Kloster Esfigmenou: Athos-Mönche im Widerstand
Im Kloster Esfigmenou herrschen die Zeloten, die sich 1974 wegen Katholikenkuschelei vom Rest der Mönche auf Athos losgesagt haben.
Lageplan und Grundriss vom Kloster Esfigmenou
Esfigmenou ist das nördlichste und abgelegenste Kloster der Athos-Halbinsel. Gute Bedingungen also für ein Widerstandsnest der selbsternannten Rechtgläubigen.
Die Nordseite vom Kloster Esfigmenou liegt so dicht am flachen Strand, dass die Wellen bei ordentlichem Wind bestimmt bis an die Klostermauern klatschen.
Wanderung zum Kloster Esfigmenou
Zur persönlichen Inaugenscheinnahme muss ich aber erstmal bis zum Kloster Esfigmenou kommen. Denn die Klöster Vatopedi und Esfigmenou liegen mit 11 km recht weit auseinander. Die Wanderung startet an der Brombeerbucht von Vatopedi.
Bin mir nicht sicher, ob dieses Kunstwerk hier am Strand Mönche oder Pilger errichtet haben. Jedenfalls waren das Leute mit viel Liebe, Geschick und Zeit.
Aber trotzdem ist am breiten Steinstrand von Vatopedi keine Menschenseele zu sehen. Hier an der Kapelle Agiou Efthymiou beginnt der Wanderweg nach Esfigmenou und weiter nach Hilandar.
Der einsame Norden von Athos
Je nördlicher ich am Athos unterwegs bin, umso ruhiger und einsamer wird die Gegend zwischen den Klöstern.
Also nicht nur in Bezug auf Wanderer, die es ja sonst mit Ausnahme des Anstiegs zum Athos-Gipfel und der Magistrale zwischen Karyes, Koutloumousiou und Iviron sowieso nirgendwo gibt, sondern auch in Bezug auf kleine Siedlungen und Niederlassungen der Klöster.
Total einsam hier im Norden von Athos. Früher, vor dem Bau der großen Pisten, muss hier aber mehr los gewesen sein.
Dafür zerlatscht niemand die wilden Alpenveilchen am Wegrand.
Zwischen Vatopedi und Esfigmenou gibt es nur eine halbwegs kultivierte Stelle mit ein paar Olivenbäumen. Sonst ist da nichts.
Und da, wo der Weg nicht mit Steinplatten gesichert ist, sieht man fast überhaupt nichts mehr von einem Pfad.
Aber immerhin, der Pilgerweg ist da und bis auf wenige Ausnahmen gut zu finden. Gibt halt nur diesen einen Weg zwischen Vatopedi und Esfigmenou. Athos ist kein Wandergebiet mit einem unüberschaubaren Wegenetz.
Müllstrand vom Athos
Komme nach dem ersten Anstieg wieder runter zur Bucht (Ormos) von Vatopediou.
Der Strand ist voll mit angeschwemmtem Müll, den hier halt keiner wegräumt.
Für den Müll an den Stränden von Athos können natürlich die Mönche nichts, zumindest insofern nicht, als dass sie sich nicht als Fischer betätigen.
Der Berg Athos selbst ist außerhalb der Klöster sauber und sehr natürlich. Im Umkreis der Klöster sieht das aber anders aus, denn da sind die Mönche mit ihrem Müll nicht zimperlich.
Allerdings will ich den Mönchen keinen Vorwurf machen, wenn diese ihren Biomüll einfach vom Balkon schmeißen. Wundere mich halt nur, dass in diesem kargen Land keine Komposthaufen genutzt werden. Aber mein überlagertes, ungenießbares Studentenfutter kippe ich ja auch einfach neben den Weg und gehe davon aus, dass sich die Tiere des Waldes dann schon freuen werden.
Die leere Tüte allerdings kommt genauso in den Rucksack wie die Bananenschale.
Zugewachsene Wege zum Kloster Esfigmenou
Pause zu Ende. Weiter geht’s auf dem schmalen Weg durch die dichten, stachligen Hartlaubgewächse.
Und obwohl die Mönche von Esfigmenou so viel Widerstand gegen jede ökumenische Tendenzen leisten und sich deshalb sogar schon 1974 aus der Heiligen Gemeinschaft in Karyes sowie vom Patriarchen von Byzanz losgesagt haben, lassen sie sich dann doch vom englischen Verein der Freunde des Athos die Wanderwegweiser aufstellen.
