Kloster Dochiariou: Umstrittene Schöngeister vom Athos

Das kleine Kloster Dochiariou im Westen der Halbinsel Athos überrascht ganz unorthodox mit toskanischem Charme.

10. Kloster Dochiariou auf Athos

10. Kloster Dochiariou auf Athos

Lageplan Kloster Dochiariou auf dem Athos

Das Kloster Dochiariou ist nach den beiden Häfen von Zografou und Konstamonitou das erste richtige Kloster, das man auf einer Schiffsreise von Ouranoupoli nach Dafni an der westlichen Athos-Küste zu sehen kriegt.

Lageplan Kloster Dochiariou Athos

Lageplan Kloster Dochiariou Athos

Aber diesmal komme ich auf meiner Wanderung zu allen Klöstern des Athos auf dem Pilgerweg vom Kloster Konstamonitou zum Kloster Dochiariou.

Kapellenneubau auf dem Land von Dochiariou

Neben dem Hafengebäude von Konstamonitou, das nach meiner Holworth-Karte schon auf dem Land des Klosters Dochiariou liegt, wird „gerade“ eine kleine Kapelle errichtet.

Allerdings war hier schon lange niemand mehr zu Gange und ich kann es nicht lassen, mal die Kapellenbaustelle zu inspizieren. Frag mich, wer diesen Fensterbogen zum Betonieren freigegeben hat. Auch fehlt ein bisschen die Koordination zwischen Rohbau und Fensterbau, ob das nun ein romanisches oder gotisches Fenster werden soll. Dazu steht zu befürchten, dass die unterschiedlichen Radien später mit Bauschaum angeglichen werden.

Auch da, wo die Gewölbe aus Ziegeln gemauert wurden, liegt einiges im Argen.

Aber Lage und Glaubenseifer sind super.

Wobei das dem Arbeitseifer entgegensteht, denn offenbar wurden die Unterschöpfer vom Oberschöpfer plötzlich abgerufen und hatten keine Zeit mehr, das Werkzeug wegzuräumen.

Auch sonst sieht es hier so aus, als ob die Baustelle fluchtartig verlassen wurde.

Vermutlich waren das ja Gastarbeiter mit viel gutem Willen und wenig Ahnung. Aber zum Glück ist Beton ein gutmütiger Baustoff. Da kann man sogar mal das stützende Mauergewölbe von unten drankleben. Der Ikonenheilige sorgt dann schon dafür, dass alles hält, hat sich allerdings auch lieber einen Schutzhelm aufgesetzt.

Wahrscheinlich ist auch die Betonüberdeckung nur deswegen so gering, damit die nach der Bemalung zu erwartenden Abplatzungen ein stimmiges historisches Gesamtbild ergeben.

Trotzdem ist es erstaunlich, dass und wie hier mit einfachsten Mitteln eine Kapelle entsteht, die aufgrund der Lage und der allgemeinen Heiligkeit mit ein bisschen Beton, Bauschaum, Holz und Farbe sicherlich ein Kleinod am Athos werden wird. Und wenn mit der Kapelle auch so umgegangen wird wie mit der guten Steinsäge, wird das ganze Bauwerk schon bald hübsch patiniert sein.

Von der Fähre aus sieht die kleine Kapelle am nordwestlichsten Zipfel der Küstenlinie des Klosters Dochiariou jedenfalls schon jetzt super aus. Aber da wird keine 1000 Jahre alte Ruine saniert, sondern eine neue geschaffen.

Kapelle am nordwestlichsten Zipfel von Kloster Dochiariou

Kapelle am nordwestlichsten Zipfel von Kloster Dochiariou

Wanderweg an der Küste des Klosters Dochiariou

Der Weg vom Arsanas Konstamonitou unten an der Küste entlang zum Kloster Dochiariou ist breit und gut zu laufen.

Die Piste wurde wahrscheinlich angelegt, um Waldbrände besser löschen zu können.

Gibt jedenfalls einen Hang, der im Sommer gebrannt hat. Brennt ja auf dem Athos öfter mal.

Zwischendurch immer wieder schöne Trockenmauern. Das ist echte Handwerkskunst.

Die Schweißarbeiten der Mönche sind auch cool, aber dann doch eher rustikal.

Das ist aber alles völlig egal, denn Kapelle, Mauern und Kreuze zeigen einfach nur, dass die Mönche (und ihre Helfer) das Land des Klosters Dochiariou mit Liebe und Hingabe bestellen.

Der Pilgerweg vom Hafen Konstamonitou zum Kloster Dochiariou ist aber auch schön.

