Tunesien: Der offiziell beste Stellplatz von Tunis
Auf der Rückreise nach Tunis mit dem gemieteten Fahrer merken wir, dass die Augen der Nationalgarde überall sind.
Qualmender Start in Mides
Nach der gestrigen Testfahrt nach Tamerza ist heute alles bereit für die große Tour nach Tunis. Pünktlich 7:00 Uhr klingelt der Wecker, denn für 8:00 Uhr ist der tunesische Fahrer bestellt und wir Deutschen haben ja auch einen Ruf zu verlieren. Ein pünktlicher Start ist mir aber auch deswegen wichtig, da der Fahrer die 500 km aus Tunis ja wieder zurück muss.
Wie man sieht, haben wir trotz des wegen meines Unfalls in der Schlucht erzwungenen Aufenthalts in der Bergoase Mides immer noch genug Brötchen zum Aufbacken. Dazu gibt es Dattelsirup, der uns im Rahmen der tunesischen Gastfreundschaft als Abschiedsgeschenk überreicht wurde. Ist auch mal was neues.
Kurz vor 8 Uhr sind wir fertig, haben gefrühstückt und alles zusammengepackt. Als der verrückte deutsche Patient die Dieselheizung startet und sich übler Qualm entwickelt, kommt Salah gleich besorgt an und prüft, ob der Bus etwa brennt. Aber nein, ich mache nur den Motor warm. Keine Ahnung, warum das heute so qualmt.
Wir verabschieden uns vom Mides Family Resto und unser tunesischer Fahrer Fatih fährt frank und frei los. Vielen Dank für die tunesische Gastfreundschaft, es war eine angenehme Zeit hier, auch wenn der Anlass, also mein Sprung in die Schlucht, nicht hätte unbedingt sein müssen.
Und ich hätte gern noch mehr von den Bergoasen erwandert. Also vorerst bye bye, ihr Palmen von Mides.
Landstraße nach Kairouan
Abgesehen von ein paar Episoden mit meinen Söhnen sitze ich das erste Mal auf dem Beifahrersitz. Ist auch mal schön, zumal der Fahrer ganz gut fährt. Dreht die Gänge bisschen lang aus, lässt die Hand auf dem Schalthebel liegen und schaltet spät hoch, aber ich sage nichts und den Jungs gefällt’s. Vor allem deswegen, weil er für jeden toten Polizisten so gut wie anhält. Ich soll mir jedenfalls mal ein Beispiel daran nehmen.
So fahren wir durch die Wüste bis nach Gafsa, dort müssen wir mal tanken. Unterwegs gibt es zwar viele Kanistertankstellen mit geschmuggeltem algerischem Sprit. Aber das brauche ich jetzt nicht unbedingt.
Allerdings kann ich an der Tankstelle nur bar bezahlen und muss noch mal Geld holen. Ist eine ganz schöne Aktion, die 50 m auf einem Bein zur Bank zu hüpfen. Und dann brauche ich auch noch drei Anläufe, bis ich rauskriege, dass man mindestens 50 € abheben muss.
Wir fahren ohne viele Federlesens normale Landstraße nach Kairouan. Die kleine Baustelle ist schon so ziemlich das spektakulärste Ereignis. Allerdings fällt mir auf, dass wir an jeder Straßensperre interessiert gegrüßt werden. Offenbar liegt der Nationalgarde unser Wohlergehen immer noch am Herzen und die verfolgen uns auf Schritt und Tritt.
Truckertreff Kairouan
In Kairouan machen wir einen Mittagsstopp. Aber das ist eher eine Raucherpause für den Fahrer.
Rund um Kairouan scheint sowas wie das Zentrum der Versorgung von LKW-Fahrern zu sein. Hier häufen sich die Fressstände und auch Fatih steuert zielgerichtet einen solchen Imbiss an. An manchen stehen Dromedare, was sonst nicht vorkommt. Und zwar nicht für die Touristen zum Reiten, sondern für die Einheimischen zum Essen. Ansonsten hängt das Fleisch wie gehabt draußen an der Straße, wird allerdings mittlerweile oft mit Plastikfolie abgedeckt.
Autobahn und Maut in Tunesien
Nach der Mittagspause fängt es an zu regnen und jetzt sieht man, warum die Umgebung so grün ist. Unser Fahrer hat kaum Erfahrung mit Scheibenwischern und Scheibenbewässerung und ich muss das erste Mal helfend eingreifen. Aber gut, die aufgebohrte Scheibenwaschanlage ist bei mir auch wirklich ein bisschen tricky.
Einige tunesische Autofahrer sind von dem immer stärker werdenden Regen überfordert und wir sehen drei Unfälle. Ist also ganz gut, dass wir Autobahn fahren. Für die fast 100 km Autobahn zwischen Hammamet und Tunis bezahlen wir übrigens einmal 1,700 Dinar (50 Cent) und einmal 2,200 Dinar (70 Cent) als tunesische Autobahnmaut.
