Skiti Agia Anna: Basislager am Athos

Nea Skiti und die Skiti Agia Anna wirken als Basislager am Heiligen Berg Athos wie Bungalowdörfer mit Maultier- und Bergführerservice.

Skete, Skite oder Skiti Agia Anna?

Vom Kloster Agiou Pavlou reicht mir die Außenansicht. Je mehr ich jetzt laufe, desto eher bin ich morgen früh auf dem Gipfel des Mount Athos. Zumal das Wetter schnell wechseln kann. Wäre ja doof, wenn ich oben auf dem Berg bin und keine Aussicht habe. Also noch ein Blick zurück auf den Schotterbruch und den alten Wehrturm vom Kloster Agiou Pavlou.

Dann durch das Tor und weiter den Berg hoch.

Hier am westlichen Abhang des Athos gibt es einige Siedlungen, die als bester Ausgangspunkt für Wanderungen hoch zum Mount Athos gelten. Agia Anna wäre gut, das liegt schon 300 m über dem Meer. Aber die Mönchssiedlung der Heiligen Anna macht es mir nicht leicht. Denn so eine größere, aus mehreren Zellen bestehende Kloster-Dependance heißt auf Griechisch Σκητη. Da der gleich zweifach vorkommende griechische Buchstabe η aber sowohl e als auch i bedeuten kann, gibt es diverse Möglichkeiten, Σκητη Αγία Αννα korrekt ins Deutsche zu transliterieren.

Auf meiner Karte steht nur Sk. Agia Anna. Im Internet gibt’s alle möglichen und unmöglichen Formen, gern auch kreuz und quer gemischt:

• Sketae Agia Anna
• Skaete Agia Anna
• Skete Agia Anna
• Skite Agia Anna
• Skiti Agia Anna

Dann noch das Problem der Konjugation und Pluralbildung. So ein Theater um die richtige Schreibweise. Da ich keine Ahnung vom Griechischen habe, frag ich meinen Mönch. Der gibt natürlich eine typisch mönchische Antwort: Man kann beides sagen, und ich soll mir die schönste Variante raussuchen.

Na toll. Stehe ich wieder da. Entscheide mich also für das Begriffspärchen Skiti im Singular und Skiten im Plural. Echt, über so einen Mist denkt man nach, wenn man den ganzen Tag alleine wandert.

Aufstieg nach Nea Skiti

Aber noch ist die Skiti Agia Anna weit weg. Erstmal muss ich ein Stück am Hang hoch und dann nach Néa Skiti. So wenig, wie der Weg begangen ist, scheinen die meisten Besteigungen des Mount Athos direkt in Nea Skiti oder Agia Anna zu beginnen, wo es jeweils eigene Fähranleger gibt.

Am Hang stehen schon bald die ersten Häuschen. Dieses ist verlassen. Hier könnte ich doch biwakieren? Nee, von der Zelle geht ein übler Geruch aus.

Noch ist es ja nicht richtig dunkel. Dazu scheint der Mond recht hell.

Test der Gastfreundschaft im Bungalowdorf Néa Skiti

Muss trotzdem schon bald mit dem Handy leuchten, damit ich überhaupt noch was sehe. Hab die Stirnlampe ja im Interesse einer ultraleichten Trekkingausrüstung eingespart. Im Nachtmodus versucht mein Handy natürlich krampfhaft, die Fotos heller zu machen. Aber sonst würde man ja nichts sehen.

Jedenfalls stehen hier an diesem bewaldeten Hang eine Vielzahl kleiner Häuschen. Ich würde schon fast sagen Bungalows. Also wenn Nea Skiti nicht die Cote d’Azur vom Athos ist, was dann?

Kann mich kaum verlaufen, denn der Weg ist breit und ab Nea Skiti gut begangen. Hab aber das Problem, dass neben dem Weg nirgendwo Platz für mein Biwak ist. Der ganze Hang ist vollkommen zersiedelt.

Vielleicht lässt mich jemand im Garten schlafen. Frage daher in Néa Skiti an mehreren Häusern, ob ich hier übernachten kann. Aber entweder macht gar keiner erst auf oder die Mönche weisen mich recht barsch ab. Obwohl es stockdunkel ist, soll ich weiter zur Skiti Agia Anna gehen. So scheitert mein erster echter Übernachtungsversuch bei Mönchen. Dabei wollte ich nur auf einem geraden Stück im Garten schlafen und nichts zu essen haben.

