Tunesien: Hammam Mellegue – ältestes Badehaus der Welt

Das unscheinbare Hammam Mellegue an einer Thermalquelle ist (angeblich) das am längsten ununterbrochen betriebene Badehaus der Welt.

Mercedes 711D am Hammam Mellegue, Tunesien

Mercedes 711D am Hammam Mellegue, Tunesien

Morgenroutine im Wohnmobil

Die Nacht in El Kef vor dem Polizeipräsidium war ja wegen der nahen Medina ganz okay, ist aber schon am frühen Morgen dann doch mit recht viel Auto- und Besucherverkehr verbunden. Unten im Hubbett geht es ja, aber ich frage mich, wie die Jungs das oben im Aufstelldach aushalten. Doch niemand beschwert sich, und so stehen wir mit aufgeklapptem Dach inmitten einer Menge Leute, die in das Verwaltungsgebäude neben uns reingehen und rauskommen, mit den Autos ranfahren und wegfahren, in Gruppen zusammenstehen und palavern. Und niemand nimmt Notiz von uns. Gefällt mir.

Stellplatz mitten in El Kef

Stellplatz mitten in El Kef

Es ist noch ziemlich frisch und ich lasse während meines Morgenspaziergangs den 1,5-kW-Heizlüfter laufen. Schließlich müssen wir irgendwie den ganzen Solarstrom verbrauchen, der schon früh wieder in den Akku ballert.

Solarbetriebener Heizlüfter im Wohnmobil

Solarbetriebener Heizlüfter im Wohnmobil

Eigentlich wollte ich was fürs Frühstück kaufen, wenn wir schon mal mitten in der Stadt stehen. Aber das Testbaguette ist so trocken, dass ich am Ende doch wie gewohnt unseren eigenen Backofen anschmeiße. So sitzen wir im Bus, machen genüsslich Frühstück und beobachten durch die schwarz getönten Scheiben die Umgebung. Tagsüber brauchen wir keine zusätzliche Verdunklung, da kann auch ohne Gardinen niemand reinschauen. Aber wir, wir sehen alles.

Die Verdunklung mit den vorgesetzten Solarplexius-Schreiben ist echt genial. Zumal ich ja dadurch auch gleich Isolierfenster habe.

Polizeieskorte zum Hammam Mellegue

Allerdings wird dann so gegen 10:00 Uhr die schon länger mit ihrem Pickup quer vor uns parkende Polizei bzw. Nationalgarde nervös, klopft an und fragt, wann wir denn jetzt endlich mal losfahren wollen. Und zwar gar nicht deswegen, damit wir hier verschwinden, sondern damit sie nicht so lange sinnlos herumstehen. Also heute werden wir wohl wie erwartet mit Eskorte fahren müssen.

Wir sind nach dem Frühstück sowieso fertig und ich verhandle mit denen, wo wir auf unserem Weg nach Süden hinfahren dürfen. Das angepeilte Hammam Mellegue liegt nämlich etwas abseits und recht nah an der algerischen Grenze. Staune nicht schlecht, dass das überhaupt kein Problem ist. Die fahren uns offenbar dahin, wo wir hin wollen.

Trotzdem bin ich noch misstrauisch. Und da Kontakte mit Muselmanen immer so ein Respektding sind, versuche ich die Sache in der Hand zu behalten. Denn man wird hier immer so behandelt, wie man behandelt werden will. Hab zwar noch gar keine Ahnung, tue aber so und fahre großspurig voraus.

Tunesischer Verkehr in El Kef

Tunesischer Verkehr in El Kef

Biege in dem dichten Straßengewimmel von El Kef jedoch schon bald falsch ab. Lasse mir aber nichts anmerken, tue weiter so, als ob alles seine Richtigkeit hätte, fahre einen Bogen zur richtigen Straße und bin immer noch vorn. Die Frage ist nur, ob ich jetzt wegen der verwegenen Fahrweise durch enge Gassen an Respekt gewonnen oder aufgrund der Ahnungslosigkeit bezüglich des richtigen Weges an Respekt verloren habe.

Tunesischer Verkehr in El Kef

Tunesischer Verkehr in El Kef

Mittlerweile läuft Mapy und ich sehe, dass ich zwar wieder auf der Hauptstraße bin, allerdings auf der falschen. Also noch einmal quer durchs Wohnviertel. Als aber eine der Straßen auf dem Handy gar keine Straße ist, sondern eine Treppe, und ich rückwärts zurück muss, bin ich endgültig als Aufschneider blamiert. Den Polizisten in ihrem weißen Peugeot Pick-up reicht es jetzt und sie übernehmen dann doch selber die Führung. Tja, wirklich cool wäre gewesen, die straßenbreite Treppe einfach hochzufahren und weiter so zu tun, als ob das alles ganz normal wäre.

