Lettland: Lauter Superlative auf dem Naturcamping Pape
Der Naturpark Pape ist zwar für lettische Verhältnisse ein ziemlich großes touristisches Ziel. Dennoch sind wir auf dem Naturcamping Pape fast allein. Eine Wohltat nach dem Touristentrubel auf der Kurischen Nehrung. Nicht, dass es auf dem Campingplatz Nida schlecht gewesen wäre. Aber hier auf dem Bauernhof Mikjāņu Sēta ist alles wesentlich ruhiger und entspannter.
Grüner Naturcamping Pape / Mikjāņu Sēta
Hab schon einiges zum grünen Tourismus in Lettland gelesen. Hier ist er. Der erste Campingplatz mit Mülltrennung. Nur auf der Toilette wird noch nicht getrennt. Aber gerade da macht die Trennung besonderen Sinn. Der Entlüftungsschornstein ist doch schon da. Jetzt noch den Urin separieren, und die Abfalltrennung ist komplett.
Aber auch sonst kann man hier Naturcamping wörtlich nehmen. 100 Schritte zum Waldrand. Dann 100 Schritte bis zu den ersten Dünen am längsten lettischen Strand Europas.
Die Badegäste lassen die Flip Flops einfach in den Dünen stehen. Sagt viel aus über Lettland.
Dann nochmal 100 Schritte bis zum Meer. Barfuß. Natürlich. Wollen ja nicht als Touristen auffallen.
Endlich mal Ruhe am lettischen Naturstrand
Hä? Warum ist hier keiner? Sind die alle auf der Kurischen Nehrung? Der Sand ist doch mindestens genauso schön. Eigentlich sogar schöner. Der Himmel ist noch – ähm – bläuer? Nein Quatsch, der Himmel ist natürlich derselbe. War nur ein Gedankenexperiment zur Steigerung von blau.
Frag mich aber wirklich, warum hier niemand ist. Liegt es daran, dass der angeblich längste Strand Europas schlichtweg zu lang ist für die paar Letten? Oder liegt es daran, dass das Meer hier 5° kälter ist als auf der kurischen Nehrung?
Oder weil es keinen Eisstand im Strandwäldchen gibt? Und kein Restaurant? Ich weiß es nicht. Ist jedenfalls die perfekte Erholung nach dem Trubel von Nida. Zumindest für mich.
Der meiste Regen auf dem Naturcamping Pape
Mittag heißt Hunger. Also die paar Schritte zurück zum Naturcamping Pape.
Müssen wieder mal selbst kochen. Spaghetti mit Tomatensoße und Parmesan. Das geht immer. Danach Fußballturnier. Plötzlich ein fettes Gewitter. So richtig mit Regen, Blitz und Donner. Nicht nur mit Blitzen wie in Schweden auf der anderen Seite der Ostsee. Sondern richtig mit Wasser. Was sind das für Sommer, in denen man sich über Regen im Urlaub freut? Nun ja. Wenigstens ist es schön, im Regen unter der Markise zu sitzen. Nur das Problem mit dem Wassersack ist noch nicht gelöst. Muss ab und zu von unten dagegen drücken und das Wasser rausschwappen lassen. Mir fällt da auch gerade keine konstruktive Lösung ein. Na egal, so viel regnet es ja gewöhnlich nicht.
Das Gewitter ist bald vorbei. So schnell, wie es da war.
Kleine Ausstellung auf dem Naturcamping Pape
Los, raus jetzt. Erstmal zur Administracija vom Naturcamping Pape. Da muss es ein Dorfmuseum geben. Der Durchgang vom Naturcamping aus ist allerliebst. Noch schöner mit einem Reigen toller Kinder. Dieses Foto bleibt aber aufgrund unserer aktuellen Datenschutzregeln privat. Selbstbestimmungsrecht und so.
Junge Leute haben den Hof vor 9 Jahren übernommen und aus dem Dornröschenschlaf erweckt. Vor dem Verfall bewahrt.
Das Landleben wird gleich mit gerettet. Wie hier dieser Naturkühlschrank. Mit dem Schwimmring in den lettischen Farben.
Generell wird die lettische Fahne hoch gehalten.
Das Museum in der Scheune zeugt vom Engagement und der Aufbruchstimmung in Lettland.
Und auch von der Unbefangenheit in Bezug auf die bewegte Geschichte.
Professionelles Tourismusmarketing in Pape…
Generell muss es hier in Rucava oder Pape irgendeinen findigen Tourismusverantwortlichen geben. Nicht nur das Kartenmaterial in dieser naturnahen Einöde mit dem Vogelschutzgebiet rund um den Papesee ist perfekt.
Jeder alte Bauernhof hat ein Schild am Weg stehen mit den wichtigsten Fakten, Grundrissen und alten Fotos. Ganz gleich, ob eingefallen oder wieder aufgebaut. Noch die kleinste Besonderheit wird separat dargestellt.
Dazu gibt es Broschüren in lettisch und englisch. Überall Wanderkarten, Wegweiser, Hinweisschilder. Mein Heftchen ist sogar von 2018. Super. Jetzt müssen nur noch die ganzen Bauernhöfe wieder aufgebaut werden. Aber die Letten sind dran. Hier geht es mit dem Naturkühlschrank los. Jeder Bauernhof hat so ein mit Erde angeschüttetes Gebäude als Nebengelass. Wahrscheinlich muss das berühmte lettische Bier für die Bauarbeiter gekühlt werden. Wenn das erledigt ist, geht der eigentliche Bau los.
