Griechenland: Ouranoupoli, Vorhof zur Heiligkeit
Ouranoupoli ist nicht nur ein Touristenort, sondern vor allem Dreh- und Angelpunkt für Besucher und die Versorgung von Athos.
Wilder Stellplatz auf der Straßenkreuzung
Haha, von wegen alte, stillgelegte Straße. Die sieht zwar so aus, so eingewachsen und begrast wie die ist, aber die Straße ist voll in Betrieb. Irgendwo da oben in den Bergen muss ein Dorf sein, denn ab und zu kommen Autos hier an unserem wilden Stellplatz in Nordgriechenland vorbei.
Sind zwar nicht viele, aber wir stehen halt mittenmang auf der Kreuzung und auch noch auf der falschen Seite. Doch die Griechen freuen sich und winken alle.
Früh wird erstmal ordentlich Busputz gemacht. Einer wäscht Wäsche in der großen Eurokiste, einer spült das Geschirr und einer fegt den Boden und hängt die Wäsche auf. Natürlich im Bus, denn wir wollen ja bald losfahren. Dann erst gibt es Frühstück mit frisch aufgebackenen Brötchen. Das alles natürlich immer noch auf der Straßenkreuzung. Solange sich keiner beschwert, fahre ich auch nicht weg.
Nordgriechische Berge bis zum Ioannina-See
Start nach neuer griechischer Zeit um 11:00 Uhr. Die erste Strecke bis Ioannina geht ziemlich über die Berge.
In Ioannina fahren wir natürlich nicht die schnelle Route über die Autobahn, sondern nördlich direkt um den See herum. Die Seestraße führt sehr hübsch und aussichtsreich oberhalb des großen Ioannina-Sees über die Berge.
Dann windet sich die Seestraße um die Autobahn.
Autobahn von Ioannina nach Thessaloniki
Nochmal runter und hoch, und schon kommt eine Auffahrt. Ab da geht es eigentlich nur noch über Brücken und durch Tunnel weiter die Berge hoch.
Landstraße wäre schöner, denn da lernt man das Land, die Leute und ihre LKWs besser kennen. Aber so viel Zeit haben wir dann auch wieder nicht. Heute Abend müssen wir in Ouranoupoli sein, denn morgen früh fährt zeitig die Fähre nach Athos. Trotzdem kriege ich neben der Autobahn einen schönen Mercedes SK 3544 AK vorgeführt.
Nach 25 km Autobahn ist bei Metsovo (Μέτσοβο) mit 1.674 m der Scheitelpunkt der Autobahn A2 durch das Pindosgebirge (Πίνδος) erreicht und es geht wieder bis auf 700 m runter.
Auf der Höhe bleibt die Autobahn, um dann ab Polimilos (Πολύμυλος) wieder recht steil bis zum Meer an Höhe zu verlieren.
Schöne Strecke, schön zu fahren, preiswerte Maut. Von Ioannina ins Flachland vor Thessaloniki bezahlen wir auf der A2 vielleicht 20 € Maut. Vor allem aber kann man gleich vor Ort in einer kleinen Station bezahlen und braucht keine Mautbox oder irgendwelche anderen Vorbereitungen. Lohnt sich echt. Lustig ist nur, wie das Mautpersonal immer mit einer langen Stange prüft, ob der Bus über 2,70 m ist oder ob wir vielleicht doch noch den billigeren Tarif kriegen. Aber klar, wir zahlen für LKW.
Thessaloniki
Die Jungs kochen zwischendurch ganz entspannt Mittagessen und so sind wir schon am frühen Nachmittag in Thessaloniki. Gleich am Ortseingang wieder ein schöner 4-Achser. Gibt einige Mercedes SK in Griechenland.
In Thessaloniki fahren wir nicht außen auf der Autobahn vorbei, sondern direkt auf der Strandpromenade durchs Zentrum.
Das ist nun nicht gerade eine Stadtrundfahrt, aber mehr Kultur ist gerade nicht drin. Und es sind es sowieso eher die kleinen Dinge, die eine Reise reisenswert machen. Na gut, die Kirche der Heiligen Brüder Kyrill und Method ist natürlich auch nicht schlecht. Die beiden Slawenapostel waren im 9. Jahrhundert immerhin die Begründer (des Vorläufers) der kyrillischen Schriftsprache.
Ein bisschen Bildungserwerb ist ja nicht schlecht, aber ich mag auch ganz profan ortstypische Supermärkte. Also keine Ketten, sondern wirklich kleine Läden. Allerdings ist das in Thessaloniki-Zentrum schwierig. Wir sind schon durchs Zentrum durch und haben immer noch nichts gesehen. Google Maps zeigt zwar endlos Supermärkte an, aber das sind immer nur irgendwelche kleinen Eckläden, vor denen ich das Parken komplett vergessen kann.