Nachtaufstieg zur Skiti Agia Anna

Naja okay. Ich verstehe das und würde normalerweise sowieso niemals nicht irgendjemanden mit so einem anmaßenden Übernachtungswunsch behelligen. War halt ein Test. Denn von Athos wird gern kolportiert, wie gastfreundlich die Mönche sind und dass man da jederzeit Unterschlupf findet. Doch auch in dieser Hinsicht sind Mönche ganz normale Menschen, die abends ihre Ruhe haben wollen. Bloß gut, dass ich das mal getestet habe. Wer also ernsthaft eine Übernachtung bei Mönchen versuchen will, sollte das auf alle Fälle vor Sonnenuntergang klarmachen.

Und bloß gut, dass ich mich nicht habe bequatschen lassen und komplett autark bin. Nur ist es gar nicht so einfach, selbst nur mit der Isomatte einen Schlafplatz zu finden. Der Hang zwischen Nea Skiti und Skiti Agia Anna ist entweder steil, zugewachsen oder eingezäunt. Die Zäune sind zwar jetzt nicht so mein großes Problem. Aber auf jeder Wiese trappeln Maultiere herum, die man sicher für den Aufstieg zum Athos mieten kann.

Die Beine werden langsam schwer und mein Handy hat kaum noch Strom. Aber ich finde und finde keinen Biwakplatz. Vielleicht ist ja in der Skiti Agia Anna was.

Übernachtung in Skiti Agia Anna

Die Skiti Agia Anna ist nun kein Dorf im herkömmlichen Sinne. Wenn in den einzelnen Häusern kein Licht brennen würde, würde ich von der Skiti gar nichts mitkriegen. Aber Schlafplätze gibt es hier immer noch nicht. Und noch mal irgendwo anzuklopfen, ist mir jetzt auch zu doof.

Laufe also an der Skiti Agia Anna vorbei. Jetzt reicht es aber. Muss wirklich Schluss machen für heute. Stockdunkel ist es sowieso. Dieses Foto hat mein Handy mal richtig belichtet.

Jedenfalls sinken meine Ansprüche und ich schlage mein Biwak am unromantischsten aller Plätze direkt neben dem Weg auf. Muss nur einem Maultier nebenan gut zusprechen, das wegen mir ganz aufgeregt ist. Ach, ist das schön, hier auf meiner Luftmatte zu liegen und mich in den Daunensack zu kuscheln. Das sind neben dem Rucksack echt die wichtigsten Bestandteile meiner Trekkingausrüstung. Brauche nicht mal den Biwaksack, denn die Nacht verspricht klar und trocken zu werden.

Bin jetzt um 21:30 Uhr echt müde. Waren heute ja doch 20 km und 3700 Höhenmeter von Dafni über die Klöster Simonopetra, Grigoriou, Dionysiou und Agiou Pavlou bis hierher zur Skiti Agia Anna. Ach so, in Thessaloniki um 4:15 Uhr aufgestanden bin ich ja auch. Was für ein Tag. Also Augen zu jetzt. Morgen beginnt der Aufstieg auf den Athos-Gipfel.

Infos zur Skiti Agia Anna

• Die Skiti Agia Anna gehört zum Kloster Megisti Lavras
• Gründung der Skiti: 16. Jahrhundert
• Anzahl der Mönche: 85
• Besonderheit: Älteste und größte Skiti am heiligen Berg; Ausgangspunkt für die Besteigung des Mount Athos
• Reliquie: Schädeldecke der Heiligen Anna, Marias Mutter
• LKW-Sichtungen: Keine, dafür viele Maulesel
• Zufahrt: Keine; Letzte Piste bis Agiou Pavlou
• Fähranleger: Nea Skiti und Agia Anna
• Mehr Infos zur Skiti Agia Anna: Klick
• Wanderstrecke: Agiou Pavlou – Nea Skiti – Skiti Agia Anna | 3,8 km lt. Karte | 1,00 h netto | 401 m Aufstieg | 298 m Abstieg | 699 m gesamt (roter Teil des heutigen GPS-Tracks)