…aber wenig Touristen
Und doch gibt es kaum Touristen im Naturpark Pape. Vor allem nicht in unserem, dem südlichen Teil von Pape. Liegt es vielleicht an der abschreckenden Wellblechpiste?
Aber auf der nördlichen Seite am Leuchtturm ist schon eher Betrieb. Da ist wesentlich mehr los. Gibt sogar Eis hier. In einem Zeltimbiss hinter dem eigentlichen Gasthof. Der natürlich braucht noch ein Weilchen bis zur Reaktivierung. Beeindruckt mich immer wieder, wie so kleine Dörfer früher riesige Gasthöfe am Leben gehalten haben.
Der lettischste Leuchtturm Lettlands
Ja ja, ich gebe es zu. Die Bezeichnung habe ich mir ausgedacht. In Wirklichkeit ist es der am dichtesten am Meer stehende Leuchtturm Lettlands. Wie gesagt, ein findiger Tourismusmanager ist hier am Werk. Und dazu gehören natürlich einige Superlative. Tatsächlich regt sich rund um den Leuchtturm schon einiges touristisches Leben. Parkplätze, Campingplätze, Ferienheime. Und trotzdem sind noch Grundstücke frei. Groß und billig. Direkt am Meer. Aber so richtig ist das noch nicht bei den Leuten angekommen. Weder bei den Einheimischen noch bei den Touristen. Aber wir kaufen ja auch kein Grundstück. Haben unsere Mobilie. Jedenfalls beginnt hier am Leuchtturm der Pape Vogelpark. Mit angeblich 271 verschiedenen Vogelarten. Bis jetzt haben wir aber nur drei gesehen. Schwalben, Möwen und Krähen. Sonst nichts. Der Vogelpark mit den am besten verstecktesten Vögeln der Welt also. Behaupte ich mal.
Die Behauptung muss unbewiesen stehen bleiben. Denn wir gehen gar nicht groß in den Sumpf hinein. Sondern am Strand zurück.
Spaziergang am längsten Strand Europas
Frage mich, wie und unter welchen Kriterien man den längsten Strand Europas bestimmt. Muss der durchgehend sein? Ohne Hafen? Ohne Stadt? Zählt die Mole und das kleine Flüsschen hier als Unterbrechung? Und endet der „längste europäische Strand“ eigentlich am allerersten lettischen Grenzstein Nr. 1 ein wenig südlich? Keine Ahnung.
Jedenfalls ist der Strand lang, breit und sandig. Und hier oben gut besucht. Sogar zwei Toyotas stehen auf dem Sand. Es gibt Jetski und Bananenboote. Ach, heute ist ja Samstag.
Zurück auf dem Naturcampingplatz Pape. Ruhe. Einsamkeit. Nach dem Abendbrot und einem Revancheturnier im Fußball noch mal zum Strand.
Bloß die Mücken kommen jetzt in der Dämmerung. Und der allererste Mond nach der Mondfinsternis 2018 geht auf. Dieser Superlativ stimmt sogar.
Infos zum Naturcamping Pape (Mikjāņu Sēta)
- Im Naturpark Pape gibt es kaum Stellen zum Freistehen. Der Park ist einfach zu bekannt.
- Infos zum Pape Naturpark mit wilden Pferden, Auerochsen und Vögeln (auf englisch): Klick
- Die meisten Touristen der Welt fahren ins nördliche Pape auf die großen Plätze.
- Der einzige Naturcamping Pape jedenfalls liegt südlich vom Gasthof. Also kurz vor der Gasthofbrücke links abbiegen.
- Preise und Telefonnummern zum Naturcamping Pape (Mikjāņu Sēta) stehen im Internet nur auf lettisch: Klick
- Die meisten Infos aber finden sich offline. Auf der liebevollsten Naturcampinginfotafel der Welt.
Kurz hinter der lettischen Grenze geht links eine Wellblechpiste zum Meer. Auf der Karte ist der Naturcamping Pape nicht eingetragen. Da, wo Küpeles steht, ist er. Man kann nicht vorbeifahren. Die Piste geht mittendurch.
Hallo Tom, viele Grüße von Maris (dem Chef des Naturcampingplatz). Er hat sich sehr gefreut, dass aufgrund deiner Beschreibung jemand vorbeigekommen ist.
Danke für die Grüße. Ist wirklich ein cooler Typ. Durfte sogar sein blaues Spezial-Metal-T-Shirt fotografieren. Das Motiv wird aber hier nicht verraten…
Hi Tom, die Markise immer schräg einstellen und zwar richtig. Dann läuft das Wasser zu der tieferen Seite ab. Schaut doof aus, ist aber so….
Schöner Bericht. Schaue mir das Naturcamp auch mal an.
LG
Matthi
Ja, das stimmt. Aber auf dem Naturcamping habe ich von unten immer das Wasser rausgedrückt. War schön, draußen zu stehen und dem Regen zuzuschauen.