Lofoten: Nusfjord, Wintertraum im Polarlicht
Nusfjord ist zwar schon lange kein Fischerdorf mehr, aber das Museumsdorf rund um den kleinen Hafen ist ein Höhepunkt der Lofoten.
Probleme beim Parken mit dem Wohnmobil in Nusfjord
War heute ein langer Tag in Kabelvåg und Henningsvær. Abendbrot unterwegs. Dann im Dunkeln noch nach Nusfjord. Stelle mir das schnucklig vor, so im Dunkeln. Ist schließlich eines der Hauptziele auf den Lofoten. Im Sommer wird auf dieser kleinen Sackgasse die Hölle los sein. Jetzt am Winterabend ist die Straße einsam und total vereist. Bin aber zu faul, wegen den 5 km runter nach Nusfjord 500 Spikes reinzuschrauben.
Doch am letzten Anstieg zum hintersten Parkplatz zeigt sich, dass Spikes schon wesentlich sicherer sind. Denn der kurze Stich ist so steil, dass die Hinterräder am Wohnmobil durchdrehen. Die Parkplatzzufahrt Nusfjord ist aber nicht nur steil, sondern auch schmal und spiegelglatt. Kann den Bus mit den 4 Bremsen nicht halten, sondern rutsche zurück.
Da hilft auch kein ABS. Lasse also einfach die Bremse los, damit ich nicht quer in die Häuser rutsche. Der Bus schießt rückwärts die enge Steigung runter. Treffe im Dunkeln zum Glück die Straße und unten die Kurve. Puh, erst mal durchatmen. Hier wären Spikes definitiv besser gewesen. Oder ich hätte halt mal nachdenken müssen, statt den Bus mit Schwung da hochjagen zu wollen.
Tja, ein Mercedes Vario mit Allrad wäre das letzte Stück zum Parkplatz Nusfjord sicherlich noch hochgezogen. Zumindest mit denselben guten Winterreifen. Mit irgendwelchen Exmo-Reifen mit Gelände- oder Blockprofil sicher auch nicht. Hmm. Aber vielleicht hätte ich den Anstieg zum Parkplatz auch geschafft. Der zweite Gang war zu lang. Oder ich hätte mehr Schwung gebraucht. Dazu bin ich dumm in der Fahrspur gefahren. Am Rand im Schnee wäre es vielleicht noch gegangen. Naja, egal jetzt.
Auch der untere, ziemlich schräge Parkplatz von Nusfjord ist so glatt vereist, dass ich das Wohnmobil lieber mit einem Vorlegekeil sichere, damit es nicht im Stand wegrutscht. Dann muss ich selbst erst mal runterfahren.
Hatte ja schon festgestellt, dass die Straßenverhältnisse im Winter auf den Lofoten ziemlich schwierig sind. Die Felsen sind einfach zu kalt und das Meer ist zu warm. Das gibt böses Eis. Je weiter man rauskommt ins offene Meer, umso schlimmer wird es.
Eintrittspreis Nusfjord
Naja, wir stehen. Der Parkplatz ist zwar schräg und für ein Wohnmobil nicht die erste Wahl. Dafür können wir mit dem Wohnmobil zumindest jetzt im Winter sicherlich auch über Nacht parken. Kommt, wir gehen noch ein Stück ins Dorf.
Nusfjord ist so eine Art bewohnbares Museums-Hotel. Früher war das schon ein Fischerdorf, aber heute sind die Fischer aus- und die Touristen eingezogen. Normalerweise muss man da rechts an der Holzhütte Eintritt nach Nusfjord bezahlen. In der Saison sind das glaube ich 5 € pro Person Jetzt im Winter aber kostet der Besuch im Ort nichts.
Wobei die Bezeichnung „Ort“ für Nusfjord schon reichlich übertrieben ist. Da stehen fünf große Holzhäuser und eine Menge kleiner Rorbuer, also diese spartanischen, über Wasser und Felsen aufgeständerten Holzhütten. Aber genau da, wo früher die Lofotfischer den ganzen Winter über geschuftet haben, halten sich heute die Touristen aus aller Welt am liebsten auf. Und auch wir sind hin und weg.
Polarlichter über Nusfjord
Nusfjord ist einfach so richtig schön. Die Boote. Dazu die Holzhütten. Darüber die Nordlichter. Wirklich sehr hübsch. Ist es hier in Nusfjord so hübsch, weil es so kitschig ist? Sind es die Nordlichter, die einem den Kopf verdrehen? Oder ist es die Sehnsucht nach dem einfachen Leben?
Also jetzt um diese Zeit sind die Polarlichter über Nusfjord schon beeindruckend. Aber das ist es nicht allein. Hat sich gelohnt, abends noch nach Nusfjord zu fahren. Auch wenn das mit dem Parkplatz bald schief gegangen wäre.
Und trotzdem ist Nusfjord kein Fischerdorf (mehr), sondern eine reine Feriensiedlung. Wahrscheinlich hat heute auch die Nordlichter irgendeiner von der Tourismusbehörde bestellt. Sowas gibt’s doch eigentlich gar nicht.
