Serbien: LKWs, Pisten und Unwetter am Vlasina See

Unser Platz hier an der Pčinja unter den Bäumen ist schlichtweg perfekt. Blinzle das erste Mal kurz nach 9 Uhr aus dem Bett, da ist die Sonne immer noch nicht im Aufstelldach.

Brötchen ansetzen, Baden gehen, Essen machen. Frühstück. Start. Will das Kloster Sveti Prohor Pčinjski / Манастир Светог Прохора Пчињског besichtigen.

Aber vorn am Kloster wird doch tatsächlich gerade der ukrainische KrAZ-255 beladen. Halte sofort mitten auf der Piste und stürme zu diesem seltenen Gerätekomplex.

Allerdings bedeutet mir der Fahrer, dass ich den Bus wegfahren soll. Klar, der steht ja voll im Weg. Fahre also schnell über die kleine Brücke, halte dort und renne wieder zurück. Der KrAZ braucht recht lange, weil der Fahrer auf der schmalen Brücke rechts und links nur ein paar Zentimeter Platz hat.

Dann fährt er vorbei und ich schaue etwas wehmütig hinterher.

Aber da zeigt mir ein wildfremder Mann, dass ich ein Stück hinterher fahren soll. Tatsächlich fährt der KrAZ nämlich nur 500 Meter, dann rückwärts durch den Fluss und kippt dort die Steine wieder ab. Ein Traum. Das ist das beste Erlebnis im Urlaub.

Vor lauter Begeisterung vergesse ich ganz und gar das Kloster. Und komme erst in den Serpentinen bergauf auf die Idee, dass ich den Fahrer doch hätte mit einem Lächeln bestechen und ihn wenigstens um eine Mitfahrt hätte anhalten können. Ärgere mich schon und will wieder zurückfahren, aber es werden schon noch mehr alte LKWs kommen.

Jedenfalls schöne Gegend hier in Südserbien. Richtige Wälder mit reichlich gutem Wasser und viel Holz. Nach dem Pass rollen wir die Berge wieder runter und im Tal ab Klenike rechts nach Osten.

Jetzt geht es wieder berghoch, im Prinzip immer dicht an der nordmazedonischen Grenze entlang. Kleine Straßen, aber gut im Zustand. Schiefergebirge mit vielen interessanten Felsen an der Seite.

In Trgovište / Трговиште ein ziemlich großer LKW-Friedhof mit alten jugoslawischen FAP, Famos und TAM. Da muss ein Foto aus der Ferne reichen.

Von Trgovište geht es weg von der Hauptstraße nach Nordosten, weiter die Berge hoch. Das ist die Strecke, die es im Balkanatlas gar nicht gibt. Nur meine tschechische Wanderkartennavigation zeigt eine Straße 234 an der serbischen Südgrenze über die Berge. Und auch im Serbien-Reiseführer ist da ein vager Strich. Google Maps weiß auch von keiner Straße. Egal, wir sind so tief in den serbischen Bergen, dass es ohnehin keine Alternative gibt. Nach einer halben Stunde Fahrt hört die Straße dann auf und die Piste beginnt. Das war ja sowas von klar.

Die Piste ist zwar in einem recht guten Zustand, aber Piste ist eben Piste.

Mehr als 20 km/h sind da nicht drin, diesmal allerdings anders als auf der Südroute zwischen Theth und Prekal nicht bei Vollgas im ersten, sondern ganz entspannt im zweiten Gang.

Stück für Stück serpentinieren wir uns durch dichte Wälder höher in die Berge hinauf.

Können schon langsam fast das gesamte südserbische Gebirge überblicken.

Das einzige Problem ist eigentlich die Kombination aus tiefhängenden Ästen und unserer angeknackten Windschutzscheibe. Erwarte immer, dass es jetzt gleich kracht.

Der Scheitelpunkt ist hinter Crna Reka / Црна Река auf dem 1.500 m hohen Bergsattel Zagranja erreicht.

10 km im Süden liegt Nordmazedonien, 10 km im Osten Bulgarien.

Von da wieder bergab nach Dukat / Дукат. Auf dieser Seite der Berge hat es geregnet und die Piste ist jetzt ziemlich schlammig. Der erste Gegenverkehr ist ein Lada Niva.

Die Gegend ist wesentlich dichter besiedelt.

Gibt sogar schon wieder richtige Dörfer mit Bushaltestellen und normalen Autos vor den Häusern. Aber immer noch keine Asphaltstraße.

