Radtour ins Vogtland: Flucht vor dem Unwetter

Nach dem gestrigen Ruhetag geht’s heute wieder aufs Rad. 8:30 Uhr Wecken, ordentliches Frühstück und alles zusammenpacken. 10:00 Uhr sind wir auf der Piste.

Bin bisschen besorgt, weil hier um 17:00 Uhr angeblich ein riesiges Unwetter niedergehen soll. Und es ist völlig unklar, wie weit wir auf unserer Bergtour überhaupt kommen. Aber egal, wir machen uns keine Gedanken und fahren einfach los. Die vielen Höhenmeter ins Vogtland werden wir schon irgendwie bewältigen. Und irgendwann werden wir irgendwo schon unterkommen. Haben ja unser kleines Bergzelt dabei.

Hab die Strecke ja mit viel Aufwand von Hand rausgesucht, um das Verhältnis aus Radwegen, Streckenkilometern und Höhenmetern zu optimieren. Aber die Einflussmöglichkeiten sind bei einer Radtour übers Vogtland echt begrenzt. Also muss man seine Mittel anpassen. So hält meine neue, 3/4-lange Radhose nun die Knie warm, was über die Berge bestimmt 20 % Mehrleistung bringt.

Der zusammengepuzzelte Track funktioniert im Prinzip. Nur im Wald hinter München muss ich umplanen, um einen völlig verwachsenen Weg zu vermeiden. Nee, da fahren wir lieber auf der DDR-Forststraße einen Umweg.

So geht es immer auf und ab durch das schöne Thüringen mit seinen kleinen Dörfern.

In Reinstädt kurze Pause an einem W50.

Obwohl wir eigentlich hoch ins Vogtland wollen, müssen wir erstmal runter zur Saale. Ist ja schön hier mit dem ganzen Muschelkalk, aber höhenmetermäßig ist die Radstrecke von Erfurt übers Vogtland ins Erzgebirge eine Katastrophe.


Mittag gibt es nach 45 km in Kahla. Holen neben dem üblichen Kram paar Chili-Salamipeitschen, die so gut schmecken, dass ich gleich noch welche nachkaufe. Wir sind in Thüringen.

An der Saalebrücke Kahla erreichen wir mit 169 Höhenmetern den tiefsten Punkt der Radtour.

Ab jetzt geht es mit den Fahrrädern mehr oder weniger kontinuierlich bergauf ins Vogtland, allerdings immer wieder unterbrochen von Flusstälern. Auf den 300 Höhenmetern aus dem Saaletal raus zieht mein Fünfter davon, wartet aber oben.

Unser Schnitt mit Pausen liegt so bei knapp 15 km/h. Das klingt nicht viel, aber bei 10 Stunden auf dem Rad kommt da schon was zusammen. Dumm ist nur, dass sich der Radwegeanteil doch sehr in Grenzen hält und manche Teilstücke ziemlich stark befahren sind. So wie rund um Neustadt an der Orla.

Aber die Autofahrer sind ausnahmslos sehr rücksichtsvoll, bremsen rechtzeitig ab, warten auf freie Sicht und überholen erst dann auf der Gegenspur. Scheint in Thüringen überhaupt keine Rowdies zu geben. Aber klar, am schönsten sind natürlich die einsamen Radwege.

Vor dem Anstieg ins Vogtland sitzen wir in Triptis nach 73 km vor einem Supermarkt, scheckern Eis, trinken kalte Cola bzw. Limo und essen Kuchen. Weil ich mich dafür interessiere, führt mir die Bäckerin sogar LPG-Kuchen vor, der aus mit Schnaps getränkten Keksen hergestellt wird. Was es nicht alles gibt. Aber Schnaps auf der Radtour fehlte mir noch.

Dann nach Zeulenroda. Dort zwängt sich der ganze Verkehr einschließlich uns durch das Nadelöhr Stauseebrücke.

Machen drüben bei 85 km eine kleine Pause.

Nach Zeulenroda werden die Straßen zwar kleiner und fahrradfreundlicher, aber die vogtländischen Berge bleiben. Am schlimmsten ist der Anstieg hinter Elsterberg mit 20 %. Muss da Serpentinen fahren, um nach 105 km überhaupt hoch zu kommen.

Nach dem Anstieg raus aus dem Elstertal geht uns das Wasser aus, aber in Coschütz kriegen wir von der autowaschenden Bevölkerung anstandslos neues Wasser. Vielen Dank.

Während der ganzen Aktion steht immer das große Donnerwetter heute Nachmittag im Raum und die Wolken verdichten sich zunehmend. Aber wir lassen uns nicht beirren, essen nach 117 km in Treuen am Supermarkt noch mal was und fahren über Auerbach hoch ins Vogtland.

Mein Plan ist, noch über das Vogtland rüber zu kommen und auf der anderen Seite an der Talsperre Eibenstock zu zelten. Jedenfalls will ich es angesichts des drohenden Gewitters auf alle Fälle vermeiden, hier oben auf den höchsten Höhen des Vogtlands zu übernachten.

Doch nach 133 km fängt es dann in Schnarrtanne um 20:30 Uhr auf knapp 700 m tatsächlich an zu regnen. Stellen uns erstmal unter ein Vordach, unter dem ich ja einfach unsere beiden Isomatten ausrollen würde. Frage aber lieber mal die Eigentümer. Die sind zwar ganz nett, aber auch ein bisschen überfordert mit uns Landstreichern.

Doch zumindest geben sie uns den Tipp, noch über den Berg zum Hotel Forstmeister zu radeln und rufen dort sogar extra an, ob was frei ist. Also Regensachen drüber und weiter. Ist echt noch steil und regnet schon stärker. Hinter dem Berg (738 m) lässt der Regen jedoch wieder nach und wir finden das Hotel auf Anhieb.


Als ich ein Zimmer für zwei hungrige Radfahrer bestelle, verweist uns der Mann an der Rezeption gleich auf den Küchenschluss, der in drei Minuten um 21:00 Uhr droht. Mein Jüngster flitzt also direkt hoch ins Restaurant und gibt völlig eigenständig die ganze Bestellung auf, während ich noch die Räder einparke, die Formalitäten erledige und das Gepäck aufs Zimmer bringe. Als ich im Restaurant aufschlage, steht das Essen schon auf dem Tisch. Genau richtig.

Wir sitzen noch eine Weile da, trinken heiße Schokolade und Radler bzw. Cola, geben für die Sonderbehandlung großzügig Trinkgeld und verschwinden dann in unserem Luxuszelt. Mal sehen, wie das Wetter morgen wird. Das für heute groß angekündigte Unwetter jedenfalls ist ein Witz. Kein Gewitter, kein Starkregen, kein Sturm. Da hätten wir auch im Zelt schlafen können.

Erfurt – Kranichfeld – Blankenhain – Kahla – Triptis – Auma – Zeulenroda – Treuen – Auerbach – Schnarrtanne – Schönheide | 136 km | 398 km ges. | 1885,0 m ↑

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