So bleibt mir nichts anderes übrig, als mich in mein Schicksal als dummer Tourist zu fügen. Merke aber schon bald, dass so ein vorausfahrendes Polizeifahrzeug auch ganz praktisch ist, denn da muss man wirklich nur hinterherfahren und hat noch einen Verstärker für die mercedesseitig ohnehin eingebaute Vorfahrt.

Hinter der Polizeieskorte in El Kef

Hinter der Polizeieskorte in El Kef

Solofahrt zum Hammam Mellegue

Kurz nach der Stadt lässt uns die Nationalgarde ab einem Checkpoint alleine weiterfahren. Wahrscheinlich, weil die Straße zum Hammam Mellegue sowieso eine Sackgasse ist. Da werden wir denen schon nicht verloren gehen. Außerdem ist viel Militär unterwegs, das auf uns aufpassen kann.

Tunesischer Humvee auf der Straße zum Hammam Mellegue

Tunesischer Humvee auf der Straße zum Hammam Mellegue

Vielleicht hat aber meine Aktion doch was gebracht und die denken, dass ich erstens zu nervig bin und zweitens auch alleine klarkomme. Aber es wird wohl so sein, dass wir sowieso nicht abhanden kommen können, denn die kleine Straße führt ohne Abzweig über die Hochebene und endet dann im Tal des Oued Kseub. Hinter dem Fluss wird das Land gebirgig und es sind nur 30 km zur algerischen Grenze.

Straße zum Hammam Mellegue

Straße zum Hammam Mellegue

Im ältesten Badehaus der Welt

Am Ende der schmalen Sackgasse liegt über dem Steilufer des Oued Kseub das uralte Hammam Mellegue. Ist laut Internet immerhin das älteste ununterbrochen in Betrieb befindliche Badehaus der Welt. Also angeblich, denn wer soll sowas schon nachprüfen können. Der Reiseführer von Simon Kremer ist da seriöser und verortet das Bad in die Römerzeit (Reise Know-How, Seite 173).

Das Hammam Mellegue hat seine besten Zeiten schon hinter sich und wird nur noch teilweise genutzt. Dabei ist unklar, ob der Rest der Anlage gerade ausgegraben wird oder gerade im Boden versinkt.

Mercedes 711D am Hammam Mellegue, Tunesien

Mercedes 711D am Hammam Mellegue, Tunesien

Unter den gemauerten Gewölben verstecken sich zwei Abteilungen, links Männer, rechts Frauen. Das hier im Bild ist der Vorraum fürs Männerbad, sozusagen die Umkleidekabine.

Hammam Mellegue, ältestes Badehaus der Welt

Hammam Mellegue, ältestes Badehaus der Welt

Ich gehe erst mal vor, um zu gucken und mich mit den Gewohnheiten vertraut zu machen. Prompt erklärt mir einer der Männer in dieser typisch arabischen Selbstverständlichkeit, wo man was wie machen soll. Vor allem sehe ich, dass alle eine Badehose und darüber ein Handtuch tragen, das sie erst an der Badestelle ablegen.

Hammam Mellegue, ältestes Badehaus der Welt

Hammam Mellegue, ältestes Badehaus der Welt

Genauso machen wir das auch und werden gleich herzlich aufgenommen. Wie man sieht, ist das Hammam Mellegue für arabische Verhältnisse sehr einfach gehalten und besteht nur aus schmucklosen Gewölben. Scheint wirklich ziemlich alt und schon lange vor der muslimischen Invasion Nordafrikas als reines Nutzbad gebaut worden zu sein.

Wie alt das Hamam wirklich ist, da will sich der Reiseführer nicht so genau festlegen und verortet die Entstehung wie schon gesagt in die Römerzeiten. Wann auch immer das gewesen sein soll. Und im an Superlativen so reichen Internet ist das Hammam Mellegue ja auch gar nicht das älteste Badehaus der Welt, sondern das wahrscheinlich älteste noch betriebene Bad der Welt (Substack).

Also da kann ich noch einen draufsetzen und behaupte mal, dass in dieser Thermalquelle schon vor einer Million Jahren die ersten Homo lavus africanensis gebadet haben werden. Nur eben ohne Haus drumherum.

Hammam Mellegue, ältestes Badehaus der Welt

Hammam Mellegue, ältestes Badehaus der Welt

Jedenfalls liegen wir mit drei weiteren Männern in dem 39 Grad warmen Thermalwasser des Löwensaals und lassen uns mal so richtig einweichen. Wie mir die Leute berichten, kam das Wasser früher mal oben aus den Löwenköpfen und war heißer. Jetzt fließt das Wasser direkt an der Wasserlinie ins Hammam Mellegue. Im Tunesien-Reiseführer steht noch, dass das Bad 2023 saniert wurde (Reise Know-How, Seite 173). Vielleicht hat man ja da die Zuleitung umgelegt. Oder irgendwas verpfuscht.

