Dolomitenbiwak 11: Wandern mit Kindern im schlechtwettrigen Südtiroler Spätherbst

Wandern mit Kindern kann auch ganz spontan sein. Und so gab es dieses Jahr das ungeplanteste und kürzeste Dolomitenbiwak aller Zeiten. Immerhin aber schon die Nr. 11.

08.10.2016: Zuganreise nach Brixen und Busfahrt nach Ranui

Eigentlich dachte ich, dass die beiden Jüngsten dieses Jahr wieder in der Sächsischen Schweiz biwakieren wollen. Aber dann hat sich der Interessentenkreis erweitert und das Ziel geändert. Und so wurde es halt ganz schnell ganz anders. Wieder die Dolomiten. Obwohl wir gerade von unserer Kranichtour an die Ostsee zurück waren, waren die 3 Jüngsten begeistert dabei und haben geholfen, die ganzen Sachen für das Dolomitenbiwak zusammen zu packen. Da es aber leider keinen Nachtzug nach München mehr gibt, sind wir als ersten Teil des Abenteuers mit dem ICE nach München gefahren. Trotz der frühen Stunde waren die Kinder erstaunlich fit – und so haben wir im Zug nicht nur gefrühstückt, sondern auch ein bisschen gerechnet und mit einem aus Utensilien des ICE gebastelten Würfelspiel gespielt.

Was man halt so rechnet in der 2. Klasse

Was man halt so rechnet in der 2. Klasse

Auf München hatten sich die Kinder schon lange gefreut, denn schließlich gibt es hier die extra großen Brezeln. Die Brezeln sind immer der Hit und wurden im bereitstehenden Eurocity nach Brixen auch gleich ordentlich angeknabbert. Auf der Zugfahrt nach Brixen haben die Jungs trotz der schon 2 Jahre zurückliegenden letzten Fahrt gleich die ersten Alpenberge wiedererkannt und sich sehr auf Innsbruck, den Brenner und die Dolomiten gefreut.

Mit dem Eurocity durch Österreich

Mit dem Eurocity durch Österreich: Wörgl

Während der halbstündigen Wartezeit am Bahnhof in Brixen ist die Älteste im Bunde schnell zum Supermarkt geflitzt und hat sich anderthalb Kilo Möhren aus Südtirol gekauft. Wir Männer haben in der Zwischenzeit am Trinkbrunnen unsere Wasservorräte aufgefüllt. Es war jedenfalls ein Wunder, dass niemand in das Becken gefallen ist. Schon bald kam der Bus. Etwas erstaunt waren wir aber, als der Fahrer  die Endhaltestelle Ranui nicht kannte, bis zu der ich das Ticket kaufen wollte. Aber hingebracht hat er uns als die letzten Busgäste trotzdem. Obwohl wir zuletzt vor 2 Jahren hier waren, haben die Kinder ziemlich viel wiedererkannt und sich vor allem auf den bekannten „Zeltplatz“ an der Kirche mit dem schönen Dolomitenpanorama gefreut. Der Weg zur Kirche war dann auch kurz, aber steil. Allerdings war diesmal die ganze Wiese eingezäunt. Dafür läuteten uns zahlreiche friedlich grasende Kühe klischeemäßig den Weg. Und schon standen wir an dem kleinen Kirchlein, in dem allerdings noch die Andacht einer deutschen Wandergruppe stattfand.

Das Kirchlein Ranui vor den großen Geislerspitzen mit dem Sass Rigais von 3.025 m

Das Kirchlein Ranui vor den großen Geislerspitzen mit dem Sass Rigais von 3.025 m

Nach ein bisschen Warten waren die Leute endlich weg und mein Technikversteher hat im Halbdunkeln das Zelt aufgebaut. Währenddessen hat das weibliche Reisegruppenmitglied eine Nudelsuppe gekocht. Der Jüngste ist herumgehopst, um sich warm zu halten. Und ich? Ja, ich habe halt einfach so herumgestanden. So gegen 20:00 Uhr waren wir dann im Bett: Die beiden älteren Kinder in je einem eigenen Schlafsack ganz außen, ich mit dem Jüngsten im Arm mit dem dritten Schlafsack als Decke in der Mitte. Zwei große Winter-Isomatten reichen. Unglaublich jedenfalls, was in so ein ultraleichtes Minizelt von gerade mal 1,5 kg Gewicht so alles reinpasst. Und wie wenig das alles wiegt. Möchte ja schließlich nicht mit 40 kg herumlaufen.