Den Wanderwegen würde es wirklich gut tun, wenn die mal etwas mehr begangen werden würden.
Doch auch wenn sich das krautige Gebüsch ganz schön aggressiv ausbreitet, werden die komplett aus Stein gesetzten Wegabschnitte wohl nicht so schnell von der Bildfläche verschwinden.
Die allermeisten Pilger und Mönche sind eben wirklich nur noch mit Autos oder Booten unterwegs. Solche Gedanken habe ich recht selten, aber hier auf dem Weg zum Kloster Esfigmenou wünschte ich wirklich, es wäre mehr los.
Also ich komme schon klar, aber die Wege bräuchten mehr Begängnis. Ansonsten schauen beim Wandern auf dem Athos irgendwann nur noch die Wegweiser aus dem undurchdringlichen Gebüsch.
Die Hazienda vom Kloster Esfigmenou
So vielleicht 5 km vor dem nördlichsten Athos-Kloster Esfigmenou ist der Weg quer abgesperrt. Hier im Wald von Paleochora verläuft die Grenze zwischen den Klöstern Vatopedi und Esfigmenou. Ab jetzt bin ich in der Hazienda der Zeloten, der Eiferer im Namen des Herrn.
Ab hier wird wild geritten bzw. TÜV-frei Pick-up gefahren.
Esfigmenou ist ja die Kampfstation der aufständischen Mönche, die den Patriarchen von Byzanz als Oberhaupt der orthodoxen Kirche nicht mehr anerkennen, weil er 1974 mit den bösen Katholiken gesprochen hat.
Das Kloster Esfigmenou liegt so schon sehr abgeschieden und hat sich natürlich durch die Aktion noch weiter isoliert. Rings um das Kloster Esfigmenou riesige Ländereien. Komme mir vor wie ein illegaler Einwanderer auf einer texanischen Ranch. Bin achtsam und vorsichtig, aber begeistert.
Die Klosterwerkstatt von Esfigmenou
Nun mag ich ja ohnehin die Einsamkeit und Stille auf den Ländereien der schwarzen Mönche. Aber die verlassene Klosterwerkstatt lässt mich dann doch etwas hyperventilieren.
Einen Mercedes Kurzhauber hatte ich auf ganz Athos noch nicht.
Dazu ein Mercedes NG. Gemäß der Fahrgestellnummer müsste das ein Baumuster 387 sein, also ein NG 1632 K als Zweiachser. Hmm, ich zähle drei Achsen. Was haben die Mönche da wieder zusammengebastelt?
Überhaupt stehen hier eine Menge alter Fahrzeuge, die auf intensive Schraubertätigkeiten hindeuten.
Altöl? Egal, lass es tropfen.
Ohne Gewissen, Nachbarn, Umweltbehörde und Besucher kann man hier auf der vom Kloster Esfigmenou abgewandten Seite seine Vergangenheit im Unkraut stehen und langsam verrotten lassen.
Selbst ein alter Mercedes LP ertrinkt langsam im hohen Gras. Also scheint ein Mercedes-LKW auch ohne TÜV-Kontrollen nicht unsterblich zu sein.
Na, da kommt ja der Werkstattmönch mit seinem aufgebockten Spezial-Pickup. Also wenn es mich mal zum Mönchswesen treiben würde, dann hierher.
Aber nee, da müsste ich mich ja immer ordentlich anziehen und bei der Hitze in schwarzen, dicken Klamotten rumlaufen.
Strenge Torwächter vom Kloster Esfigmenou
Da ist doch das Kloster Esfigmenou schon. Die Südfront ist hier ziemlich genau 100 m breit.
Esfigmenou ist das einzige Kloster auf Athos, an dem am helllichten Tag der Eingang verschlossen ist. Selbst die beiden Wandgemälde rechts und links sind für monastische Verhältnisse schon ziemlich martialisch.
Hinter dem eisenbeschlagenen Klostertor harrt eine Doppelwache auf die Dinge, die da kommen. Natürlich haben die mich schon gesehen, öffnen das Tor einen Spalt und funkeln mich misstrauisch an. Wo ich herkommen würde. Deutschland. Aha, das ist schon mal verdächtig. Allerdings folgt nicht die übliche Frage nach der Religion, sondern, ob ich gegen Corona geimpft bin. Bin ganz verdutzt und gebe dummerweise die falsche Antwort. So was Blödes, das hätte ich mir doch denken können. Jedenfalls war’s das mit der Besichtigung des Klosters Esfigmenou. Zum Glück darf ich wenigstens mal von oben mit der Drohne von Theodosios reingucken.
