Elbe: Über die Schleuse Geesthacht nach Hamburg paddeln
Das letzte Stück Elbe von Lauenburg über die Schleuse Geesthacht nach Hamburg ist anders, aber auch interessant zu paddeln.
Schiffsverkehr ab dem Elbe-Seitenkanal
Heute soll also der letzte Tag auf der Elbe sein. Wir müssen gegen 10:30 Uhr zur Flut am Wehr Geesthacht sein. Fackeln also nicht lange, machen Tee und packen das Boot.
Dann rauf aufs Wehr Geesthacht. Segeln mit dem Paddelboot wäre gut, aber das haben wir ja gestern schon durch. Nach einem Kilometer sind wir am Seitenkanal, der gut befahren ist. Die meisten Großschiffe scheinen hier lang zu fahren und nicht über die Elbe. Ist ja auch logisch, auf dem Seitenkanal gibt’s keine Strömung, kein Niedrigwasser, keine Bögen. Also ist die Elbe ab jetzt voller Fahrgastschiffe, Schubeinheiten und Großyachten.
Das ist zwar alles interessant, aber nicht mehr so richtig unsere stille, einsame Elbe. Das Atomkraftwerk Krümmel (km 579) ist auch nicht gerade ein Lustförderer.
Schleuse Geesthacht als Paddler
Geesthacht voraus. Treffen am oberen Schleusenkanal eine Paddelgruppe mit zwei RZ 85 und einem Delphin-Faltboot ohne Motor. Muss eine üble Schinderei gewesen sein, das Ding von Magdeburg hierher zu paddeln. Und doch haben die 4 nur einen Tag länger als wir gebraucht.
Teilen vor lauter Mitleid unsere Melone und reichen drei Flaschen Wasser rüber. Das ist allerdings nicht ganz uneigennützig, denn wir haben Überschuss und müssen unser Boot mit Blick auf den Transport zum Bahnhof leichtern. Die Paddler rufen bei der Schleuse an, aber das scheint angesichts der Videoüberwachung und Lautsprecherdurchsagen nicht notwendig zu sein. An der Schleuse warten wir nur kurz, dann fahren erst die Motorschiffe und schließlich die Paddelboote in die Schleusenkammer.
Das Betriebspersonal ist etwas mürrisch mit den trödligen Paddlern, nimmt uns aber anstandslos mit. Dann geht es in der Schleusenkammer zwei Meter runter. Im Unterwasser wie erwartet Flut mit einem Wasserstand von 2,90 m. Bei Ebbe wären das nur 0,90 m und wir müssten dann gegen die auflaufende Flut paddeln.
Ebbe und Flut auf der Tidenelbe
Die per Tidenkalender ermittelte, optimale Zeit für das Verlassen der Schleuse Geesthacht passt schon mal. Nun hatten wir uns so schön ausgerechnet, wie schnell die Flut abfließt, aber scheinbar steht die Elbe auch hier. Da müsste doch eigentlich mehr drin sein. Erst am Ende des Schleusenkanals strömt überhaupt mal irgendwas, weil nun von links das Stromwasser dazu kommt.
Also so richtig schön ist die Tidenelbe nicht mehr. Vor allem aber stark befahren. Wobei stark relativ ist. Insgesamt sind es auf 20 km von Geesthacht nach Hamburg auch nur fünf Güterschiffe, drei Yachten, zwei Ausflugsdampfer und eine Fähre.
Und es gibt auch auf der Tidenelbe vor Hamburg noch ein paar Sandstrände und Gelegenheiten zum Zelten, aber eben nicht mehr so viele. Zudem schwankt der Wasserstand um 2 m. Da muss man echt aufpassen. So sitzt das Boot während einer höchstens fünfminütigen Pause wegen der ablaufenden Flut schon auf.
Bunthäuser Spitze und Süderelbe Hamburg
An der Bunthäuser Spitze trennt sich die Elbe in Süderelbe SE und Norderelbe NE. Die Norderelbe führt in die Stadt, die Süderelbe in den Hafen.
Wir paddeln die Süderelbe, um in Hamburg-Harburg in Bahnhofsnähe auszusteigen. Ein Motorboot kürzt hinter den Bojen ab und wird prompt von der Wasserpolizei angehalten. Uns lassen sie in Ruhe, weil wir so eine schöne frische Bootsbeschriftung haben. Allerdings bin ich misstrauisch, weil wir links fahren, in Hamburg aber Rechtsfahrgebot gilt.
Nach der sonnigen letzten Woche auf der Elbe will es das Wetter noch einmal wissen und türmt über Hamburg Gewitterwolken auf. Jetzt aber schnell.
Aussetzen in Hamburg
Der anvisierte Bahnhofskanal hinter der alten Harburger Elbbrücke ist mit einem riesigen Tor verschlossen. Also zur Bootswerft. Ich will ganz optimistisch über die Slipanlage aussteigen, aber die ist ebbebedingt völlig verschlammt und unbegehbar. Los, zum Steg. 16:00 Uhr fährt der Zug.
