Einblicke ins Heidenauer Allerheiligste

Bericht von der Abholung der Winterreifen für die BMW R100GS und einer Besichtigung im Reifenwerk Heidenau.

Winterreifen für die R100GS zum Wintereinbruch

Normalerweise sind meine Beiträge ja nicht sehr aktuell. Bin aber vom soebigen Besuch im Heidenauer Reifenwerk so begeistert, dass ich nicht länger innehalten kann. Hab nämlich nach der (berichtsmäßig noch fehlenden) Oktobertour in den Norden viel Freude an Motorradreisen gefunden und brauche jetzt Winterreifen für die GS. Kann ja nicht die ganze Zeit mit selbst gebastelten Winterreifen rumfahren.

Bin heute der absolute Klischeekunde, über den sich jeder Reifenhändler „freut“. Denn ich hole die neuen Winterreifen aus dem Reifenwerk Heidenau direkt am ersten Schneetag der Saison.

Führung durch das Reifenwerk Heidenau

Genau genommen ist es aber umgekehrt. Der Winter bricht genau am Tag der Abholung meiner neuen Winterreifen herein. Normalerweise kauft man ja Winterreifen bei irgendeinem Händler, aber das Heidenauer Reifenwerk liegt genau 13 km vom Allerheiligsten entfernt. Kann dadurch die Reifen nicht nur persönlich abholen, sondern noch an einer kleinen Werksführung teilnehmen. Bloß ist jetzt um 9 Uhr gerade Frühstückspause.

Ansonsten produzieren um die 200 Reifenwerker in Heidenau täglich 4000 Reifen, vor allem für Motorräder und Karts, aber auch für Skilifte. Und da steht nicht nur „Made in Germany“ drauf, sondern die werden aus Rohgummi, Draht und Spezialgewebe in einer aufwendigen Prozedur auch wirklich in Deutschland hergestellt. Und zwar genau hier, hier in dieser heiligen Halle.

So ein Reifenwerk ist ja keine Maschine, in die man oben irgendwo Gummi reinkippt und unten purzeln die Reifen raus. Nein, das sind ewig lange Bänder und Produktionslinien und Maschinen, an denen echte Menschen echte Arbeit leisten.

Und jeder von diesen Männern und Frauen legt für seinen Reifen die Hand ins Feuer. Jeder Reifen hat nämlich eine geheime Kennzeichnung, aus denen sich Typ, Maschine und Bediener identifizieren lassen. Aber es gibt wohl so gut wie keine Reklamationen.

Alleine die Reifenwulst, die ich bei der Handmontage von Reifen auf dem Motorrad so hasse, besteht aus mehreren Drähten, die einzeln von Gummi umschlossen, in Form gebracht und in den Reifen einvulkanisiert werden müssen.

Kann mich gar nicht lösen, bin allerdings nicht alleine. Bedaure echt, dass ich auf so einer Werksführung nicht wenigstens eine Stunde an jeder Maschine stehen und mir wirklich alles ganz genau anschauen kann. Aber ich will natürlich auch nicht nerven.

Bin jedenfalls hin und weg von den massiven Maschinen in Hammerschlaggrün, den akustisch und olfaktorisch sehr präsenten Apparaturen sowie den bedeutsam zitternden Anzeigen. Und was heißt jetzt Bombage? Ach, je mehr man weiß, umso mehr weiß man, was man nicht weiß.

Reifen, Made in Heidenau

Am liebsten würde ich mal ein Praktikum in Heidenau an der Reifenpresse machen, um dort genau zu sehen, wie der Gummi in die Form gebracht und mit Profil versehen wird. Nur leider beträgt die Einarbeitungszeit mindestens zwei Monate. Viele Mitarbeiter produzieren schon jahrzehntelang Reifen.

Selbst ich kenne das Heidenau Reifenwerk schon seit mindestens 40 Jahren am selben Standort. Die Halle sieht man gut, wenn man mit der Bahn von Dresden in die Sächsische Schweiz fährt.

Heute beeindruckt mich der Enthusiasmus der Mitarbeiter. Die Rundgangsleiterin zum Beispiel hat privat 4 Motorräder. Oder waren es 5? Jedenfalls krass viel. Und in jeder Ecke hängen statt Pin-ups Motorradkalender. Konnte allerdings nur ein Foto im Laufen machen. Hoffe, man erkennt nichts von den Qualitätssicherungsprotokollen. Aber ganz links ist das Datum markiert. Nur damit man sieht, dass Besichtigung und Beitrag wirklich vom selben Tag sind – ein echtes Novum.

In Heidenau ist spürbar, worauf sich der Ruf deutscher Wertarbeit gründet. Dieses Made in Germany ist hier nicht nur irgendeine Floskel. Hier liegt die Wertschöpfung bei 90 %. Also gefühlt, denn ich hab nicht gefragt.

Jedenfalls gibt es wie schon geschrieben kaum Reklamationen. Generell scheinen die Reifenwerke Heidenau mit einem speziellen Reifenprogramm vor allem auch für Motorräder ziemlich erfolgreich zu sein.

Sächsische Gummis mit Herz

Ach, schön. Eine tolle Werksführung. Sowas würde ich gern öfter mal machen. Und zwar nicht nur wegen den kleinen Werbegeschenken.

Vielleicht hätte ich ja mal nach dem Stollen im Verkaufsraum fragen sollen. Aber die Werbemütze aus dem Heidenauer Reifenwerk passt mindestens genauso gut zur Weihnachtszeit. Beim nächsten Mal müsste ich nur wirklich mit der R100GS kommen, um Winterreifen abzuholen. Ist ja regelrecht peinlich, mit Vierradfahrzeug hier im Heidenauer Reifenwerk aufzuschlagen. Aber wenn ich schon mal mit dem Auto unterwegs bin, schiebe ich auch gleich noch einen kleinen Zwischeneinkauf rein.

Die Reifenwerkstatt im Allerheiligsten ist schon bereit. Wenn nur das Aufziehen der neuen Winterreifen auf der BMW 100 GS auch so schnell gehen würde wie dieser Bericht aus dem Heidenauer Reifenwerk.

Aber ich musste das jetzt erstmal loswerden, sonst vergesse ich alles. Die neuen Reifen für meine GS hingegen, die laufen nicht weg. Ist jedenfalls erstaunlich, wie weich sich die Gummimischung anfühlt. Wollte zwar erst routinemäßig die Reifen zusätzlich seipen, aber das werde ich wohl gar nicht brauchen.

Wie gut die Winterreifen aus Heidenau für die GS aber wirklich sind, muss erst der Test zeigen. Brauche die Reifen ja nicht nur auf winterlichen Straßen, sondern vor allem auf den letzten Offroad-Kilometern bis zum Stellplatz. Denn im Gelände sind bei der schweren R100GS Paris Dakar die besten Reifen gerade gut genug.

Reifeninfos

• Winterreifen sind Heidenau K60 M+S Silica: Klick
• Vorn hat die BMW R100GS Paris Dakar original 90/90-21 54T: Klick
• Hinten sind 130/80-17 69T TT RF eingetragen: Klick