachsichtig, nutze aber dafür meine Position gegenüber den in meine Familie Hineingeborenen umso nachdrücklicher. Nur werden selbst meine Dekrete gegen ehrabschneidende Motorbeleidigungen verspottet, da ich im demokratischen Sinn ja eigentlich gar keine Handhabe gegen derartige Meinungsäußerungen habe. Denn nicht nur sind die Meinungen frei, sondern bin ich ja noch nicht einmal gewählt worden. Meine Position ist nur qua Kindsgeburt (und genau genommen noch nicht einmal dadurch) legitimiert. Väter werden eben nicht gewählt, sondern von den Gebärenden dazu ernannt.
Und selbst wenn dieses Thema durch ist, wächst die Legitimation und Anerkennung eines Vaters nicht mit dessen Beitrag zum Familieneinkommen, seinen Familienaufgaben oder Ideen für die ganze Familie, sondern nimmt direkt proportional zum Produkt aus Kindesalter und Kinderanzahl ab. Davon abzuziehen sind noch negativ sprungfixe Korrekturen der Zustimmungswerte aufgrund von Einzelereignissen geistiger Umnachtung.
Obwohl aber meine innerfamiliäre Legislativberechtigung oft in Zweifel gezogen und auch die Strafbarkeitsschwelle von Hass und Hetze gemäß Art. 5 GG überwiegend noch nicht erreicht sein wird, hält mich das nicht von entschlossenem Handeln gegen alles ab, was meiner Einzelmeinung von angemessener bzw. zu tolerierender Geschwindigkeit des schwarzgrünen Mercedes 711 widerspricht. 60 auf der Autobahn? Da lach ich doch über. Ich allein bestimme mit meiner Richtlinienkompetenz die Grenzen des Sagbaren und nicht irgendeine Willensbildung des Staatsvolks.
Rechte, mittlere und linke Spur
Um aber nicht den letzten Rest von Zustimmung zu verspielen, muss ich in meinem Bestreben zur Sicherung bestehender Verhältnisse, der Verhinderung von Insubordination und zum Schutz der schwarzgrünen Wohlfühloase vor Hass und Hetze für die Mehrheit meiner Mit- und Nachfahrer eine bessere Übereinstimmung zwischen Wunsch und Wirklichkeit hinsichtlich der Geschwindigkeit des Mercedes 711 bei Bergauffahrt herstellen.
Bislang bin ich davon ausgegangen, dass man Wünsche an Möglichkeiten anpassen und auch mal mit der rechten Spur zufrieden sein kann. Vielleicht reicht für die nachfolgenden Lkw-Fahrer ja ein Schild am Heck, dass bergauf zwei Zylinder damit beschäftigt sind, den anderen beiden die Arbeit zu erklären und das Ganze zu dokumentieren. Ich glaube, das verstehen die. Wem aber innerfamiliär die Geschwindigkeit zu langsam ist, der verstummt unter Androhung eines Spaziergangs auf dem grünen Randstreifen. Und zwar mit Gepäck. Ja, auch mit seinen 25 Büchern.
Nun wäre das alles kein Problem, denn auf der deutschen Autobahn gilt sowieso das Rechtsfahrgebot. Und ich glaube auch, dass eine rechtsfahrende Mehrheit gut mit meinem Bus und dessen klassischem Leistungskonzept leben könnte. Aber da gibt es noch eine laute Minderheit, die unbedingt auf der linken Spur dem Morgenrot entgegen rasen muss, am besten mit Ernst Busch im Kassettendeck. Das ist progressiv, das klingt gut, deren Indoktrination höre, lese und sehe ich auf jedem Kanal, selbst meinen geliebten Deutschlandfunk. Dabei bin ich nur ein ganz einfacher Auf-der-rechten-Spur-seine-Ruhe-haben-Woller. Die Mitte wäre mir am liebsten, aber da herrscht zu viel Gedränge von denen, die ständig die Spuren wechseln.
Aber wäre es nicht vielleicht wirklich ein Traum, ganz progressiv im schwarzgrünen Wohnmobil auch mal auf der linken Spur unterwegs zu sein? Autonom, befreit von allen Zwängen und am besten komplett neutral? Dann könnte ich mich vollkommen dem Fortschritt hingeben, müsste nichts an meinen Gewohnheiten ändern und würde auf meinem Weg in die lichte Zukunft von Weltall, Erde, Mensch die Augen zumachen und die Beine hochlegen. Könnte sogar einen draufsetzen und mich als vertrauenswürdiger Fahnenhalter gegen Hass und Hetze bezahlen lassen. Aber nee, da ist mir der alte Fallerslebensche Spruch noch zu präsent:
Der größte Lump im ganzen Land, das ist und bleibt der Denunziant.