Und es kommt noch besser, denn der LKW-Bestand am Kloster Dochiariou ist recht beachtlich. Hier ein MAN 18.348 als Holztransporter.

Der Mercedes NG 2626 AK ist aber auch nicht schlecht. Hätte gar nicht gedacht, dass diese LKWs auf den schmalen Pisten am Kloster Dochiariou zurechtkommen.

Die Gärten des Klosters Dochiariou

Und dann steht schon das Kloster Dochiariou wie eine Trutzburg am Meer.

Gehe jedoch nicht rechts zum Eingang, sondern links herum zu den Gärten.

Erst zur Unimog-Garage und von da durch die Baustelle und über eine Art Treppenanlage für Riesen. Das sind aber gar keine Treppen, sondern nur Stufen für die Wasserableitung.

Mittlerweile finde ich die Klöster von der Gartenseite sowieso immer am besten.

Auffällig am Kloster Dochiariou sind die vielen verschiedenen Nutzbäume. Die Mönche nutzen vor allem Walnüsse, Orangen und Granatäpfel.

Dazu gibt es eine Menge Weinstöcke rund ums Kloster Dochiariou. Hier ist wirklich ein fleißiger Gärtnermönch am Werk.

Und auch die verschiedenen Unimog am Kloster Dochiariou zeugen von einem Sinn fürs Schöne.

Willkommen im Kloster Dochiariou

Der Empfang im Kloster Dochiariou ist sehr freundlich. Weiß zwar nicht, wer mit seinem Hund auf dem Weinfass sitzt. Aber das ist mal ein anderer Eindruck als bei den finsteren Mönchen von Esfigmenou. Generell gibt es ja auf dem Athos und in der ganzen Orthodoxie keine Heiligenfiguren. Da muss der Abt schon viel Rückgrat haben, dass die Heilige Versammlung von Karyes ihm diesen toskanischen Kitsch durchgehen lässt.

Das ganze Kloster Dochiariou wird innen von der Kirche dominiert, die dazu noch eingerüstet und eingehaust ist.

Der Innenhof von Dochiariou ist aber auch so schon völlig verwinkelt und zugebaut. Durch die hübsch angelegten Terrassen mit Orangenbäumen und das grobe Pflaster wirkt das alles wirklich sehr toskanisch.

Zum lieblichen Gesamteindruck tragen auch die vielen Details im Kloster Dochiariou bei.

Herzstück des Klosters Dochiariou aber ist der mächtige Bibliotheksturm.

Der große Turm im oberen Teil des Klosters ist das Erkennungszeichen von Dochiariou als dem ersten Kloster, das man von der Fähre von Ouranoupoli nach Dafni oder einem Ausflugsboot entlang der Westküste von Athos sieht.

Kloster Dochiariou auf Athos

Kloster Dochiariou auf Athos

Während das Kloster Dochiariou von außen wie eine Festung wirkt, ist das innen eher ein künstlich angelegtes, mediterranes Hotelressort. Fehlen nur die Pools. Also zumindest denke ich mir das so. Ahnung von Hotels hab ich jedenfalls nicht. Schlafe lieber frei auf der Isomatte.

Bauarbeiten am Kloster Dochiariou

Wenn das Gerüst um die Kirche mal fällt, wird das Kloster Dochiariou sicherlich als neues Schmuckstück am Athos erstrahlen.

Zumal durch strenge Bauvorschriften, die sogar den Ort der Herkunft des Baumaterials festlegen, für eine authentische Bauweise nahe am Original gesorgt ist.

Wenn nicht manchmal die Jahreszahl dabei stehen würde, könnte man alles für Original halten.

Baukosten scheinen keine große Rolle zu spielen und werden offenbar von Griechenland und der EU getragen. So selbständig ist der Athos dann doch nicht.

Kitsch im Kloster Dochiariou

Nicht nur unten am Hafen, sondern überall im Kloster Dochiariou stehen Figuren, Blumentöpfe und Dekoartikel. Und da reden wir noch nicht einmal von den beiden geflügelten Erzengelfiguren auf hohen Säulen am Hafeneingang, mit deren Abbildung ich die Mönche von Dochiariou hier jetzt nicht diskreditieren will. Deswegen gibt es am Athos sowieso schon genug Ärger.

Kommt mir vor, als ob in Dochiariou irgendein übereifriger Mönch aktiv wäre, der früher tatsächlich mal italienische Hotels oder Villen von Neureichen ausgestattet hat. Derart unorthodoxen Kitsch gibt es wirklich nur hier. Kein Wunder, dass die Mönche auf dem Athos die Nase über die Figuren im Kloster Dochiariou rümpfen.

