Ukraine: Das versunkene Odessa und sein realer Campingplatz
Regen, Regen, Regen. Die ganze Nacht. Am Morgen zudem kalter und scharfer Wind. Brr. Also weiter über die Dörfer. Die Straßen sind so breit, dass trotz der 2 Spuren prinzipiell im Gegenverkehr überholt wird. Rechts und links Alltagsarchitektur. Immer grell bunt. Grünes Dach. Blaue Faschen. Lila Tore. Oder umgekehrt.
Dafür sauber durchkonstruierte Denkmale für den Großen Vaterländischen Krieg. Fast immer mit frischen Blumengebinden.
Auf dem Land offenbar breites Selbstversorgertum. Schweine, Hühner, Gänse auf jedem Hof.
Und Kleinhandel mit den lokalen Produkten. Hier Eimer und Äpfel. Vertrauen ist gut, Kontrolle besser. Der Posten sitzt daneben und spielt am Handy.
Und überall werden Kirchen gebaut. Große Kirchen, kleine Kirchen. Immer bunt. Immer mit Goldkuppel.
Kirchen, Paläste und Banken. Die heilige Dreifaltigkeit.
Doch durch die höheren Bauaufgaben fehlt etwas das Interesse für die profanen Aufgaben des Staates. Wie zum Beispiel für die Straßenunterhaltung.
In den Städten gibt es vor allem Handyläden und Hochzeitsausstatter.
Und trotz des ganzen Fortschritts behält man die so typisch sowjetischen O-Busse.
Wird wohl auch bei uns wieder modern werden, wenn die Ölquellen langsam versiegen.
Und noch ein O-Bus, weil’s so schön ist. Erinnert mich immer an eine Verfolgungsszene von Hase und Wolf.
Erst nach 300 km Ostfahrt wird der Regen wärmer. Ab Uman (Умань) Autobahn nach Süden.
Mit Bushaltestellen am Rand, Querverkehr, Traktoren und kleinbäuerlichen Transportvehikeln.
Ab ca. 100 km vor Odessa bessert sich das Wetter. Sonnenblumen, soweit das Auge reicht.
Erste Melonenfelder. Rechts raus zum Einkauf. Es wird langsam mit dem Urlaub im Süden.
In Odessa das erwartete Chaos. Dank Handynavigation erst mal zum Bankautomaten. Dann mit dem Anhänger rein ins Chaos rund um die Markthallen. Kleingewerbe, Handel, Leben. Überleben. Melonen scheinen auch hier die Haupthandelsware zu sein.
Und natürlich Prepaidkarten, Zigaretten, Kaugummis und Coca-Cola. Sowie Blumen und Gestecke in allen Variationen. Bäuerlicher Kleinhandel halt.
Odessa selbst war früher sicher eine beeindruckende südländische Metropole mit tollem Flair.
Auch sonst überall Reste einer vergangenen großen Zeit.
Heute allerdings hält die Stadt nur privates Engagement am Leben. Alles öffentliche siecht dahin. Halbmetertiefe Schlaglöcher, viel Müll und tief ausgefahrene Gleisbetten. Überall streunende Hundegangs.
Es wird spät. Also raus aus der Stadt. Die Straße führt 10 km am Meer entlang, das wir allerdings wegen endloser Industrieanlagen nie zu Gesicht bekommen. Durch Zufall sehen wir dann östlich der Hafen- und Industriezone hinter dem Park des Komsomol einige Zelte. Oha – der Campingplatz Odessa. Also zum OMON-mäßig bewachten Eingang.
Und schon stehen wir für 30 Griben / 3 Euro auf einem sandig-schlammigen Platz inmitten lauter Ukrainer, keine 50 m vom ortsüblich verdreckten Strand entfernt. Dicke Frachter am Horizont.
Die Kinder stürmen das Schwarze Meer. Graben den Strand um. Bewundern die fantastische Kulisse von Odessa am Horizont.
Am nächsten Tag geht es weiter. Immer an der ukrainischen Schwarzmeerküste entlang nach Osten.
Chmelnyzkyj / Хмельницький – Winnyzja / Вінниця – Uman / Умань – Odessa – Campingplatz am Kindersanatorium (Дитячий санаторій „Молода Гвардія“), 530 km / 1680 km