Rumänien: Peinliche Wohnmobil-Fahrt über den Transfăgărășan-Pass
Es ist keine Kunst, motorisiert über die Transfăgărășan zu fahren. Ja, der Pass ist schön. Aber völlig überlaufen bzw. überfahren.
Von Sibiu zum Fuß der Transfăgărășan
Die Kinder navigieren mich mit dem Atlas gemeinsam aus Sibiu/Hermannstadt heraus. Aber halt, wir müssen noch tanken. Dann immer weiter auf der Straße Nr. 1 in Richtung Bukarest. Aber nicht auf den Abzweig Nr. 7 durch das Olt-Tal, sondern weiter in Richtung Braşov. Okay, mach ich.
Unterwegs ein unerklärlicher Stau. Könnte den doch theoretisch über ein abgeerntetes Maisfeld offroad zur nächsten Piste zur nächsten Straße ins nächste Dorf umfahren. Aber gerade, als ich die Karte zu Ende studiert habe, geht es wieder los. Also zurück auf die Straße.
Jetzt geht es hoch auf die Transfăgărășan. War vor 33 Jahren das letzte Mal auf der Transfogarascher Hochstraße. Mit dem Fahrrad.
Hauptunterschied sind die neu asphaltierten Straßen. Die waren unter Ceaucescu doch eine ganz schöne Katastrophe.
Richtung der Transfăgărășan-Befahrung
Jetzt ist es mir ein bisschen peinlich, ganz anstrengungslos mit dem Wohnmobil über die Transfăgărășan-Passstraße zu fahren. Unmengen von Autos und Motorrädern kommen uns entgegen. Auch ein paar Wohnmobile.
Davon abgesehen sind die Serpentinen, die Wälder und Berge natürlich hübsch. Aber eben total überlaufen.
Weiß auch nicht, warum auf das auf den Fotos so leer aussieht. Aber das war es nicht. Ganze Kolonnen von Autos und Motorrädern ziehen durch die Serpentinen. Hmm, bei meinem Versuch, schöne Urlaubsbilder zu fabrizieren, warte ich natürlich immer die kurze Pause zwischen den Autokolonnen ab. Deswegen die falschen Fotos.
Die meisten Autotouristen kommen von der Südseite. Steht bestimmt in irgendeinem Rumänien-Reiseführer, dass man da das beste Licht zum Fotografieren hat. Stimmt ja auch. Wir fahren dagegen antizyklisch. Von Norden nach Süden. Gegen die Sonne.
Aber wenn man mal zurückblickt, geht es mit den Fotos. Ist ja wirklich ein hübsches Trogtal. Auch wenn sich da rechts im Bild die „Expeditionsmobile“ drängeln. Dieser Geheimplatz steht bestimmt auch in irgendeiner Stellplatz-App. Und LKWs neigen sowieso zur Rudelbildung. Die Jungs ärgern mich schon, dass ich mich doch dazustellen solle. Nee, ich hab keinen Allrad.
Bâlea-Tunnel (2042 m) am Kamm der Transfăgărășan
Ganz oben am Bâlea-See ist ein richtiger Budenzauber aufgebaut. Mann, ist mir das unangenehm hier. Dumme Idee mit dem Transfogarasch. Aber die Jungs amüsieren sich.
Allerdings auf meine Kosten. Wir fahren also ohne anzuhalten in den Bâlea-Tunnel. Bloß weg hier. Übrigens steht am Bâlea-Tunnel eine Durchfahrtshöhe von 3,60 m dran. Der geht aber in der Mitte garantiert bis 4 Meter.
Übernachtung auf der Südseite der Transfăgărășan
Doch das Erlebnis Transfăgărășan nimmt dann doch noch versöhnliche Züge an. In einer langgestreckten Kurve auf der Südseite steht an der Straße ein tschechisches Wohnmobil. Daneben an einem Bach ein tschechischer Kombi mit Matratzen drin. Alle ohne Allrad. Da kann ich mich dazustellen.
Hier liegt zwar eine Menge Dämmstoffmüll. Zu viel, um ihn wie sonst mal eben wegzuräumen. Aber dieser Stellplatz ist dennoch sympathisch. Die Jungs verschwinden am Bächlein. Die Tschechen sind ganz lustig, fragen mich aber, was die Jungs die ganze Zeit am Wasser machen. Haben scheinbar keine Kinder.