Wobei, wenn ich die richtige Antwort gegeben hätte, wäre ich bestimmt an der Religionsfrage gescheitert. Wenn die nichtmal die orthodoxe Kirche anerkennen, mit Katholiken nicht reden und Protestanten wahrscheinlich sowieso als Ketzer direkt verbrennen, was wäre dann mit mir? Das kriege ich aber nicht raus, denn die Wachmönche von Esfigmenou knallen mir das schwere Tor vor der Nase zu.
Strand von Esfigmenou
Selbst Wasser darf ich mir nicht aus dem Kloster holen, sondern werde um die Ecke verwiesen.
Hier vielleicht? Mann, eh – die Mönche vom Kloster Esfigmenou sind echt ein widerspenstiges Kaliber. Hier in dieser Gartenhütte ist jedenfalls kein Wasserhahn.
Die Mönche von Esfigmenou scheinen ihren ganzen Müll einfach von oben runter zu schmeißen. Und auch die offene Jauchegrube am Strand stinkt zum Himmel.
Zudem sieht es für mich danach aus, als ob die Mönche hier mal einen Molotowcocktail runter auf den schmalen Steinstrand geworfen hätten. Alles schwarz verbrannt.
Aber es hat auch einen Vorteil, wenn die Mönche von Esfigmenou ihren Abfall aus dem Kloster schmeißen, denn an einer Stelle wachsen wilde Melonen. Da nehme ich mir glatt eine mit, versuche aber, nicht damit gesehen zu werden. Nicht, dass die mich noch steinigen oder molotowcocktailisieren.
Alle Klöster auf Athos sind ja befestigt, aber kein Kloster sieht so festungsmäßig aus wie die Seeseite von Esfigmenou.
Die schwarze Fahne von Esfigmenou
Begegne vor dem Kloster Esfigmenou einem jungen serbischen Mönchsinteressenten. Er sieht eigentlich schon wie ein Mönch aus, ist aber noch keiner, kann Englisch und auch sonst ganz lustig. Gebe ihm gleich den Tipp mit dem richtigen Passwort.
Aber so schnell kann ich mich noch nicht vom Kloster Esfigmenou lösen, denn auch vor dem Kloster stehen einige hübsche alte LKWs. Hier ein ganz netter International Loadstar 1700.
Aber so ein Mercedes Kurzhauber L1113 begeistert mich doch etwas mehr.
Und wieder ein LP. Ich weiß auch nicht, warum die Dinger so hässlich sind. Aber da stimmen irgendwie die Proportionen nicht.
Dabei bemerke ich, dass über dem Kloster die schwarze Piratenflagge weht. Soweit ich das erkennen kann, ist da aber kein Totenkopf, sondern ein weißes Kreuz drauf.
Naja, hier auf Athos kann eben jeder Spinner machen, was er will, solange er sich Bart und Haare wachsen lässt, eine schwarze Kutte überstülpt und ohne Frauen klarkommt. Aber eins muss ich den Zeloten lassen – beim LKW-Bestand beweisen die schwarzen Mönche von Esfigmenou Geschmack.
Und natürlich auch bei ihren Pickups. Sind generell ziemlich coole Mönche. Allerdings wohl auch ziemlich streitlustig. Aber ich habe Esfigmenou überlebt.
Okay, das war Esfigmenou. Jetzt geht es zum Kloster Hilandar.
Infos zum 18. Kloster Esfigmenou
- Offizieller Name: Heiliges Kloster Esfigmenou / Ιερά Μονή Εσφιγμένου
- Klosterhierarchie von Athos: 18. Rang
- Gründung: 10. Jh, erste Urkunde aus 1045
- Zerstörungen: 873, 1047, 1491, 1534, 1821
- Anzahl der Mönche: 60
- Besonderheit: Seit 1974 kein Vertreter mehr in der Heiligen Gemeinschaft von Athos
- Reliquien im Kloster: Panagia Gorgoypikoou, Stück des Heiligen Holzes, Marienbild Panagia Eleusa (Barmherzigkeit), Pulcheria-Kreuz, Teile von einem Zelt Napoleons
- Bibliothek: 400 Manuskripte und 8000 Bücher
- Heilige: Athanasios I. von Konstantinopel, Athanasios III. Patelaros, Gregor Palamas, Nikephorus von Konstantinopel, Paisios vom Athos, Theonas von Thessaloniki Timotheus (Quelle)
- LKW-Sichtungen: Mercedes NG 1632, Mercedes Kurzhauber LA 1113, L 1113, LP 911, International Loadstar 1700
- Zufahrt: Piste von Karyes über Hilandar
- Mehr Infos zum Kloster: Wiki
- Webarchiv von mountathos.gr (2016): Klick
- Hier gibt es eine Karte mit der Übersicht und Beschreibung aller Klöster auf Athos.
