Bosnien-Herzegowina: Pistenlagerfeuer im Minenfeld
Abschied vom Nationalpark Fruška Gora
Sonnenaufgang. Morgenspaziergang. Alles ruhig am heiligen Berg Fruška Gora.
Nur unsere kleinen Jungs fegen durch den Wald um das Partisanendenkmal. Zeigen ihre ganzen Spielplätze und Entdeckungen. Ah, hier sind ja auch die versprochenen Lindenbäume.
Kunstinterpretation und Geschichtsstunde am bestimmt 50 m langen Bronzerelief rund um das Freiheitsmonument.
Frühstück. Einklappen. Und los. Ach, halt. Noch ein Abschiedsfoto.
Der Nationalpark Fruška Gora ist der längliche grüne Fleck südlich der Donau. Nicht groß und hoch, aber steil. Noch 1921 lebten in Neusatz (heute Novi Sad) und der umgebenden Vojvodina 330.000 Deutsche und der Höhenzug hieß Frankenwald.
Wir müssen erst mal aus den Bergen raus und dann straff weiter nach Süden. Zum Meer. Eine LKW-Kolonne schleppt sich auf der Gegenspur den heiligen Berg hoch. Ich rolle im dritten Gang langsam durch die Serpentinen hinab nach Ruma. Überall Stände mit Honig, Obst und Gemüse. Schade, wir haben noch keine serbischen Dinar.
Syrmien: Tiefebene rund um die Save
Wieder flaches Land rund um die Save. Syrmien. Überall Klöster und Kirchen.
Quirlige Städte. Lange Dörfer. Jeder hat einen Traktor auf dem Hof stehen.
Nur die Größen der Traktoren unterscheiden sich.
Wer kann, hat auch ein Maisfeld vor dem Haus. Und viele Gemüsebeete. Die Vojvodina ist halt die fruchtbarste Gegend Serbiens.
Wütende serbische Paprika
Unser Gemüse hingegen wird langsam knapp. Aber wir haben immer noch keine serbischen Dinar. Ach, die werden doch auch Euro nehmen. Also irgendwann Stopp. Parken am Dom Kulture/дом културе von Lešnica/Лешница.
Einkaufen. Ich versuche es mit meinem russisch-tschechischen Halbwissen. Ja, wir können auch mit Euro bezahlen. Ein älterer Serbe tritt hinzu und erklärt uns in perfektem Niederösterreichisch, wie das mit dem Einkaufen geht. Erst mal selbst alle Beutel mit Was-auch-immer füllen.
Dann bekommt man einen kleinen Pappzettel mit einer handgeschriebenen Rechnung.
Den bezahlt man drinnen mit dem Resteinkauf im Supermarkt. Anschließend den Zettel mit dem Bezahltzeichen wieder draußen vorzeigen. Aha. Das hätte ich alleine nicht kapiert. Vielen Dank. Wir kaufen also etwas zaghaft ein. Bezahlen so 500 Dinar (4 Euro) mit Kreditkarte. Und ich vergesse natürlich den Pappzettel. Bekomme ihn aber nachgereicht. Jetzt dürfen wir unser Tütchen vom Haken nehmen.
Im Bus greifen die kleinen Jungs in die „Paprikatüte“ und beißen beherzt zu.
Und haben Tränen in den Augen. Da muss ich doch glatt auch mal selbst probieren. Auch mir treibt es die Tränen in die Augen. Das Zeug ist wirklich gut. Wo ist das neutralisierende Weißbrot? Jetzt weiß ich: Ljuta heißt wütend. Aha.
Grenzübergang zwischen Serbien und Bosnien-Herzegowina in Karakaj
Also alles kein Problem in Serbien. Auch sonst sind alle freundlich und zurückhaltend interessiert. Die recht zahlreichen Verkehrskontrollpolizisten sehen uns zwar nach, winken uns aber nicht heraus. Mittagspause an einer Tankstelle kurz vor Loznica/Лозница. Und dann bei Zvornik der Grenzübergang zwischen Serbien und Bosnien-Herzegowina. Auf der einen Seite der Drina die serbischen Serben. Auf der anderen die bosnischen Serben. Pässe, Fahrzeugpapiere, Grüne Karte. Alles okay. 5 Minuten und wir sind in Bosnien-Herzegowina. Protest bei den Kindern, denn es gab keine Stempel im Pass. Soll ich noch mal hingehen? Ach nein, so wichtig ist es nun auch wieder nicht.