Breche also mit meinen Prinzipien und lasse mich mal zu einem Lidl navigieren. Der liegt fast an der Strecke und hat einen vernünftigen Parkplatz. Obwohl ich mich ganz schön schäme, haben wir trotzdem unseren Spaß. Gibt vor allem in der Backwarenabteilung ganz lustige Übersetzungsergebnisse. Nein, wir kaufen aber keine „Wursttorte mit dir“.
Mit diesem Einkauf müssen wir die nächste Woche auf Athos überstehen. Ich habe ja überhaupt keine Ahnung, wie das dort abläuft, will da aber auch auf nichts angewiesen sein. Gehe zudem davon aus, dass wir dort nichts kaufen können. Und irgendwie soll im Kloster auch gerade eine Fastenzeit laufen. Wir kaufen neben zahlreichen Backwaren vor allem Getränke, Gemüse, Brot sowie ein bisschen Joghurt und Milch. Der Kühlschrank ist ja schon wieder kaum zu gebrauchen.
Inland von Chalkidikí
Es ist erst 17:00 Uhr und wir haben noch viel Zeit. Fahren also die langsame Strecke durch das bergige, innere Chalkidikí.
Endlich gibt es also wieder kleine Straßen mit richtigen Kurven.
Auch wenn an Chalkidikis Küsten der Tourismus brummt, ist das Binnenland doch noch recht ursprünglich.
Dann taucht am Horizont der Bergkegel des Athos auf. Dieses Bild kennen wir schon von der unorthodoxen Oster-Reise nach Chalkidikí.
Parkplatz am Pilgerbüro Ouranoupoli
19:00 Uhr sind wir in Ouranoupoli. Jetzt ist die große Freiheit erstmal vorbei und wir unterliegen mitten im Urlaub plötzlich wieder Terminen, Zwängen und Verpflichtungen. Hab erst meine Schwierigkeiten, mich mit den weltfremden Beschreibungen „meiner“ Mönche zurechtzufinden und drehe auf der Suche nach dem Pilgerbüro eine Ehrenrunde durch Ouranoupoli. Das kleine Städtchen hat ja nur eine Straße, da werde ich wohl das Pilgerbüro auch so finden.
Einmal hin und zurück, dann ist das Pilgerbüro gefunden. Daneben ein großer Parkplatz mit lauter kleinen Stellplätzen. Passe ich da drauf? Gemeinsam mit dem Parkplatzwächter finden wir dann doch noch ein Plätzchen für den Bus. Los, ab zum Strand.
Ouranoupoli als Tor nach Athos
Und ja, die paar Meter bis zur Fähre Ouranoupoli können wir auch noch laufen. Taverne links, Taverne rechts. Hätte mit mehr Heiligkeit gerechnet. Aber gemäß dem Chalkidikí-Reiseführer sind die beiden großen Hotels Eagles Palace und Xenia in Ouranoupoli wohl ziemlich berühmt und entsprechend ausgebucht. Das passt auch, dann da können die russischen Pilger ihre Frauen in der Zwischenzeit im 5-Sterne-Spa einsperren.
Trotzdem kokettiert Ouranoupoli mit der klösterlichen Frömmigkeit und ist natürlich auch ein Umschlagpunkt für Devotionalien aller Art. Auf Fotos sehen wir auch schon „unser“ Kloster Simonos Petras, wobei ich noch überhaupt keine Ahnung habe, ob und wie wir dorthin kommen. Schließlich ist die Gegend rund um den Berg Athos extrem steil und das Kloster liegt auf einem Felssporn. Naja, notfalls muss mich der Unimog hochschleppen. Wobei Quatsch, der fährt ja gar nicht. Den soll ich ja erst reparieren. Hmm.
Ouranoupoli heißt auf Deutsch sowieso Himmelsstadt (Chalkidikí-Reiseführer, Seite 162). Obwohl dieser Name nichts mit Athos, sondern mit einem Spinner des Helioskults zu tun hat, klingt das doch schon so wie der Vorhof zur Heiligkeit. Und der Wehrturm Prosphorion von 1344 bietet auch einen Vorgeschmack auf die Klöster von Athos.
Das eigentliche Tor zu Athos ist jedoch der Hafen von Ouranoupoli. Und da liegt doch auch schon ein ganz schön rostiger Kahn. Fahren wir etwa mit der Fähre Agia Anna rüber nach Athos?
Die Agia Anna ist doch schon voll, wenn wir drauffahren. Na, mal sehen.
Parken in Ouranoupoli
Der Himmel über der Himmelsstadt Ouranoupoli spielt jedenfalls mit und bietet ein ordentliches Spektakel.
Ein Stück in Richtung Athos gibt es ein altes verfallenes Kloster mit schönen Mosaiken. Allerdings halten uns drei Feuerwehren auf, ein Iveco, ein Atego und ein MAN LE 10.180.