09.10.2016: 17 km und 2.300 Höhenmeter von Ranui nach St. Ulrich

Wandern mit Kindern, und das ohne Frühstück

Die Nacht im kleinen Bergzelt war ruhig, warm und kuschelig. Obwohl aber in der Nacht der Regen etwas aufs Dach geplätschert hat, war früh schon besseres Wetter. Nur das Alpenglühen fiel etwas spärlich aus.

Morgenausblick aus dem Ultraleichtzelt

Morgenausblick aus dem Ultraleichtzelt

Ohne groß zu frühstücken räumten wir das Zelt aus, packten alles zusammen und zogen unter den irritierten Blicken des ersten Sonnenaufgangskirchfotografen von dannen. Wandern mit Kindern scheint nicht ganz normal zu sein.

Man braucht nicht viel Ausrüstung für das Wandern mit Kindern

Man braucht nicht viel Ausrüstung für das Wandern mit Kindern

Das Kirchlein gibt aber auch ein schönes Motiv ab – so klein und süß vor den großen Geislerspitzen mit dem Sass Rigais von 3.025 m. Nur das Wetter war ganz unfotogen und irgendwie ganz untypisch für Südtirol. Aber wenigstens haben die Kinder gestrahlt und waren sehr vergnügt. Erst als alle warm waren, gab es eine Frühstückspause. Doch bald schon ging es weiter bergan. Allerdings achtet mein Jüngster wie gewohnt eher auf die Früchte des Waldes als auf die Rufe seiner großen Schwester, die gern (noch) schneller gelaufen wäre. Doch er war halt glücklich mit seinen paar Walderdbeeren.

Ein paar späte Walderdbeeren in den Dolomiten

Eine späte Walderdbeere in den Dolomiten

Kleine Pfade von Ranui zur Geisleralm

Kleine Pfade zur Geisleralm

Komischerweise haben uns auf der Straße sogar einige Autos überholt. Aber das versprach zumindest eine geöffnete Berghütte. Nach endlosem Zickzack habe ich dann unter den misstrauischen Einwendungen meiner Tochter angefangen, die kleinen Abkürzungen durch den Wald zu gehen.

Kakao, Kaiserschmarrn und Zitronenlimo in der Geisleralm

Zu unserem Glück hatte am heutigen Sonntag die gemütliche Geisleralm geöffnet. So konnten wir uns in die warme Gaststube setzen und erst einmal einen heißen Kakao trinken. Danach gab es noch Kaiserschmarrn und 2 x Bratkartoffeln, was wir trotz personeller Überzahl gerade so geschafft haben. Zwischenzeitlich hatte sich die Gaststube beachtlich gefüllt. Nach einer weiteren Runde Zitronenlimonade waren dann alle (einschließlich mir) überrascht, dass wir erst 6 km gelaufen waren. Dafür hatten wir aber beim Wandern mit Kindern in den Dolomiten schon 800 Höhenmeter überwunden.

 

Die Geisleralm in Südtirol, eine nette Hütte mit netter Bedienung

Die Geisleralm in Südtirol, eine nette Hütte mit netter Bedienung

Nachdem die Jungs sich auf dem Spielplatz ausgetobt und vor allem mit der Seilbahn gespielt hatten, sind wir bei einsetzendem Schneefall wieder losgegangen, obwohl ich die Hütte eigentlich als Tagesziel vorgesehen hatte.

Kinderspielplatz an der Geisleralm

Kinderspielplatz an der Geisleralm

Der Adolf-Munkel-Weg unterhalb der Geislerspitzen

Nach einem kurzen Anstieg kamen wir auf den Adolf-Munkel-Weg. Dieser Weg quert die Wälder und Geröllfelder unterhalb der Geislerspitzen.

Der Adolf-Munkel-Weg in den Dolomiten

Der Adolf-Munkel-Weg in den Dolomiten

Aber obwohl es ziemlich hoch und runter ging und es schneite, kamen wir für meinen Geschmack ziemlich zügig voran. Angesichts des Schneefalls und der fehlenden Klettersteigausrüstung sind wir dann aber nicht zur Panascharte, sondern zur Brogleshütte gelaufen. Dort wollte ich dann eigentlich übernachten. Aber das Dolomiten-Wetter wurde und wurde nicht besser. Es schneite sogar noch stärker und war ziemlich nass und kalt. Aufgrund der Kälte konnten wir keine großen Pausen machen. Kurz Traubenzucker und Gummibärchen verteilen – und weiter ging es.