Thermalwasserbecken im Hammam Mellegue mit 39°C

Thermalwasserbecken im Hammam Mellegue mit 39°C

Als ich zwischendurch mal rausgehe, um das Laserthermometer zu holen, stehen schon wieder die Polizisten draußen und fragen mich, wie lange wir noch brauchen.

Mercedes 711D am Hammam Mellegue, Tunesien

Mercedes 711D am Hammam Mellegue, Tunesien

Die machen zwar keinen Stress und sind freundlich, aber man merkt schon, dass sie ganz und gar keine Lust haben, hier am Hammam Mellegue stundenlang herumzustehen und auf irgendwelche Touristen zu warten. Also erbitte ich noch eine halbe Stunde und sage den Jungs Bescheid, gehe aber selbst schon mal raus.

Die zweischneidige Sehnsucht nach dem Untouristischen

Das hier ist übrigens der Ticketschalter, wenn man so will. Jeder hinterlässt da einen kleinen Obolus, aber so einen richtigen Tarif scheint es nicht zu geben. Das Bad ist sowieso völlig untouristisch und insofern ein mir äußerst gut gefallender Tipp von Simon Kremer, dem Autor meines Tunesien-Reiseführers (Reise-know-how.de). Also schöne Grüße und das Bad ist mittlerweile wieder geöffnet.

Hammam Mellegue, Tunesien

Hammam Mellegue, Tunesien

Allerdings sind solche Reiseführertipps natürlich auch ein zweischneidiges Schwert, denn sowas und letztlich auch mein Bericht sind nur die Vorboten dessen, was gerade die sogenannten Individualtouristen wie ich nicht wollen. Eigentlich müsste ich den Besuch dieses Kleinods wirklich nur für die Familienchronik dokumentieren und im Blog überspringen. Hmm. Doof.

Ach, egal. Nach mir die Sintflut. Nee, Quatsch – das Badehaus ist so unfotogen, klein und unhygienisch, dass hier unmöglich Busladungen von Touristen aufschlagen werden. Und für Djerba-Taxis, Wohnmobile und Sandtouristen liegt das Bad viel zu weit weg vom Schuss.

Bis auf dieses kleine einsame Gebäude gibt es rund um das Hammam Mellegue auch kein Dorf,  kein Hotel und kein Restaurant, sondern nur ein paar verstreute Höfe. Es ist also alles ziemlich ursprünglich und einfach gehalten und die Leute kommen wirklich nur zur Körperreinigung hierher.

Hab allerdings keine Ahnung, wozu dieses Nebengebäude am Hammam Mellegue gut sein soll und kann auch nicht mehr nachfragen. Ist das ein Waschhaus? Sollte das mal was Größeres werden?

Nebengebäude am Hammam Mellegue, Tunesien

Nebengebäude am Hammam Mellegue, Tunesien

Bewachte Abfahrt vom Hammam Mellegue

Nach einer Stunde sind wir fertig mit dem Hammam Mellegue. Ich wäre gern noch geblieben und ein bisschen in der schön grünen Gegend herumgelaufen. Vielleicht hätten wir ja sogar noch ein altes Badehandtuch aus der Römerzeit gefunden. Aber unsere Polizeieskorte tut mir dann auch leid und so setzen wir unser Reiseprogramm planmäßig fort.

Mercedes 711D am Hammam Mellegue, Tunesien

Mercedes 711D am Hammam Mellegue, Tunesien

Mit dem nächsten Ziel bin ich mir allerdings noch unsicherer als mit dem schon abgelegenen Hammam Mellegue. Aber selbst ein einsamer Tafelberg an der algerischen Grenze ist überhaupt kein Problem für die Eskorte. Und so startet die begleitete Tour zum Table Jughurta, der letzten afrikanischen Festung „unserer“ Vandalen.

El Kef – Hammam Mellegue | Tunesien

 


Reiseberichte ja oder nein?

Ich frage mich wirklich immer wieder, ob die Veröffentlichung unserer Reiseberichte gut ist oder nicht. Denn da ich Google Analytics und Werbeanzeigen ablehne, kann ich mich nicht an Zugriffs- oder gar Verkaufszahlen „erfreuen“.

Alles, was mir an diesbezüglicher Motivation bleibt, sind somit eure Rückmeldungen mittels Kommentaren und neuerdings auch Spenden, mit denen man übrigens auch Nachrichten übermitteln kann, die zwar streng geheim, jedoch nicht unberücksichtigt bleiben. Aber lesen die Reiseberichte wirklich nur fünf Leute?

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