Mit fremden Geld zurück auf den Fahrersitz
Also ohne besondere Maßnahmen wird es nichts mit der linken Spur. Derzeit sitze ich noch nicht mal links, sondern lege meine Beine zwangsweise sowieso die ganze Zeit aufs Armaturenbrett, weil mich niemand auf den Fahrersitz lassen will. Schon Mutti hat es nicht gern gesehen, wenn ich auch mal lenken und Gas geben wollte. Und nun bevorzugen selbst meine eigenen Zöglinge ausländische Fachkräfte sowie Anfänger auf dem Bock. (Und das ist kein Scherz.)
Wenn ich also (wieder) auf den linken Sitz und die linke Spur kommen sowie Hass und Hetze gegen meine Fahrweise nachhaltig bekämpfen will, müssen ich und der Motor mit einem doppelten Sonder-Wumms auf Vordermann gebracht werden. Koste es, was es wolle. Mit Hybridantrieb, Röhrlscher Fußarbeit und Kinderschaltung hab ich schon experimentiert, aber das reicht noch nicht.
Wie macht man aus mehr Geld mehr Wumms?
Ach, dieser doppelte Sonder-Wumms klingt so sozial, so demokratisch, so modern, so alternativlos. Während aber das Friedmansche Anpassen eigener Wünsche kostenlos ist, verschlingt das Keynesianische Anpassen der Möglichkeiten viel Geld. Geld, dass man als fünffacher Familienvater natürlich nicht einfach mal so übrig hat. Aber das ist mir jetzt vollkommen egal, denn mir bleibt einfach nichts walter ulbricht. Alles was nötig ist, borge ich mir einfach im Namen und auf Rechnung meiner Kinder, besser noch meiner hypothetischen Kindeskinder. Also schnell, solange mir noch jemand was borgt.
Allerdings kann ich natürlich nicht erzählen, dass ich Sonderschulden mache, denn niiieeemand hat die Absicht, finanziell unseriös zu wirtschaften. Vielmehr richte ich ein Sondervermögen ein, an dem meine Kinder noch lange knabbern können. Das ist zwar das gleiche wie Sonderschulden, klingt aber viel besser. Und damit auch recht bald recht viel Gras über die Sache wachsen kann, lange ich gleich richtig hin und muss dann nie mehr über Geld reden. Ich habe es dann einfach. Wofür genau? Ähm, egal. Wenn das Geld erst mal in der Gießkanne ist, fällt mir dann schon was ein. Irgendwas mit Infrarüst. Waren dass nicht die, die die Umfragen machen? Genau, die brauchen bestimmt viel Struktur.
Hab zwar vor ein paar Tagen noch versprochen, dass ich zusätzliche Motorleistung mit ein paar mehr Tricks aus dem Mercedes 711 raushole. Könnte ja z. B als erfahrener Schwarzrock, äh Schwarzfuß für einen überschaubaren Betrag die Einspritzdüsen ersetzen, den Antriebsstrang vom großen Bruder einbauen, einen Ladeluftkühler nachrüsten, die Pumpe aufdrehen oder einfach nur Ballast abwerfen. Früher hatte ich dazu sogar mal eine Bierdeckelskizze. Die und meine damaligen Überzeugungen hab ich aber irgendwo auf meinem langen Flug an die Spitze verloren.
Und die letzten paar Schritte lasse ich mir jetzt nicht von einer völlig irrelevanten Volksmeinung verwehren, sondern will mir endlich mal einen richtigen Namen machen. Was interessiert mich da mein Geschwätz von gestern. Damit es also bei der Motorleistung des Mercedes 711 nun auch einen richtigen Wummms gibt, nehme ich gleich richtig Geld in die Hand. Und zwar so viel, dass der OM364 schon von der schieren Anzahl der Nullen Beine bekommt und Mutti mir endlich mal nicht mehr immer reinredet.
Naja, erst habe ich meine Wähler rektal animiert und jetzt werden eben mein neuer Sozius nebst seiner alten Sozia so lange mit Geld zugeschüttet, bis sie mir auch noch meinen letzten Wunsch erfüllen und ich die letzten Lichter der Ampel abschalten kann. Dem gelben Licht haben wir zwar viel zu verdanken, aber das ist leider schon lange ausgefallen und kann keine Fiskalunfälle mehr verhindern. Stattdessen blinken die kleinen roten und grünen Ampelmännchen*innen so aufgeregt, dass man den schwarzen Nachthimmel ganz vergisst.
Aber wenn ich schon einmal beim Geschenke verteilen bin, kann ich gleich noch einen weiteren Gruß gemäß § 334 StGB absetzen und den Diesel durch nachwachsenden Brennstoff ersetzen. Also wird das gesamte Antriebssystem grundlegend geändert und der Motor mit einer linksdrehenden Geldeinspritzanlage ausgestattet, sodass all meinen Schwarzfelskumpels, den Autobahnkonkurrenten und auch dem Exekutivgetriebe Hören und Sehen vergehen wird.