Wandern mit Kindern - Wandern im Schnee

Wandern mit Kindern – Wandern im Schnee

Ernüchterung an der verrammelten Brogleshütte

Und dann war die Brogleshütte, in der wir die Zeit bis zum Abend überbrücken wollten, entgegen der Ankündigung auf den Wegweisern geschlossen.

Die Brogleshütte

Die Brogleshütte

Aber gegen 15:00 Uhr konnte ich ja die Kinder nun wirklich nicht in die Schlafsäcke stecken. Also gab es wieder eine kurze Pause und dann gingen wir weiter. Erst am Broglessattel schließlich riss der Himmel auf und die Südtiroler Sonne schien endlich einmal ein bisschen.

Die Brogleshütte

Die Brogleshütte

Die Welt sah gleich ganz anders aus. Doch über die Geislerspitzen zogen neue Wolken herbei, sodass wir nicht mit Spiel und Spaß auf sonnigen Bergwiesen rechnen konnten, sondern immer weiter laufen mussten.

Geislerspitzen in den Wolken

Geislerspitzen in den Wolken

Abstieg von der Brogleshütte nach St. Ulrich

So kamen wir schon sehr bald wieder unter die Baumgrenze und liefen durch den Wald immer weiter hinab nach St. Ulrich.

Abstieg nach St. Ulrich

Abstieg nach St. Ulrich

Mittlerweile war mir schon klar, dass wir es bis hinab ins Dorf schaffen würden. Unklar war nur noch, ob wir bis hinab laufen müssten oder ob die Seceda-Seilbahn fahren würde. Als wir aber eine Gondel entdeckten, marschierten wir strammen Schrittes über eine wunderschöne, rechts und links steil abfallende Mittelmoräne zwischen zwei ehemaligen Gletschern.

Schöne Mittelmoräne zwischen zwei ehemaligen Gletschern.

Schöne Mittelmoräne zwischen zwei ehemaligen Gletschern.

Screenshot Apemap

Screenshot Apemap

Pausen haben wir dabei eigentlich nur noch zum Fotografieren gemacht. Und tatsächlich waren wir fast die letzten Gäste, die am letzten Betriebstag mit der Seilbahn hinab nach St. Ulrich gefahren sind. So kamen wir jedenfalls ziemlich schnell unten im Dorf an und fanden auch gleich die nächste Bushaltestelle. Und wir waren schon froh, als der Bus kam und uns rechtzeitig nach Brixen an den Bahnhof brachte. Nach 17 km und 2300 Höhenmetern durch Südtirol waren die Kinder dann auch ziemlich kaputt und haben sich gefreut, einfach nur im warmen Bus bzw. Zug zu sitzen.

Doch obwohl ich im Zug extra vorgeschlafen hatte, um noch mit einem Mietwagen in der Nacht bis nach Hause fahren zu können, hatte am Hauptbahnhof in München bei unserer Ankunft um 22:30 Uhr keine Station mehr offen. Ein geeigneter Zeltplatz war auch nicht in Sicht. Auch nicht für unser ultraleichtes Minizelt. Und der Englische Garten ist mir spät abends einfach zu voll. Also sind wir mit dem Taxi noch bis zu einem Hotel gefahren und haben uns dort einquartiert.

10.10.2016: Rückfahrt

Am Morgen danach habe ich die Kinder schlafen lassen. Trotzdem waren sie schon 8:00 Uhr wach. Mit Blick auf den Zugfahrplan sind wir dann ohne Frühstück zur S-Bahn-Station gelaufen, nach Pasing gefahren und dort in den ICE nach Hause eingestiegen. Im Zug haben wir dann erst einmal gefrühstückt und endlich einmal richtig Skat gespielt. Und gegen 16:00 Uhr waren wir dann nach dem kürzesten Dolomitenbiwak aller Zeiten wieder zu Hause.

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5 Antworten

  1. Laura sagt:

    Wie macht ihr das? Meine Kinder wollen bei demWetter nicht raus.

    LG Laura

  2. Tom sagt:

    Tja, ich laufe auch ungern in Regen und Schnee hinein. Aber wenn es kommt, kommt es halt.

  3. Aurel sagt:

    Hallo Laura,

    unsere beiden Kinder spielen auch gern bei Regen draußen. Eigentlich macht das denen nichts aus.

    Aurel

  4. Ruben sagt:

    @ Laura: Es liegt immer an den Eltern, ob die Kinder auch bei schlechtem Wetter raus wollen.

    @Tom: Tolle Wanderungen macht ihr.

    LG, Ruben

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