Gehe aber eigentlich nicht wegen der Klosterruine dahinter zur Grenze nach Athos, sondern suche einen Stellplatz fürs Wohnmobil. Hinter Ouranoupoli könnte man auf einem wilden Parkplatz prinzipiell gut stehen. Die Halteverbotsschilder scheinen niemanden zu interessieren, denn es gibt zahlreiche Langzeitparker. Nur keine Wohnmobile.
Egal, wir haben unseren Parkplatz in Ouranoupoli und können noch ein bisschen schlendern. Jetzt am Abend, wenn die ganzen Badegäste weg sind, ist es ganz hübsch am Strand. Tagsüber aber herrscht hier am Strand von Ouranoupoli bestimmt übles Gedränge.
Es wird spät. Zu spät für Klosterruinen. Also zurück durch Ouranoupoli. Gibt einige Shops für Ikonen und solches Zeug. Von irgendwas müssen die Mönche ja auch leben.
Alles auch auf Russisch beschriftet. Auch Rumänen und Serben scheinen viele hier zu sein. Klar, Athos ist ja ein orthodoxer Klosterberg. Lustig ist nur der Mix mit den üblichen Ramschläden für Strandbedarf.
Sorry, aber mir geht gerade die Vorstellung nicht aus dem Kopf, wie ein Mönch in tiefschwarzer Kutte neongelbe Kescher für seinen Fischteich begutachtet. Oder wie umgekehrt eine Pilgerfrau im grellpinken Bikini im Ikonenshop auf Andenkensuche ist. In Ouranoupoli prallen halt tatsächlich zwei Welten aufeinander.
Wir stehen hier im Verschiebebahnhof von Ouranoupoli zwar nicht schön, aber zentral. Müssen morgen wegen der Einreisezeremonie in die Mönchsrepublik Athos sowieso zeitig raus. Gibt einiges zu tun, bis der Bus auf heiligem Boden rollt.
Hi. Ktismata – Kalpaki / Καλπάκι – Ioannina / Ιωάννινα – Kozani / Κοζάνη – Thessaloniki / Θεσσαλονίκη – Thermi / Θέρμη – Poligiros / Πολύγυρος – Ierissos / Ιερισσός – Ouranoupoli / Ουρανούπολη | Griechenland | 446 km | 2.790 km
Infos zu Ouranoupoli und dem Pilgerbüro
- Aktuelle Auflage des hervorragenden Chalkidikí-Reiseführers von Klaus Bötig (DuMont 2022, unsere zerschmökerte Auflage ist von 2017): Klick
- Infos zu den Brüdern Kyrill und Method, den beiden Slawenaposteln: Wiki
- Wer noch das Pilgerbüro sucht, für den mache ich mal einen Marker in der Karte von Ouranoupoli.
- Der bewachte Parkplatz Ouranoupoli ist direkt gegenüber vom Pilgerbüro (1 Tag 8 €, 1 Woche 25 €)
Thessaloniki, so schrecklich es scheint, hat durchaus auch nette Seiten. Empfehlenswert die Altstadt (παλαιά πόλη), vom Zentrum Richtung bergauf gehen, dort schöne Gassen und eine schöne alte Kirche, Ag Nikolaos Orfanos (Αγ Νικόλαος Ορφανού). Oben auf dem Berg das alte Kastro, diente einige Zeit als Knast (Fylakes-Φυλακές) ist besichtigen. Da oben gibts auch schöne Tavernen wo man abends nett sitzt und Blick über die Bucht hat.
Ach Quatsch, Thessaloniki ist und scheint doch nicht schrecklich. Besonders schön finde ich die alte Stadtmauer. Aber ich muss im Urlaub schon ein ausgewogenes Angebot für Eltern und Kinder machen. Da sind Städtebesichtigungen jetzt nicht mehr drin.
Hallo Tom,
ich bin gespannt wie Ihr den Athos empfindet. Ich bin vor etlichen Jahren sieben Tage zu Fuß unterwegs gewesen, Simonos Petras, habe ich als eines der schönsten Klöster erlebt, in denen ich übernachten durfte. Auf mich hat der heilige Berg eine nachhaltig beindruckend beruhigende Wirkung ausgeübt.
Damals im Kloster Iviron habe ich sogar das Angebot erhalten dort arbeiten zu können, für mich ein verlockendes Angebot, in aller Konsequenz wollte ich das damals nicht. Nach mehreren Tagen vor Ort in einer Einsiedelei wo wir mit „Gastarbeitern“ 😉 aus Oranopulis und anderen Pilgern, unter der Anleitung des dort lebenden Mönch, Olivenbäume freigelegt und Wildwuchs beseitigt haben, ging es wieder fast wie im Kulturschock nach Tepmania zurück…
Ich wünsche Euch eine wunderbare Zeit, lasst die Atmosphäre wirken.
Gruß Peter
Wir sind ja auch nur als Gastarbeiter auf Athos und warten in Ouranoupoli auf die Fähre nach Athos, wobei die Einreise für uns Arbeitsimmigranten ja gar nicht so einfach ist. Aber vielen Dank für deine Geschichte.