Puez-Krise in den Dolomiten
Die Puez-Gruppe ist nicht unbedingt der beste Einstieg für das erste Mal Dolomiten, aber es gibt immer Alternativen.
Kräuter im Beutel
Bei der Kälte in den Bergen kann man eigentlich so wie gestern nur mit Sonnenuntergang ins Bett. Die Kunst ist, früh dann trotzden liegen zu bleiben, bis die Sonne aufs Zelt scheint. Aber das kann nicht jede. Ist aber auch gut, denn so haben wir mal Fotos von der Zeit vor Sonnenaufgang.
Allerdings wird es draußen trotz Morgengymnastik schnell kalt. Also müssen die beiden alten Berghasen auch vor der Zeit aufstehen. Naja, was soll’s. Erstmal Tee kochen.
Frauen haben ja auch sonst andere Schwerpunkte. Für diesen Kräutertee hätte ich auch hier oben ein bisschen was von der Alm abrupfen können. Stattdessen hab ich jetzt einen Plastikbeutel, den ich erst den Berg hoch und dann wieder runter schleppen muss. Aber man kann sagen, was man will, der Tee sieht gut aus und schmeckt auch so, wie er aussieht.
Tja, und 08:00 Uhr gibt es endlich auch die Honigbrote, auf die unser Piccolo schon fast anderthalb Stunden wartet. Aber komm, auf der Männertour gibt es die frühestens nach dem ersten Kilometer.
Start mit Sonnenaufgang
Ich frage mich, was früh so lange dauert. Denn eigentlich ist der Zeltabbau schnell erledigt: Isomatten und Schlafsäcke zusammenräumen, Zelt abbauen, Sachen einpacken. Schon kann es losgehen. Jedenfalls schlafen wir im Männerurlaub eine Stunde länger und gehen trotzdem 8:30 Uhr los.
Mittlerweile steht die Sonne schon über der Kreuzkofelgruppe und es scheint ein schöner Tag werden zu wollen.
Der Weg führt rund um die sonnige Ostflanke der Geislerspitzen immer leicht bergan. Das sorgt für Wärme von innen und außen.
Nicht so schlimm, wie es aussieht
Und es ist auch wirklich nicht so schlimm, wie es aussieht. Wir sind hier schließlich auf dem gut markierten Dolomitenhauptwanderweg 2.
Nach 1 km am Bronsoijoch (2.421 m) ausziehen. Gibt dazu Tee, Schokolade und Gummibärchen.
Ganz hinten droht schon die Roascharte. Auch die sieht schlimmer aus, als sie ist. Sagen wir.
Der Weg ist wirklich hübsch. Und ja, das da oben ist schon selbige Roa-Scharte. Da müssen wir drüber. Ist wirklich nicht so schlimm. Der Spruch kommt immer wieder, sowohl von mir als auch von unserem Jüngsten. Aber da will sie nicht so richtig dran glauben.
So gegen 11:00 Uhr fängt der Schotter an und es geht hoch. Und es ist wirklich für jeden eine individuelle Entscheidung, ob er es schlimm findet oder nicht. Da helfen dumme Sprüche überhaupt nicht.
Puez-Gruppe oder nicht?
Nach 6 km ist um 11:45 Uhr alles geschafft und wir stehen oben auf der Roa-Scharte bei 2.617 m. Allerdings ist unklar, wie es weitergeht. Ich will ja über die Puez-Gruppe wandern. Aber ich kenne den Weg noch nicht und kann nicht garantieren, dass es nicht wirklich noch blöder wird als bis jetzt. Bin noch nicht einmal sicher, ob das nun ein Klettersteig ist oder nicht. Wir sehen zwar einen Mann in der Felswand verschwinden und dann irgendwann oben wieder auftauchen. Aber das sagt gar nichts. Und damit wir nicht die ganze Zeit nutzlos dastehen und nachdenken, koche ich nebenbei Nudelsuppe.
Tja, fliegen müsste man können. Aber ohne Flügel wird mein Plan rundweg abgelehnt.
Muss stattdessen untenrum laufen. Gehe also miesepetrig auf dem gewöhnlichen Touristensteig durch das Roa-Tal zwischen der Puez-Gruppe links und der Geislergruppe rechts runter zur Regensburger Hütte.
Regensburger Hütte
Die Regensburger Hütte (2.040 m) hat geöffnet, was ich zur Beruhigung der Puez-Krise nutze. Wir haben zwar keinen echten Hunger, aber ein kleiner Kaiserschmarrn sowie Tee und Himbeerwasser verbessern die Laune wieder.
Wir bleiben nur eine halbe Stunde, denn wir wollen ja runter nach St. Christina und auf der anderen Seite rechts vom Langkofelstock wieder hoch Richtung Tierser Alpl. Das sind also noch ordentlich Höhenmeter. Aber wir sind frisch und bergab läuft es sowieso ganz gut, sodass ich meine Bedenken lieber für mich behalte.
Probleme über Probleme
Tatsächlich gibt es Probleme mit den Schuhen und generell mit dem steilen Abstieg. Okay, wenn die Probleme jetzt wirklich virulent werden, müssen wir hier und jetzt Schluss für heute machen. Denn wenn wir erstmal unten in der Stadt sind, müssen wir mangels geeigneter Citybiwakplätze durchziehen und auf der anderen Seite wieder 300 Meter auf die nächste Alm laufen. Glaube wirklich nicht, dass das noch machbar ist. Und bevor wir aus lauter Not in einem Hotel landen, stoppe ich die Wanderung lieber an Ort und Stelle. So sitzen wir in der Sonne, spielen Skat und beobachten, wie die ganzen Leute von oben runterkommen.
Erst als die Sonne ganz weg ist, bauen wir auf dem schon vorher ausgekundschafteten Biwakplatz das Zelt auf.
Unser Jüngster findet derweil im Cislesbach eine Badestelle mit einem Hauch von Sandboden sowie einer Dusche. Er geht auch als erstes rein. Da machen sich die Männer hübsch, auch wenn die Reinigungswirkung von eiskaltem Wasser natürlich eingeschränkt ist. Aber wir wissen eben, dass man beim Dolomitenbiwak nicht auf eine warme Dusche zu warten braucht. Was dagegen öfter mal frei Haus geliefert wird, ist ein schöner Sonnenuntergang.
Kreuzkofeljoch – Malga Medalges – Roa-Scharte – Regensburger Hütte – Cislesbach | 12,1 km | 27,1 km gesamt | 534 m ↑ 1.167 m ↓



















