Piste statt Elbradweg: Radtour quer durchs Döbelner Land nach Leipzig
Heute nun geht’s wirklich los mit unserer „Tour de Mamie“. Mein Jüngster nimmt das Regenzeug und die schwere Essenstasche. Klamotten, Schlafsäcke, Isomatten und Zelt kommen in meine gerade erst reparierten Ortlieb-Taschen. Die Idee mit den Hängematten hat sich ja erstmal zerschlagen, denn mein ultraleichtes Lieblingszelt wiegt halb so viel wie 2 Hängematten mit Tarp.
Und während die Tour de France zur Königsetappe nach Isola erst 12:30 Uhr startet, beginnen wir 2 Stunden eher, um ein bisschen Vorsprung rauszuholen. Kurz nach dem Start nötigt der Mechaniker den aktuell Führenden zu einer ersten Reparatur, da er nicht mit ansehen kann, wie dessen Hinterrad eiert. Jetzt aber. Waldschlösschen, Elbradweg, Altstadt. Es rollt.
Kurze Irritation an der Flutrinne. Aber ja, wir fahren natürlich die „Offroad-Geheimpiste“ durchs Gemüse und nicht die Touri-Strecke über den Elbradweg.
In Altkaditz will ich die Sache mit dem Lehmhaus erzählen, aber selbst mein Jüngster kennt nun schon so langsam alle meine Geschichten. Komme also über die ersten Worte nicht hinaus. Klar, auch die Radtour die Elbe runter ist er schon ein paar Mal gefahren. Aber heute sind wir schon nach einer Stunde an der Kiesgrube Coswig. Die 25 km waren früher mit kleinen Kindern eine (schöne) Ganztagesradtour.
Kurz vor Meißen gibt’s im Biergarten am Spaargebirge Soljanka und Schnitzel. Und die Unterhopfung kann man ja auch mit alkoholfreiem Radler bekämpfen.
Im Biergarten merke ich angesichts zweier schöner Steckdosen, dass das passende Ladekabel für die externe Stromversorgung fehlt und ich nur die Powerbank dabei habe. Oh weh, das wird knapp. Bemerke darüber hinaus trotz der sommerlichen Temperaturen unterkühlte Knie. Bestelle mir also noch aus dem Biergarten heraus eine dreiviertellange Radhose zu unserem ersten Etappenziel.
Weiter geht’s nach Meißen, dort über die Brücke und auf der anderen Seite die Elbe runter. Die Stadtverwaltung Meißen weiß natürlich, dass heute die Tour durchkommt und hat als Farbtupfer extra eine schöne 150er ETZ bereitgestellt.
In Zehren verlassen wir den Elbradweg und biegen links auf den Elbe-Mulde-Radweg ab.
Der Elbe-Mulde-Radweg ist aber nur am Anfang ein Radweg und sonst ein Sammelsurium aus Straße, Feldweg und Piste.
Wir machen ein Päuschen und radeln auf unbelebten Straßen weiter durchs Döbelner Bergland. Halte nur ganz kurz für den MAN L2000 an. Da kann ich nicht vorbeifahren.
Bei Rückenwind und heißem Asphalt schlägt die Hitze jetzt voll zu.
Mein Jüngster zieht dennoch stoisch die zum Teil recht steilen, aber immer nur kurzen Anstiege hoch. Ich bin dafür bergab und auf der Geraden schneller.
Pause nach 55 km in Beicha. Wir finden mittlerweile das süße Geschmackswasser in den Trinkflaschen blöd und wollen pures Wasser. Frage also einen Mann auf dem Grundstück nebenan nach ein bisschen Leitungswasser. Er drückt mir gleich zwei Flaschen Lichtenauer in die Hand. Bei ihm läuft gerade die Tour de France, da spielt er gern den Versorgungswagen. Also vielen Dank dem edlen Spender.
Der Elbe-Mulde-Weg ist nun kein besonders berühmter Radweg, aber trotzdem ganz nett.
Am besten sind die Pisten durchs Döbelner Land, auch wenn die nicht so gut zu fahren sind. Dafür bleibt man hier unter sich.
Der für die Mittagspause angepeilte Stausee Baderitz auf fast genau der halben Strecke ist zwar ganz nett, es wird aber vor Blaualgen gewarnt. Nee, hier wollen wir nicht baden.