Republika Srpska / Република Српска
Bosnien-Herzegowina. Ein innerlich geteiltes Land. Erst mal sind wir in der Republika Srpska / Република Српска. Getrennt von Serbien durch den Drina-Durchbruch. Staudamm. Berge. Stausee. Die Dörfer meist mit Kirchturm, ab und zu auch mit Minarett.
Immer noch Einschusslöcher in den Fassaden. Viele Gedenktafeln für lokale Helden an der Straße. Trotzdem ist es richtig schön hier. Nur die Tunnel sind so dunkel. Ahh, ich sollte mal die Sonnenbrille absetzen.
Draußen wieder gleißendes Gegenlicht.
Sonnenbrille wieder rauf. Wieder ein Tunnel. Sonnenbrille ab. Oh Mann. So geht das bestimmt zehnmal. Dazwischen immer wieder fantastische Ausblicke über die Drina nach Serbien. Und dann voll gegen die Sonne die Berge hoch. Kleine Dörfer.
Hier gibt es weniger Traktoren. Dafür mehr Kühe.
Und schöne Berge. Bei der Routenplanung habe ich das Dinarische Gebirge wirklich etwas unterschätzt. Die Strecke ist wesentlich langsamer als gedacht. Aber auch wesentlich schöner als so eine schnöde Schnellstraße durchs flache Land. Auch wenn wir hier bestimmt keine 1.000 km am Tag schaffen.
Pisten durch das Dinarische Gebirge
Und dann wird es richtig gebirgig. Mit Skizentren, Holzhäusern und Fichtenwäldern. Allerdings liegt vieles brach. Straßen wie vor der heimischen Haustür. Also eher Asphaltpisten.
Irgendwann links abbiegen zu einem Kloster/манастир. Ein Kloster ist immer gut für einen schönen Stellplatz.
Noch kleinere Straßen. Und noch kleinere Dörfer. Aber kein Kloster. Oder war das hübsche Kirchlein neben dem zerschossenen Wohnhaus das ausgeschriebene Kloster? Es geht weiter durch ein tolles Hochland. Der Bus schielt. Ach deswegen war es in den Tunneln so dunkel.
Das Asphaltsträßlein wird zur Schotterpiste.
Einsamkeit. Hier bleiben wir. Ein bisschen rangieren. Stopp. Wegen der Minengefahr Stellplatz direkt auf der Piste. Noch eine Geschichtsstunde mit umfassender Minenbelehrung der Kinder. Sie sollen hier nicht wie gewohnt kreuz und quer durchs Gelände streunen. Von allen Seiten Spott und Gelächter wegen der väterlichen Besorgnis. Trotzdem bleiben die Jungs beim Holzheranschleppen immer schön mit den Füßen auf der Piste. Aha, da ist wohl doch ein kleines bisschen Respekt vor den Minen hängen geblieben. Kann in den hiesigen Bergen nicht schaden.
Ich mache mich derweil über den rechten Frontscheinwerfer her. Mein erster Lampenwechsel an einem Düdo/T2 überhaupt. Ob ich das ohne Werkstatthandbuch hinkriege? Siehe da – es geht trotz der engen Einbausituation mit Standheizung und Wischwasserbehälter recht einfach. Halt nur ein bisschen Fummelei, weil man nichts sieht. Die Werkzeugkiste bleibt ungeöffnet. Das Abblendlicht leuchtet wieder.
Dann Sonnenuntergang. Sternenhimmel. Lagerfeuer. Ein traumhafter Abend.
Fruška Gora/Фрушка гора – Ruma/Рума – Sremska Mitrovica/Сремска Митровица – Bogatić/Богатић – Loznica/Лозница – Karakaj (Grenze zur Republika Srpska) – Zvornik – Milići – Sokolac – Smrtići: 243 km / 1.338 km
Am nächsten Tag gab es dann ein bisschen Pistenvergnügen und einen Besuch im abendlichen Mostar.
Weitere Reiseinformationen
LKW-Maut, Dieselpreise und Einreisebestimmungen für Serbien: Reiseinformationen zu Serbien
Alles über die serbische Vojvodina: Wiki
Geschichte der Republika Srpska: Wiki
Karte der Minenfelder in Bosnien-Herzegowina: Wiki
Hier gibt es unsere Reiseinformationen zu Bosnien-Herzegowina.