Die Fotos sind zudem nicht irgendwie langzeitbelichtet, sondern nur mit dem Handy aufgenommen. So sieht es auch in echt aus.
Von einem erhöhten Standpunkt spiegelt sich das Licht auch so schön im klaren Wasser.
Mit der richtigen Kamera und ein bisschen längeren Belichtungszeiten kommt dann die ganze grüne Pracht der Nordlichter über Nusfjord richtig zur Geltung. Das ist übrigens ein Foto in Richtung Süden von Nusfjord raus aufs Meer. Nordlichter gibt es auf den Lofoten nicht nur im Norden.
Die Polarlichter sind heute wirklich wieder unglaublich. Haben wir einfach nur Glück? Sind die Nordlichter in Norwegen gerade besonders aktiv? Oder sind die Reiseführerschreiber alles Bedenkenträger?
Also stehen wir jetzt hier in Nusfjord mit offenem Mund auf dem unteren Parkplatz vor dem Bus und kriegen bald einen steifen Hals. Schnell noch ein Handyfoto, und dann geht es ab ins Bett. Man kann ja nicht die ganze Nacht in den Himmel glotzen.
Sonnenaufgang auf den Lofoten
Auf den Lofoten kommt man ja schon bei Mitternachtssonne kaum ins Bett. Doch auch im Winter müsste man nördlich des Polarkreises eigentlich die ganze Nacht wegen der Polarlichter wach bleiben. Doch das rächt sich dann am Morgen. Stehe also erst auf, als die Berge hinter dem Bus schon rosa sind. Heizung anmachen, anziehen und raus. Ein oder zwei Kinder würden zwar bestimmt mitkommen, schlafen aber noch. Soll ich sie wecken? Ach nee, für sowas gibt’s ja die Chronik.
Auf einem kleinen Hügel über Nusfjord stehen bestimmt schon zehn Leute mit Stativen und warten auf den Sonnenaufgang. Hä? Gegen das Licht? Übersehe ich was und das ist so ein Insta-Hotspot?
Die Extrameile zum Leuchtturm
Ich weiß nicht, wahrscheinlich sind die Museumsdorfgäste nur zu faul, die Extrameile vor an den Fjordausgang zu gehen.
Aber ja, es ist früh natürlich eiskalt, der Weg ist total vereist und es läuft sich so richtig blöd.
Ist mir egal, ich laufe trotzdem zum Leuchtturm Nusfjord.
Ist ein Stück, aber das hat seine Vorteile, wenn der vereiste Weg zum Leuchtturm von Nusfjord abschreckt.
Denn so bin ich dort am südlichen Eingang in den Nusfjord ganz allein.
Morgenidylle Nusfjord
Ist schönes Licht am Morgen. Bin aber immer noch zu früh hier. Die Sonne braucht noch ein bisschen, bis sie den ganzen Nusfjord mit Licht flutet.
Doch lange warten kann ich hier vorne am Leuchtturm nicht, denn es ist kalt und windig. Hab zwar extra Handschuhe dabei, kann aber jetzt hier nicht noch eine Stunde vertrödeln. Es ist schließlich schon 9:00 Uhr und zurück laufen muss ich ja auch noch.
Frage mich aber echt, wo dieser berühmte Postkartenblick auf den Nusfjord sein soll, wegen dem die ganzen Touristen hierher kommen – mich eingeschlossen. Gefühlt gibt es im Internet genau ein Motiv vom Nusfjord. Und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wo das sein soll.
Auch wenn es überall in Nusfjord schön ist, wurmt mich das schon. Ich tue zwar immer so, als ob mich der Mainstream nicht juckt, aber ich frage mich dann schon, ob ich zu blöd bin, den Spot zu finden, den alle finden.
Das angebliche Fischerdorf ist nämlich rund um dieses eine Postkartenmotiv ein florierender Ferienkomplex geworden. Alle Rorbuer sind ausnahmslos Ferienhütten.
Dieses eine Motiv von Nusfjord
Auch Fischerboote stehen nur zur Zierde hier, oder um Touristen zu fischen. Ich will aber wirklich nicht meckern. Das Disneyland Nusfjord ist echt ein Traum. Ärgere mich halt nur, weil ich dieses eine Motiv nicht finde. Da sieht man mal, was die öffentliche Meinung mit einem anrichtet. Es ist wunderschön, aber weil man nicht das sieht, was alle sehen, fühlt man ein Brett vor dem Kopf. Zu viel Wissen kann einen da ganz schön einschränken.
Dann finde ich aber doch noch das berühmte Nusfjord-Motiv. Leicht zu erkennen am chinesischen Hochzeitspaar, das sich hier fotografieren lässt. Allerdings scheint das gar kein Hochzeitspaar zu sein, denn auf meine Glückwünsche erwidern sie nur, dass es kalt ist. Aha, da werden wahrscheinlich nur Fotos gemacht, um Hochzeitspaare anzulocken.