So eine zeitgenössische Geldeinspritzanlage hat zudem den kameralistischen Vorteil, dass ich die unvorstellbare Menge an zusätzlichem Geld auch bei Ausbleiben technischer Erfolge in meiner Restvaterzeit verbrannt kriege. Zudem verursacht Geld bei der Verbrennung weniger Emissionen als Diesel und ist – wie jeder notorische Linksfahrer weiß – ein nachwachsender Rohstoff, der im fiskalischen Frühjahr mit Hilfe einer anpassungsfähigen Judikative leicht erneuerbar ist.
Was kommt nach März?
Selbst dann, wenn der Mercedes 711 irgendwann nach meiner Vaterzeit mit leerem Geldtank auf der Autobahn liegen bleibt, ist eine adäquate Neubetankung nicht mehr mein Problem. Hauptsache, ich sitze die nächsten vier Jahre vorn links auf dem Fahrersitz und kann frei von Hass und Hetze auf der linken Spur nun auch selbst mal dem Morgenrot entgegen jagen.
Und wenn meine Geldeinspritzanlage schon in dieser Legislatur nicht mehr funktionieren sollte, steht mir trumpseidank ein breit gefächertes Argumentesortiment zur Verfügung, mit dem ich gebrochene Versprechen jederzeit wieder einfangen kann. Und notfalls ist meine Karriere dann eben etwas schneller als gedacht vorbei. Hauptsache, ich hab einmal in meinem bescheidenen Leben vorn links gesessen und Mutti so richtig gezeigt, dass ich es auch drauf habe. Vielleicht kriege ich ja dann endlich mal ein Bienchen.
Dann kann es mir auch egal sein, wenn in vier Jahren jemand anderes am Lenker sitzt, der irgendwas noch Verrückteres verspricht, um die Beschleunigung des Mercedes 711 jetzt wirklich zum Wachsen zu bringen. Wahrscheinlich wird dann das Steuer nach rechts umgebaut, die Geldeinspritzung erhöht, der dritte Zylinder auf ein Wachstumsbeschleunigungsseminar geschickt oder sonst irgendwelcher Blödsinn betrieben. Hauptsache, jedes Mal eine andere Alternative, obwohl der OM364 eigentlich nur ein bisschen Öl, eine ruhige Hand und etwas Gelassenheit gebraucht hätte.
Also ja, ich sehe jetzt schon, dass nach dem März jeder einzelne Tag zum 1. April wird. So viel Quatsch kann man sich gar nicht ausdenken, wie da verzapft wird, auch wenn mir da echt nicht zum Lachen zumute ist. Und so ist auch keiner meiner 10 Fake-News zum 1. April weniger Aprilscherz als dieser. Da jedoch die „bewusste Verbreitung falscher Tatsachenbehauptung [..] durch die Meinungsfreiheit nicht gedeckt“ ist und ich keinen Ärger mit der März-Administration bekommen will, wird das hier wohl mein 10. und letzter Aprilscherz sein. Isch schwör.
Hallo Tom,
habe ganz vergessen, dir ein schönes und abwechslungsreiches 2025 zu wünschen, vermutlich habe ich am Jahreswechsel doch etwas zu ausufernd gefeiert. War aber schön, wir haben im kleinen Kreis den endgültigen Entschluss gefasst, unser bescheidenes Eigenheim etwas auszuweiten. Ein kleiner Landeplatz für spontane Gäste und etwas mehr Raum für den Golf. Also für den mit dem Ball, versteht sich.
Wie gesagt, nachträglich ein schönes Neues! Und ja, 2025 ist schön und voller Abwechslung. Hätte im Januar noch gar nicht gedacht, was der März so alles bringt, man lernt nie aus. Aber schon längere Zeit geht mir der 711 mit seiner schlappen Leistung auf die Nerven, deshalb war ich auch unheimlich froh, den alten Bremser mit einer farbwechselnden Folie ausstatten zu können. Und einem Sportfahrwerk. So war es mir schon vor März möglich, jederzeit unerkannt die Spur wechseln zu können und so konsequent den Windschatten zu nutzen. Also leide ich nicht mehr unter den Spurwechslern, ich BIN jetzt der Spurwechsler. Weil ich blitzschnell die Farbe wechseln kann, merkt das auch keiner. Und erst jetzt, wo der März schon Vergangenheit ist, kann ich endlich diesen schwächlichen Diesel auf linksdrehenden Geldeinspritzer umbauen. Was für ein Gewinn, endlich kann man bedingungslos durchfetzen. Ist mir auch egal, dass mir einige Neider die Freundschaft gekündigt haben, das Argument mit dem Nummernschild zählt nicht, man muss doch vorankommen!
PS: habe Öl gewechselt, Ventile eingestellt und das Programm der Einspritzpumpe auf das Wesentliche reduziert – läuft gar nicht so schlecht…
Lieber Gruß
Christian
Wir machen uns lustig. Aber das Problem ist, die meinen es ernst.
Das stimmt natürlich. Hätte auch nicht gedacht, dass das mal diese „Qualität“ erreicht. Zum Weglaufen.
Gut gebrüllt, Löwe!
Mehr aber auch nicht.