- Wanderstrecke: Vatopedi – Kloster Esfigmenou | 10,5 km lt. Karte (11,5 km mit Umwegen) | 2,75 h netto | 371 m Aufstieg | 422 m Abstieg | 793 m gesamt (roter GPS-Track in der Karte von Athos)
Servus, ich interessiere mich für den Athos und bin begeistert und irritiert über den Stil dieser „alternativen“ Webseite. Ich selbst bin schwankend gläubig und über eine Siebenten-Tags-Adventisten Dame reingekommen, habe aber dann durch die unsägliche Zeit der mRNA-Gen-Injektionen (a.k.a. Offenbarung 13:17) und den erbitterten Widerstand gegen eben solche eine Turboradikalisierung durchlaufen. Ich nehme mal an, dass ich das „Passwort für das Kloster Esfigmenou“ somit kenne, oder?
Ich habe 2 Fragen:
1. wenn diese Klosterbrüder seit 1974 nicht mehr auf den byzantinischen Patriarchen hören, welche geistliche Autorität erkennen Sie dann z.B. im Streitfall an, oder sind die komplett autonom? Wobei selbst bei komplett autonom werden sie wohl irgendwas an der Mönchsrepublik anerkennen im Bezug auf Formalien oder Recht& Verteidigung, oder?
2. Wie kommt man als nicht gottsuchender Mensch auf die Mönchsrepublik Athos? Vor meiner gläubigen Zeit wäre ich nie auf so etwas gekommen… Waren Sie da angestellt als LKW-Mechaniker bzw. gab es da eine Ausschreibung? Ich wusste nicht mal dass es da LKWs gibt, ich dachte die machen es mit Eseln
Die Klöster auf Athos sind alle wie kleine Königreiche, die haben noch nicht einmal eine gemeinsame Uhrzeit. Keine gemeinsame Energieversorgung, nichts. Wenn da also keine Vertreter in Karyes sind, dann gibt es da keine Anknüpfungspunkte.
Den Beitrag, wie wir auf das erste Mal auf die „Insel“ Athos gekommen sind, hast du bestimmt schon gefunden.
Ich habe mal einen Mercedes 1017 gefahren zu Wehrdienstzeiten, habe aber sonst keine Ahnung von LKWs. Ich hätte nicht gedacht, dass auf der Mönchsinsel derart viele LKW sind. Gibt es da überhaupt Straßen?
Was macht man auf der Mönchsinsel als Glaubenspilger eigentlich? Eher wandern oder verbringen Menschen dort auch mehrere Tage in einem Kloster und beten/lesen haben Teil an Kontemplation/Klosteraktivitäten? Sprich: ist die Rolle von Glaubenspilgern in den Klöstern eher Gast oder „Prospect“-Probeteilnehmer?
Ggf. varriert das ja, denn ich kann mir vorstellen, dass der junge serbische Mönchsinteressent dort nicht nur für Kaffee und Kuchen oder zum Betrachten der schönen Gegend beim Wandern war; liege ich da richtig?
Ich denke schon, dass der einfach nur einen Spaziergang von Hilandar zum Nachbarkloster gemacht hat und sich Esfigmenou mal anschauen wollte. Der war höchstens eine halbe Stunde drin.
Was die Pilger den Tag über so in den einzelnen Klöstern machen, ist ein Thema für sich. Das sprengt hier im Kommentar so ein bisschen den Rahmen. Und das hängt auch stark davon ab, wo man ist. Einheitlich ist nur das Morgengebet ab ca 3 Uhr bis 7 Uhr. Danach gehen die Rumänen arbeiten, die Russen in die Teestube und die anderen hängen wahrscheinlich auf dem Zimmer ab und spielen am Handy. Nach dem Abendessen gibt es in manchen Klöstern noch so eine bisschen theoretische Ausbildung wie in Filotheou. Aber sonst scheinen die Pilger sich selbst überlassen zu werden.