Bei den niedrigen Mauttarifen auf der tunesischen Autobahn ist es kein Wunder, dass die Autobahn so voll ist und auch hier wieder einige Unfälle passieren.
Der beste Stellplatz von Tunis
In Tunis dann wieder Sonne und weiter dichter Verkehr, aber keine Probleme.
Ich lasse uns um 17:30 Uhr hoch zum großen Parkplatz von Karthago fahren. Schließlich haben wir in Karthago schon einmal mit quasi behördlicher Genehmigung übernachtet. Unser Fahrer bekommt den vereinbarten Lohn und dann soll er eigentlich von der Nationalgarde abgeholt werden. Die lässt sich aber Zeit und so geht er alleine los. Vielen Dank und komm gut nach Hause!
Die Nationalgarde taucht dann doch bald auf und regt sich auf, warum er uns gerade hierher auf diesen Stellplatz gebracht hat. Ich kann die Sache beruhigen und sagen, dass ich diesen Parkplatz als besten quasioffiziellen Stellplatz von Tunis ausgewählt habe, weil wir ja schließlich in der ersten Nacht hierher gebracht wurden. Aber die haben dazu eine andere Meinung und wollen uns unbedingt überzeugen, runter in einen kleinen Hafen zu fahren, da es hier oben zu kalt und nicht schön genug sei. Als ob die Kälte ein Argument wäre. Aber wahrscheinlich hat da der Chef der Nationalgarde in Tozeur seine Finger im Spiel und will uns mit dem besten Stellplatz von Tunis unbedingt noch einen perfekten Urlaubsabschluss bereiten.
Hafen Sidi Bou Said
Als ich mich erst ein bisschen anstelle, wo dieser gelobte Hafen mit dem besten Stellplatz von Tunis genau ist und wohin wir sollen, fahren die Leute einfach voraus. Dass ich Hand und Fuß im Gips habe, interessiert keinen. Aber zum Glück haben wir die halbautomatische Beifahrerschaltung ja gestern schon geübt. Selbst das Rangieren unten am Hafen Sidi Bou Said funktioniert blendend. Mittlerweile setzt mein Vierter beim kritischen Anhalteprozess ergänzend die Handbremse ein, so dass wir ziemlich genau rangieren können. Hab also jetzt keine Angst mehr vor der engen Fähre.
Und ich muss auch zugeben, dass der Platz unten am Hafen Sidi Bou Said wirklich ein besserer Stellplatz ist. Ein bisschen Dreck, ein paar Hunde, aber das kann uns egal sein. Wir bezahlen 30 Dinar an Irgendjemanden und bekommen dafür sogar einen Schriebs hinter die Windschutzscheibe gesteckt. Es könnte zwar jeder kommen, aber da steht wirklich ein Parkscheinautomat. Und wenn ich so vermeiden kann, dass früh ein aufgeregter Parkplatzwächter ans Fenster klopft, soll mir das recht sein. Der Einzige, der hier ans Fenster klopft, ist abends ein Typ, der uns einen Hundewelpen verkaufen will. Klar, genau das fehlte mir noch.
Die Augen der Nationalgarde
Beim Skat regen sich die Jungs über meine kognitive Unfähigkeit auf. Aber wenn die Musik so dermaßen laut spielt, kann ich mich echt nicht aufs Spiel konzentrieren. Jedenfalls mache ich viele Fehler und muss mir entsprechend viel Kritik anhören. Kann irgendwann sowieso nicht mehr sitzen, weil der linke Fuß anschwillt und ich mich hinlegen muss. Die Rückreise nach Tunis war eben selbst auf dem Beifahrersitz ganz schön anstrengend. Dankenswerterweise wird mir das Bett gebaut und alle gehen ins Bett.
Dabei fällt mir auf, dass bei uns immer wieder mal ein Pickup der Nationalgarde vorbei fährt. Die wollen es jetzt aber wirklich wissen und sicherstellen, dass wir Tunesien abgesehen von meinem Unfall nur mit den allerbesten Erfahrungen verlassen. Aber liebe Leute, alles ist gut, und ich muss auch nicht auf dem besten Stellplatz von Tunis stehen. Hab lieber meine Freiheit und Anonymität.
Mides – Gafsa – Jilma – Kairouan – Chgarnia – Hammamet – Tunis – Karthago – Sidi Bou Said | Tunesien | 485 km | 2.358 km
Sicher ein sehr guter Gedanke, einen Fahrer zu beauftragen.
Bei einem Unfall hättest Du in jedem Fall eine Mitschuld, da man Dich als nicht fahrtauglich einstufen würde …
Übrigens, den gebrochenen Fuß auf der Armaturentafel, kein wirklich guter Gedanke.
Was machst Du, wenn der Fahrer plötzlich stark in die Eisen muß …?
Kommt gut heim.