Naja, jedenfalls ist hier das berühmte Motiv von Nusfjord. Zwar noch nicht ganz, denn für das richtige Foto müsste ich jetzt wie alle anderen auch auf den Hügel klettern. Da ich aber jetzt weiß, dass die nicht zu faul waren, sondern das machen, was alle machen, muss ich das nicht auch haben. Hab’s gesehen und kann mich jetzt wieder entspannen.
Auf den Felsen über Nusfjord
Zurück am Bus steht schon das Frühstück auf dem Tisch. Sehr gut. Dann laufen wir nochmal zusammen ein Stück. Erst über die steile Eisrampe hoch zum oberen Parkplatz. Oben lockt ein Felsen mit Eiszapfen. Unten ein Boot mit Angeltouristen.
Hab also meine Schwierigkeiten, den Kindern beim Aufstieg zu folgen und komme als Letzter oben an. Schöne Aussicht wieder.
Da unten am Bus sieht man, dass ich die selbst gebauten Isolierfenster mal überarbeiten muss. Doppelseitiges Klebeband für die Vorsatzscheiben ist doch nicht so ideal. Da kommt seitlich Luft rein.
Museum Trandamperi in Nusfjord
Dann zum Museum. Weil viele Elektrogeräte ausgestellt sind, denke ich erst, dass der Name Trand-Amperi irgendwas mit Stromstärke zu tun hat. Aber eine norwegische Tran-Damperi ist eine „Lebertran-Dampferei“.
Hier wurde also aus verfaultem Kabeljau der Lebertran ausgekocht, was im Norden eine wichtige Vitamin-D-Quelle ist. Sozusagen der Sonnenersatz für Norweger.
Es läuft ein Film über die alten Zeiten des Fischfangs auf den Lofoten im Allgemeinen und hier in Nusfjord im Speziellen. Da muss echt was los gewesen sein. [Liebes Museum Nusfjord, ich gehe mal davon aus, dass das Foto älter ist als 70 Jahre und ich daher einen Screenshot hier veröffentlichen darf. Wenn nicht, sagt Bescheid.]
Und gestunken muss es haben. Heute hingegen spaziert man durch das kostenlose Museum, wirft sich zum Frühstück ein paar Tropfen Vitamin D ein (aus was eigentlich? ) und genießt die frische Luft am Meer.
Museumsdorf Nusfjord
Nur gibt es heute hier in Nusfjord nicht nur keinen Gestank, sondern auch keine Fischer mehr. Der Witz ist aber, dass ausgerechnet die billigen, feuchten und kalten Stelzenhütten auf den Felsen am Meer, die von den reichen Landbesitzern für teures Geld an die Saisonfischer vermietet wurden, heute die beliebtesten Unterkünfte der Touristen sind und insofern immer noch die Taschen der Eigentümer füllen. Nur eben ohne den Umweg über den Fisch.
Und auch der Kutter liegt doch extra für die Touristen am Kai. [Übrigens, lieber Reise-Know-How-Verlag, euer Lofoten Reiseführer ist zwar ganz hübsch, aber die Bildunterschrift zu Seite 103 ist gleich doppelt falsch, denn das hier ist weder ein Fischerboot noch liegt das in Å. Die Elktor ist ein Ausflugsdampfer in Nusfjord.]
Doch immerhin gibt es noch den alten Landhandel in Nusfjord, wenn auch der Übergang zum Museum bzw. zur Touristenunterhaltung fließend ist.
Storvatnet – das Große Wasser
Als einer der Hundert Einheimischen käme man nicht auf die Idee, direkt unten am Wasser wohnen zu wollen. Das ist für die Saisongäste. Die Wohnhäuser liegen weiter oben am Berg, wo das Mikroklima besser ist.
Noch besser wäre es wohl nur noch ganz oben auf den Bergen. Die könnten wir zwar noch besteigen, aber davon rät der Reiseführer wegen der vereisten Wege ab. Also haben wir in Nusfjord nun wirklich alles gesehen und können abdampfen. Mal sehen, ob ich ohne Spikes überhaupt aus diesem Loch rauskomme.
Scheitere schon beim Losfahren. Ah, Vorlegekeil vergessen. Die 50 Höhenmeter sind mit den Winterreifen aber kein Problem. Ist hübsch, wie der zugefrorene See in der Morgensonne glitzert, der wie schon in Bleik auch Storvatnet heißt. Bei der Namensgebung sind die Norweger generell nicht sehr einfallsreich. Storvatnet heißt nämlich einfach „Großer See“. Na toll.
Dass das Storvatnet ein See ist, sieht man an der dicken Eisschicht. Das Meer an der Nordseite der Insel Flakstadtøya am Flakstadpollen hingegen ist dank des Golfstroms eisfrei.
Wir wollen heute nicht weit fahren, aber ein kleiner Umweg über die Kirche von Flakstad ist schon drin.
Dann an Ramberg vorbei. Das liegt im Schatten der Berge und weckt trotz der schön geschwungenen Bucht nicht gerade Copacabana-Gefühle.
Und wenn wir schon in Nusfjord nicht wie geplant wandern konnten, dann vielleicht drüben in Fredvang.