Rumänien: Die Transfogarascher Serpentinenabfahrt mit dem Fahrrad
Die Nacht oben am Bilea-See auf dem Transfogarasch war kalt wie erwartet, was mir mit meiner Daunenmumie (vor einem Jahr für unglaubliche 1.600 LOM* als FDGB**-Ware erstanden) jedoch keine Probleme bereitete. Am Morgen hatten wir glasklare Sicht, so dass wir beinahe Wandern gegangen wären.
Da aber Wolkenfetzen die Berge ringsum einzuhüllen begannen, packten wir unsere Kähne und zogen von hinnen.
Vor dem Transfogarasch-Tunnel trafen wir drei rumänische Ex-Radprofis, die wir aber trotz einiger Fotografierpausen bergab mit teilweise bis zu 80 km/h abhängten. Die 20 km Serpentinen bis zum Stausee waren überwältigend! Schade nur, dass wir nicht durchprasseln konnten, da A ständig die Schönheit der Berge auf Orwochrome bannen musste.
Bei einer Mittagspause am See kamen rumänische Radler, überschütteten uns mit unverständlichen Worten und schoben uns ein Brot, eine große Jagdwurst und viele Fleischklößchen in die Packtaschen, ohne dass wir sie davon abhalten konnten. Und dann besaßen sie auch noch die Unverfrorenheit, unser Pfund Rosinen nicht annehmen zu wollen! Es bedurfte jedenfalls großer Hartnäckigkeit, um sie dazu zu bringen, unsere seltenen Rosinen einzustecken.
Der Stausee ist im übrigen wieder bis oben voll. Es ist ein herrlicher und zugleich ungewohnter Anblick, über der großen Wasserfläche die zum Teil schneebedeckten Berge zu sehen.
Auch unten auf der Südseite ist die Transfogarascher Hochstraße mit den zahlreichen Brücken schön anzusehen.
In Curtea de Arges rasteten wir am Markt und sondierten die hiesigen Preise für Gemüse: 500 g Tomaten = 5 Lei; 1 Stück Paprika = 3 Lei; ein Glas Honig = 30 Lei; 0,25 l Limonade = 2,25 Lei; 100 g Eis = 1,75 Lei, wobei 3 Lei einer LOM entsprechen). Gerade als wir losfahren wollten, sprach mich ein Mann wegen Zigaretten an. Als ich die rot-weiße Schachtel in der Hand hatte, bildete sich sofort eine Traube um mich, denn jeder Handgriff unsererseits wurde von den Leuten genau beobachtet. Für je 50 Lei setzte ich sieben Schachteln ab, dann fuhr ich los. A aber hatte Probleme, die vielen geldscheinschwingenden Rumänen von sich fernzuhalten. So wühlte ich erneut in meiner Packtasche, in der die Leute die Zigaretten wussten.A konnte in der Zwischenzeit vom Markt auf die Straße fahren. Dort bereitete uns die Wegfahrt dann keine Mühe mehr. Die restlichen 50 km waren von sechs Hügeln mit einigen 8%-Auffahrten und ziemlich schwülem Wetter geprägt. In der hügeligen Vorgebirgslandschaft sind uns vor allem die vielen Obstgärten aufgefallen.
Ab Cimpulung, einer sehr schönen Stadt mit einem breiten, von Bäumen umsäumten Boulevard, hatten wir Probleme, einen Zeltplatz mit Wasser zu finden. So fuhren wir einen Dorfweg am Bach entlang, worauf uns sofort eine Kindermeute hinterher kam. Auch als wir auf einer Weide abpackten, standen sie auf der anderen Bachseite und sahen uns zu. Beim Kochen saßen sie schon in einem Haufen um den Juwel 34. Nach dem Abendbrot unterhielten wir uns ein wenig mit Händen und Füßen. Die sechs Kinder und später noch kurz ein Hirte machten uns begreiflich, dass es in der Nacht sehr stark regnen soll.
Mit dieser Erwartung gehen wir jetzt schlafen und haben dabei kein gutes Gefühl. Wann werden die ersten Tropfen fallen?
Bilea Lac – Transfăgărășan – Curtea de Arges – Cimpulung (141 / 2.066 km)
Am nächsten Tag erfuhren wir dann, von welchem Unwetter sie uns erzählen wollten.
*LOM: Lumpige Ostmark
**FDGB-Ware: Für den guten Bekannten (eigentlich „Freier“ Deutscher Gewerkschaftsbund)