Auf dem Landweg nach New York: Pannen-Ural als Kunstvehikel

Ich bastle ja auch gern an allen möglichen Vehikeln. Aber was sich diese Gemeinschaft auf dem Landweg nach New York gegeben hat, ist beispiellos. Und so verkonglomeratisieren sich 1 Idee, 2 Männer, 3 Frauen und 4 Ural Beiwagenmaschinen zu einer spannenden Leidensgeschichte, die jetzt nach all den bruchstückhaften Lebenszeichen im Internet als opulenter Bildband zum Anfassen vorliegt.

Auf dem Landweg nach New York. Mit Ural Beiwagenmaschine zur Beringstraße. leavinghomefunction

Ausgerechnet mit der Ural auf dem Landweg nach New York

Eigentlich bereitet der Landweg nach New York schon genug reguläre Probleme. Um aber den Unterhaltungswert ein wenig aufzupeppen, wählen 5 frisch examinierte Kunststudenten ausgerechnet russische Ural Beiwagenmaschinen für ihren Weg in den Osten. Denn sonst wäre die Strecke bis Magadan ja aufgrund der neu ausgebauten Road of Bones viel zu langweilig geworden. Und es würde gar nichts Besonderes zu berichten geben. So wie auf den ersten 5000 km ins georgische Winterquartier.

Da lockern die insgesamt 972 Pannen die Geschichte natürlich dramatisch auf. [Mein Handy weiß es sogar noch besser und transkribiert das gesprochene dramatisch zu traumatisch. Wenn ich mir aber manche Fotos so anschaue, trifft das vielleicht sogar eher den Kern.] Ein traumatischer, zweieinhalbjähriger Landweg nach New York also. Und auch wenn der Plan, auf dem sibirischen Kolyma zum Eismeer zu schippern und dann irgendwie die letzten 2000 km bis Alaska zu überwinden, nicht ganz neu ist, bleibt er doch immer noch genauso verrückt. Erst recht mit diesen Pannenvehikeln.

Auf dem Landweg nach New York. Mit Ural Beiwagenmaschine zur Beringstraße. leavinghomefunction

Leavinghomefunction: Mal richtig raus aus der Komfortzone

Die unstete Gemeinschaft wollte explizit nicht „nur“ auf dem Landweg nach New York. Sondern mal so richtig raus aus der Komfortzone. Und wie die Protagonisten das durchgezogen haben, ist schon beeindruckend. Hat was von Masochismus. Da spielt es auch keine Rolle, dass der Landweg nach New York am Ende gar kein Landweg war.

Aber so ein Kunstprojekt mit 4 alten Ural Beiwagenmaschinen ohne Motorradführerschein und ohne 19er Schlüssel anzugehen, ist schon ein dickes Ding. Wobei – eine gewisse Logik ist da schon zu erkennen. Hinter den Ural mit der Ural. Reisen aus der Perspektive der Einheimischen. Schrauben mit in einem LKW-Wrack gefundenem Werkzeug. Und ja, natürlich gibt es Freaks, die auf die Ural schwören. Und klar, einen zum Schiffsschraubenantrieb umbaubaren Nebenabgang hat nicht jede Beiwagenmaschine. Selbst mediale Aufmerksamkeit und viraler Respekt sind höher als bei einer pannenfreien KTM-Tour. Also kunstmäßig eigentlich alles richtig gemacht mit den Urals.

Ganz folgerichtig trägt das Buch auch keine Seitenzahlen, sondern Kilometerangaben und Pannennummern. 972 Pannen und 42.929 km werden es am Ende sein. Also im Schnitt 44 Kilometer pannenfrei. Und da weiß ich noch nicht mal, ob das Ablassen von Öl und Benzin vor einer Flussdurchquerung am Seilzug auch als Panne zählt.

Auf dem Landweg nach New York. Mit Ural Beiwagenmaschine zur Beringstraße. leavinghomefunction

Ein opulenter Bildband zum Landweg nach New York

Knapp 2 Jahre nach der Ankunft in New York ist nun zu dem Wahnsinnsprojekt ein opulenter Bildband erschienen. Allerdings ohne die üblichen Angeberfotos der Komfortexpeditionisten. Eher lomografisch. Schließlich ist das ganze Projekt auch ohne Bildbearbeitung spannend genug. Leavinghomefunction in Reinkultur also. Die Wirklichkeit der sibirischen Tundra in einem Buch. Fotos, wie sie der Herr des Lichts erschuf. Und gerade deshalb beeindruckend.

Die Komfortzone jedenfalls haben sie wirklich verlassen. Sich den Respekt und die Aufmerksamkeit wirklich verdient. Und nun mit einem beeindruckenden Bildband über einen sehr dornigen Kreuzweg nach New York nachgelegt. Auch wenn die armen Urals nur als austauschbare Vehikel mit profaner Zweckbestimmung missbraucht wurden. War halt alles nur ein Kunstprojekt. Aber ein echt abgefahrenes.

Auf dem Landweg nach New York. Mit Ural Beiwagenmaschine zur Beringstraße. leavinghomefunction

Infos und Quellen zum Landweg nach New York

  • Start am 14.09.2014 in Halle. Zieleinlauf am 09.01.2017 in New York. Macht 856 Kalendertage im Ural-Sattel.
  • Der Geschichtenbildband von der Ural ist 4,5 cm dick und 2,5 kg schwer.
  • Allerdings ist das Buch kein Reiseführer in den Ural. Soll es auch nicht sein.
  • Das Buch ist allerdings kein Reparaturhandbuch für die Ural. Dafür gibt es das Standardwerk „Mit Hammer und Schlüssel“: Klick
  • Mehr zum Buch vom Landweg nach New York mit der Ural direkt bei Leavinghomefunction: Klick

Und warum die Idee von einer Flussfahrt auf dem Kolyma als ein Puzzleteil auf dem Landweg nach New York nicht neu ist, findet sich im Buch Unerkannt durch Freundesland, Seite 383.

1 Star2 Stars3 Stars4 Stars5 Stars (21 votes, average: 4,76 out of 5)
Loading...

Das könnte dich auch interessieren …

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert