Norwegen / Lofoten: Rorbuer, Zimtschnecken und Angelglück in Å
Zwar ist der Parkplatz nicht unbedingt mein Traumstellplatz. Aber wir bleiben noch, um uns den Ort Å mit seinen Rorbuer anzuschauen. Erstmal einen Überblick verschaffen. Wir sind zwar gestern nicht gerade im Dunkeln, aber doch mitten in der Nacht angekommen. Å ist tatsächlich kaum größer als der riesige Parkplatz mit Buswendeschleife.
Direkt hinter dem Parkplatz stehen endlose Reihen der Stockfischgestelle. Klar, der Stockfisch wird Ostern abgenommen und verkauft. Aber ich frage mich, warum die Köpfe noch immer da hängen und vor sich hin stinken. Was machen die Norweger damit? Verteilen sie nur die Arbeit gleichmäßig über den Sommer? Oder was machen sie mit den Fischköpfen? Fischmehl? Schwer zu sagen.
Gerade, als wir runter ins Dorf laufen wollen, kommt ein Stockfischer. Doch nun ist es zu spät, um mit ihm zu quatschen. Na gut, ein andermal. Blöderweise hatte ich heute früh wie gewohnt aus dem Reiseführer vorgelesen. Darunter auch die überschwängliche Zimtschneckenschwärmerei. Und natürlich ist das erste Gebäude die gekrönte Bäckerei. Alle rein. Das Lädchen platzt gleich.
Tatsächlich ist die Bäckerei eher ein Museum. Drei junge Leute drängen sich in der engen, dunklen Backstube und verfertigen von Hand Rosinenbrötchen, Schokobrötchen und eben jene Zimtschnecken. Ziemlich groß, ziemlich teuer, aber auch ziemlich lecker. Halt der essbare Museumseintritt.
Die Klein-Lofoten auf der Wiese vorm Bäcker sind inklusive.
Am Hafen bieten ein paar schwäbische Angeltouristen ein ganz besonderes Spektakel, als sie einige große Köhler, die als Seelachse gehandelt werden, auf die Seziertische klatschen und dann unter den wachsamen Augen zahlreicher Passanten und Möwen ausnehmen. Obwohl es recht kalt ist, verharren wir eine Weile voller Ehrfurcht vor den 15 kg schweren Fischen. Vergessen das Stockfischmuseum gegenüber.
Scheinbar stehen die Fische rund um die Lofoten auf Papageitaucher. Oder warum sollte man sie dann als Köderimitat verwenden? Weil sie süß sind? Lustig aussehen? Oder gehen die Fische schlicht auf alles, was irgendwie zappelt?
Zum Glück dauert die Zeremonie des Ausnehmens nicht lange. Die Filetstücke landen in der Kühltruhe, der Rest im Eimer. Was sich die Möwen nicht klauen, fliegt in hohem Bogen wieder ins Meer.
Nebenbei hören wir Anglergespräche über das ausstehende Mittagessen. Was gibt’s heute: Fisch, Fisch oder Fisch? Ich glaube herauszuhören, dass einige der Angeltouristen nicht besonders erpicht auf die 25. Fischsuppe im Urlaub sind. Die Möwen sehen das anders. Kaum sind die Angler weg, holen sie sich ihren Anteil.
Endlich geht’s weiter. Å erkunden. Am Meer stehen fast ausnahmslos einfache Fischerhütten, die früher von den im saisonalen Fischereigeschäft tätigen Fischern genutzt wurden und die heute mit Touristen gefüllt werden.
Å ist jedenfalls ein schönes Fleckchen Erde mit fantastischem Licht- und Wolkenspiel.
Nochmal am Hafen vorbei. Ständig laufen kleine Boote mit Hobbyfischern ein und aus. Kleinbusse mit Isotherm-Kofferanhängern. Rollende Kühltruhen?
Im Winter scheint es trotz des warmen Golfstroms auch Schnee zu geben.
Schon ein paar hundert Meter vom Zentrum weg wird es sehr ruhig. Von der Hafenmole aus bietet sich ein schöner Blick auf das Örtchen mit den einrahmenden Bergen Andstabben (links, 514 m) und Tindstinden (rechts, 490 m).
Und natürlich gibt es nicht nur rote Rorbuer für die Fischer (bzw. Fischtouristen), sondern auch richtige, weiße Häuser für die Lofotianer.
Rings um alle Häuser werden Blumenwiesen und Gärten gehegt und gepflegt, manche schon ununterbrochen seit mehr als 100 Jahren.
Genug Rorbuer gesehen. Zurück zum Bus. Mittagessen. 16:00 Uhr. Der Polartag bringt alles durcheinander. Am „Nachmittag“ brechen wir zu einer Wanderung zum Ågvatnet auf.