Geh vor dem Aussetzen aus der Süderelbe lieber mal fragen, ob wir hier überhaupt rausdürfen. Naja, soll eher eine Information werden, dass wir es tun. Aber die guten Leute sind ganz unkompliziert. Das gehört sich doch. Okay, also können wir hier die Luft aus dem Boot lassen. Ist schon genial, wenn das riesige, sechs Meter lange Grabner Riverstar XXL plötzlich in sich zusammenfällt und als Rolle auf dem Wagen landet. Die Doppelpaddel wiegen zwar nichts, aber die kriegt man auch nur geteilt transportiert.
Als Hauptproblem stellt sich heraus, den schweren, überladenen Bootswagen die steile Rampe hoch zu kriegen. Obwohl Eckla dem Beach Rolly so einen niedlichen Namen verpasst hat, ist der doch robust und vielseitig. Nicht nur, dass wir unterwegs immer einen bequemen Stuhl dabei haben, sondern durch die dicken Luftreifen läuft der Gepäckwagen auch schwer beladen gut über die Absätze und Kanten der Rampe. Fürs perfekte Transporterlebnis fehlen mir eigentlich nur so abgeschrägte Handgriffe wie bei einer guten Sackkarre.
Als ich jedenfalls schwitzend oben ankomme, sehen die Bootswerftler etwas mitleidig auf unsere ganze Paddelausrüstung, und der Chef bietet uns direkt eine Fahrt zum Bahnhof an. Ich ziere mich und will schon ablehnen, denn bei solchen Angeboten weiß ich nie, ob die ernst gemeint sind. Und es sind ja nur zweieinhalb Kilometer bis zum Bahnhof. Aber in Hamburg ist so ein Angebot keine leere Worthülse, sondern Aufforderung ohne Widerspruchsmöglichkeit. Also los, alles wieder abladen und im Auto verstauen. Hauptproblem ist der Bootswagen, aber der lässt sich ja klein zusammenfalten.
Bahnreisen mit dem Paddelboot
Sind also überraschend schnell am Bahnhof. Und selbstverständlich nimmt ein echter Hanseat auch meine Entschädigung nicht an. Aber unser aller Dank ist groß. Denn wie wir gerade auf dem Bahnsteig stehen, knallt ein Blitz runter, es kracht wie verrückt und fängt an zu schütten. Da hatten wir dank der hilfsbereiten Leute von der Bootswerft echt Glück. Möge die bodenständige Werft noch lange vor Immobilienspekulationen im Namen des Hochwasserschutzes bewahrt bleiben.
Am Bahnhof Harburg ist unser 16-Uhr-Zug zwar schon weg, aber wie von der Bahn nicht angezeigt und trotzdem erraten fährt auch 17:00 Uhr noch ein Zug. Nur eben mit so kurzen Umsteigezeiten, dass diese Reise niemandem zugemutet werden soll.
ICE können wir mit dem vollen Bootswagen ja nicht fahren, weil das riesige Ding weder reinpasst noch erlaubt ist. Trotzdem ist es schon genial, wenn man ein komplettes Boot nebst Paddel- und Zeltausrüstung auf dem Wagen verstauen und mit dem Zug nach Hause fahren kann. Auch wenn es ein überfüllter Regionalexpress ist.
Und sooo langsam ist der Regionalverkehr auch nicht. Dazu wesentlich günstiger. Nachteilig sind wirklich nur die Menschenmassen im Zug. Wir kommen gerade so rein. Dafür sind wir pünktlich am Hundertwasserbahnhof Uelzen.
Dort schaffen wir gerade so die vier Minuten Umsteigezeit nach Magdeburg, dort wieder drei Minuten Umsteigezeit bis Leipzig. Und in Leipzig haben wir nur eine Minute, bis vier Gleise weiter der Zug nach Hause abfährt. Aber eine Minute hat sechzig Sekunden, los, das schaffen wir. Und so ist es.
Also alles bestens auf der Heimreise von unserem Paddelabenteuer auf der Elbe. Sind jetzt in mehreren Etappen die ganze Elbe von Melnik über Dresden und Magdeburg bis nach Hamburg gepaddelt. Ist eine tolle Sache, auch wenn man sich das letzte Stück von Boizenburg bis Hamburg eigentlich sparen kann.
Infos
- Lauenburg – Krümmel – Geesthacht – Süderelbe – Hamburg-Harburg | km 572 – km 615 | 43 km | 291 km gesamt
- Gezeitentabelle für die Schleuse Geesthacht: Klick
- DKV-Gewässerführer Ostdeutschland mit Kilometerangaben, aktuellen Hinweisen und Betretungsverboten: Klick
- Tipps und Etappen zum Paddeln auf der Elbe
- Ausrüstungsliste fürs Paddeln