Alleine dieser Stuhl und der kleine Holztisch sind doch köstlich. Bei sowas blicke ich mich unwillkürlich um und suche nach Gartenzwergen.

Aber ich will nicht meckern, denn alles ist doch reicht anmutig arrangiert und soll eben einfach nur schön sein.

Die Innengestaltung des Klosters Dochiariou nimmt so etwas die klösterliche Strenge.

Besucht der monastischen Schatzkammer

Gerade will ich raus, da spricht mich ein heiliger Vater an, ob ich schon das Pangea angesehen habe. Ich sage als echter Vater mal lieber nein. Nicht, dass ich noch Ärger kriege, weil ich irgendwo unerlaubt rumgeschlichen bin. Da nimmt er mich unter seine Fittiche und läuft zu einer Kammer voraus. Mache dabei natürlich keine Fotos, aber das Allerheiligste von Dochiariou müsste sich hinter dieser goldenen Pforte befinden, die mir vorher schon aufgefallen war und über deren Schwelle schon einige Pilger geschlurft sind. Aber wie die wirkliche Tür aussah, habe ich ohne Foto direkt wieder vergessen.

Der Raum hinter dem goldenen Tor ist vielleicht 3 x 3 m groß und vollgestopft mit Ikonen und Weihrauchbehältern. Dabei kann ich mich nicht einmal richtig bekreuzigen. Genau genommen überhaupt nicht. Das ist mir aber jetzt echt unangenehm, dass ich den Schätzen nicht die gewohnte Aufmerksamkeit entgegenbringen kann.

Will den netten Mönch und die ganzen hier versammelten Heiligen aber auch nicht enttäuschen. Stehe also einfach da und murmle was vor mich hin. Pangea, Pangea, Pangea. Hoffe so, dass ich mir den Namen des Klosterheiligtums von Dochiariou merken kann. Und tatsächlich scheint er mit meiner Anteilnahme zufrieden zu sein. Naja, oder er freut sich, dass ich nicht einmal katholisch bin und nun überhaupt keine Ahnung von solchen Angelegenheiten habe.

Puh, wie unangenehm. Manchmal haben die Mönche echt so eine unerbittlich freundliche Art, die noch dem letzten Untier artiges Benehmen abnötigt. Aber wer weiß, worüber die Mönche sich dann am Abend amüsieren, wenn sie den Heiligenschein abnehmen.

Und auch mit den vom Glauben beflügelten Heiligen ist sicherlich nicht immer zu spaßen.

Jetzt aber raus hier. Mag das gar nicht, wenn ich so ganz allein im Mittelpunkt des Interesses stehe.

Muss sowieso mal feststellen, dass meine Klosterberichte hier zwar immer von den einzelnen Klöstern auf dem Athos handeln, ich aber am schönsten meine einsame,  ungestörte Wanderschaft auf den hübschen Pilgerwegen zwischen den Klöstern finde.

Und so verlasse ich auch Dochiariou ohne Wehmut und laufe mit ein paar aufgelesenen Walnüssen in der Hand fröhlich weiter zum Kloster Xenofontos.

Infos zum 10. Kloster Dochiariou

  • Offizieller Name: Heiliges Kloster Dochiariou / Ιερά Μονή Δοχειαρίου
  • Klosterhierarchie von Athos: Rang 10
  • Gründung: 1013 durch Dochiariou
  • Zerstörungen: Das Kloster Dochiariou ist nie abgebrannt.
  • Anzahl der Mönche: 20 – 30
  • Besonderheit: Hier leben Mönche mit einem Sinn fürs Schöne.
  • Reliquie im Kloster:
    • Ikone Pangea (?)
    • Stück des Wahren Kreuzes
  • LKW-Sichtungen: MAN 18.348, Mercedes 2626 AK, Unimog U1300L, U 406
  • Zufahrt: Piste von Dafni
  • Webarchiv zum Kloster Dochiariou (2016): Klick
  • Spärliche Infos zum Kloster: Wiki
  • Hier gibt es eine Karte mit der Übersicht und Beschreibung aller Klöster auf Athos.
  • Wanderstrecke: Konstamonitou – Kloster Dochiariou | 4,8 km lt. Karte (5,3 km mit Umwegen) | 1,50 h netto | 200 m Aufstieg | 389 m Abstieg | 589 m gesamt (roter GPS-Track in der Karte von Athos)

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