Kurz vor Döbeln unterqueren wir die A4 und schwenkten auf einen super asphaltierten Radweg auf einer alten Bahnstrecke ein. Das müsste es viel öfter geben, zumal hier früher jedes Dorf an die Eisenbahn angebunden war.
In Döbeln gibt es im Getränkeshop am Bahnübergang eiskalte Cola. Ich gebe derweil die Geschichte zum Besten, wie wir damals im ungarischen Paradies West-Cola und Eis am Stiel genossen haben. Aber seit der Cola-Katastrophe von Athos bin ich trocken und trinke das braune Zuckerwasser nicht mehr.
15:45 Uhr radeln wir weiter zur Freiberger Mulde, auf der wir ja erst paddeln waren. Ab hier kennen wir die Strecke zumindest vom Wasser aus, nur dass mit dem Fahrrad die Kilometer übel schnell vorbeifliegen.
Auch Westewitz ist bekannt und natürlich das Kraftwerk am Scheergrund.
Noch am Klosterbuch vorbei, und schon sind wir in Leisnig. Langsam kommt der Hunger. Der wird zuerst gestillt an einem riesigen Busch mit überreifen Brombeeren.
Danach verspeisen wir hinterm Netto gleich an Ort und Stelle den gesamten Einkauf. Von Leisnig sind es noch 40 km bis zum Ziel am Harthsee. Aber es rollt. Außer wenn ich so einen schönen Weh Fufftzsch sehe.
An der Freiberger Mulde ist die Zeit an manchen Stellen sowieso stehen geblieben.
Das betrifft aber auch die Immobilienpreise. Gibt hier direkt am Wasser tatsächlich Häuser für 50.000 €, sogar mit frisch gedecktem Dach. Aber ab und zu geht halt die Mulde durchs Erdgeschoss. (Ich habe aber glaube ich das falsche Haus fotografiert.)
100-km-Foto auf der Muldebrücke nach Kleinbothen bei 98 km.
Dann über die Hügel Richtung der Leipziger Seen. Jetzt zeigt sich, welche Tourteilnehmer wie trainiert sind.
Die Radwege werden schlechter.
Und auch das erste Leipziger Tagebaurestloch ist ein Reinfall. Der Bockwitzer See ist zwar hübsch, aber gesperrt.
So fahren wir durch den Wald weiter nach Süden. Der Weg ist doof und schotterig, aber der Harthsee erweist sich als wunderbarer Badesee. Wir fahren fast in die letzte Ecke und finden um 20:50 Uhr eine kleine Privatbucht. Also Zelt aufbauen, baden und ab ins Bett. Die Mücken sind einfach zu fies. Irgendwas ist eben immer.
23:30 Uhr wird es mir zu eng im Minizelt und ich gehe bei feinstem Mondschein mal ein bisschen spazieren. Hätte ich mal die Hängematte mit integriertem Mückenschutz mitgenommen. Aber wenn ich das Außenzelt wegmache, ist es in meinem kleinsten, ultraleichtesten Lieblingszelt ähnlich freisichtig. Nur die Enge bleibt. Dabei habe ich in dem Zelt schon mit drei Kindern geschlafen. Wer kann denn auch wissen, dass Kinder mal groß werden.
Dresden – Meißen – Leuben – Döbeln – Westewitz – Leisnig – Podelwitz – Großbothen – Bad Lausick – Bockwitzer See – Harthsee | 124 km | 457,0 m ↑ 470,0 m ↓
Sehr schön.
Unspektakuläre Tour, umso schöner
124 km sind aber schon eher was für fitte Radfahrer, oder liegt es an der Topographischen Lage? 100 km im Hessischen Umfeld Richtung Vogelsberg finde ich persönlich schon eine gute Streckenlänge.
Solche Berichte gefallen mir sehr gut.
Gruß Peter
Wir fahren so eine Tour ja nicht in fünf Stunden, da geht das schon.
Über solche Artikel freun wir uns
Warte mal ab, wenn die Berichte vom Fahrradfahren und Wandern alle deprivatisiert sind. Dann freust du dich, wenn wieder mal ein Artikel über die Toilette kommt…
🙂
Oder du bekommst die Schockstarre, weil dich so viele Wandervögel anschreiben…
🙂
Da habe ich mittlerweile keine Angst mehr, ich kriege wirklich so gut wie keine E-Mails. Kommentare bearbeiten sich da wesentlich besser. Und es ist echt komisch, Kommentare mag ich sehr, E-Mails finde ich so arbeitsmäßig. Das passt einfach nicht.