Aber ich kann nicht lange quatschen. Sondern soll was zum Abendbrot kochen. Also eigentlich. Denn ich stelle fest, dass wir heute ja schon beim Stadtrundgang durch Sibiu warm gegessen haben. Es gibt also doch nur Schnitte mit Brot. Brauchen wirklich nicht zweimal am Tag warmes Essen. Auch wenn es draußen richtig frisch ist.
Nach dem Abendbrot spielen wir noch ein paar Runden Skat. Dann lasse ich das Hubbett runter, denn mit den dünnen Decken wird es den Kindern bestimmt zu kalt im Aufstelldach. Mein halber Daunenschlafsack wird schon reichen.
Die Südseite der Transfăgărășan
Die Nacht an der Transfăgărășan ist gar nicht so kalt wie gedacht. Mag das, wenn der Wind so schön durchs Aufstelldach geht. Dennoch bleiben wir am Morgen in den Federn, bis die Sonne ins Tal vordringt.
Kaum ist die Sonne richtig da, rollt wieder die endlose Karawane über die Transfăgărășan. Aber wir sind ja auch hier. Ein Schäfer schafft es gerade so, seine Herde zwischen den vielen Fahrzeugen über die Straße zu treiben. Die Jungs spielen noch ein wenig am Bach und dann starten wir ins Tal. Schnell weg hier.
Der Bus rollt immer im zweiten Gang bergab, sodass ich nur vor Serpentinen kurz bremsen muss.
Hinter uns ist ja niemand, weil wir von der falschen Nordseite über die Transfăgărășan fahren. Kann dadurch aber auch mal kurz für ein Foto anhalten, ohne dass es gleich hupt.
Unmengen Autos, Motorräder und Souvenirstände an nahezu jedem Fotospot.
Die Expeditionsmobile haben natürlich auch auf der Südseite eine Wagenburg gebaut.
Gibt da wesentlich bessere Stellen in Rumänien für ein paar Tage Offroad-Camping als hier an der Karpaten-Autobahn. Auch wenn die Transfăgărășan natürlich hübsch ist.
Transfăgărășan um die Vidraru-Talsperre im Süden
Aber dennoch hat Rumänien wesentlich schönere Strecken durch die Karpaten. Gerade auch Offroadstrecken. Aber auch da ist man nicht unbedingt allein.
Bald schon sind wir unten in den dichten Wäldern.
Doch die Kurven nehmen kein Ende. Mein Jüngster ist Reiseleiter und will eigentlich die Vidraru-Talsperre westlich umfahren. Da ist aber eine Brücke nur bis 3,5 Tonnen freigegeben. Und die sieht auch nicht nach mehr aus. Wir bleiben also auf der Ostseite, der Hauptseite. Da, wo alle langfahren. Nur eben uns entgegen.
Auch an der Staumauer der Vidraru-Talsperre herrscht ganz schöner Andrang. Komme mit dem Bus kaum durch.
Und dann, ganz am Ende der Transfăgărășan, gibt es noch ein trauriges Schauspiel mit halbwilden Bären. Aber das ist mir eine eigene Geschichte wert.
Infos zur Überquerung der Transfăgărășan
- Die Transfăgărășan ließ Ceaucescu angeblich allein für den Tourismus bauen.
- Es gibt aber auch die Story, dass der paranoide Ceaucescu von seiner Berghütte aus einen Fluchtweg übers Gebirge wollte.
- Wer die Ruhe der Karpaten sucht, sollte die Transfăgărășan eher meiden. Zumindest die Panoramastraße.
- Vom Bâlea-See aus gibt es mehrere wunderschöne Wanderrouten über die Berge (Conrad Stein: Rumänien – Trekkingklassiker in den Südkarpaten (S. 65 ff.): Klick
Hallo Tom. Frage: kann man den Transfăgărășan mit dem Wohnwagen befahren. Ich bin mal zu DDR Zeiten mit dem Trabbi drüber.
LG Aike.
Ich habe gerade noch mal die Fotos der Fahrt über den Transfăgărășan durchgesehen, auf denen direkt oben am Pass mindestens 7 zum Teil richtig große Wohnwagen drauf sind. Verbotsschilder habe ich auch keine gesehen. Also nur zu!