Auf den ganzen fast 50 km Piste kommt uns neben dem Lada Niva nur noch dieser TAM 110 entgegen, also ein ganz netter serbischer Unimog-Verschnitt

Ganz unten im Tal nutze ich die erstbeste Wiese, um mich unters Auto zu legen.

Muss den Auspuff neu befestigen, dessen Endrohrhalterung nun endgültig abgerissen ist. Die Jungs kochen in der Zwischenzeit..

Habe natürlich das Schweißgerät vergessen und muss ein bisschen improvisieren.

Hier unten im Tal wird die Piste wohl bald asphaltiert werden. Die Grader jedenfalls waren schon da und es fährt sich wie auf der Autobahn.

Kurz nachdem von links die Brücke mit der Straße 442 auf die 234 einmündet, gibt es auch wieder Asphalt. Allerdings muss vor kurzem ein schweres Unwetter mit viel Hagel runtergegangen sein, denn überall liegen Blätter, Schlamm und Steine auf der Straße. Offenbar fahren wir dem Unwetter sogar hinterher, denn neben der Straße liegen immer noch große Haufen Hagelkörner.

Die Jungs frösteln jetzt sogar.

Am Vlasina-See wollen die Jungs zwar noch lange nicht anhalten, aber wir entdecken eine große Wiese direkt am Wasser und müssen ja nun auch nicht auf Teufel komm raus ins Unwetter reinfahren. Außerdem ist hier doch alles so, wie sie es sich im heißen, trockenen Griechenland gewünscht haben: Es ist kalt und nass. Das sehen sie ein und bestätigen mir den Stellplatz.

Nutze das Abendlicht für eine kleine Erkundungstour ins nahe Dorf. Die Radtour nach Velkovy / Велкови ist ganz nett, aber auch mit ordentlich Höhenmetern verbunden.

Und das Dorf selber bietet außer einer Aussicht auf den Vlasina-See und der lustigen Musik auf einer Hochzeitsparty nichts Besonderes. Ist halt eine Feriensiedlung ohne besonderen Charme.

Die Jungs sitzen in der Zwischenzeit im Bus und spielen Offiziersskat. Doch kaum bin ich wieder zurück, fängt es an zu regnen. Und zwar nicht irgendwie, sondern es fängt an, richtig zu schütten. Ein Wolkenbruch nach allen Regeln der Kunst geht über uns nieder

Die mit Offroad-Situationen hinreichend erfahrenen Jungs haben schon Bedenken, dass wir von der Wiese nicht mehr runterkommen, die gerade voll Wasser läuft. Hmm, da vertraue ich jetzt mal meinen neuen Falken Wildpeak mit dem A/T.

Als es aber zu hageln anfängt, plagt mich die Angst um meine Frontscheibe und ich gehe im schlimmsten Regen raus und spanne das Badetuch davor.

Dann kommt aber Wind auf und das klatschnasse, schwere Tuch fängt an zu flattern. Sehe nun wieder von dieser Seite Gefahr für die Scheibe und muss noch einmal raus, um das Segel wieder einzuholen.

Das ist auch der richtige Zeitpunkt, um die Vorteile meiner eingelassenen Edelstahl-Duschwanne in der Küche vorzuführen. Da kann ich nämlich ordentlich abtropfen und mache den schönen Korkboden nicht nass. Auch die klatschnassen Klamotten kann ich gleich dort im Durchstieg aufhängen.

Von da an regnet und gewittert es eigentlich die ganze Zeit. Und während draußen das Wasser steigt und steigt, sitzen wir warm und trocken im Bus und spielen Skat. Zum Abendbrot Festessen. Also Himbeerpudding als Hauptspeise und Vanillepudding als Nachtisch.

Zum Lohn für unser Verständnis in Bezug auf die heutigen Witterungsunbilden gibt es einen doppelten Regenbogen über dem Vlasina-See. Der Regenbogen ist wirklich hübsch und kann von der Einzigartigkeit her schon fast mit dem KrAZ mithalten. Das ist heute echt der Tag der großen Gefühle.

Und zu warm wird es diese Nacht auch nicht werden. Alles wie gewünscht.

Jablanica / Јабланица – Kloster Sveti Prohor Pčinjski / Манастир Светог Прохора Пчињског – Klenike / Кленике – Trgovište / Трговиште – Crna Reka / Црна Река – Dukat / Дукат – Bosilegrad / Босилеград – Gornja Lisina / Горња Лисина – Vlasina Okruglica / Власина Округлица – Vlasina-See / Власинско Jезеро | Serbien | 137 km | 3.457 km

Morgen geht’s dann immer weiter an den nordöstlichen Grenzen Serbiens entlang zum Donaudurchbruch am Eisernen Tor.

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