Frankreich: Wanderung zur Calanque de Port Miou bei Cassis
Die Sonne drang schon heute früh mit einem zwar abgedunkelten, aber doch intensiven Strahlen durch die neuerdings superdark folierten Scheiben und versprach einen außerordentlich schönen Tag.
Die Suche nach Freiwilligen für eine Wanderung zu den Calanques war dann auch recht erfolgreich und die Jungs fingen gleich nach dem Frühstück mit dem Sachenpacken an. Vor allem hat sich jeder sein Lieblingsgetränk herausgesucht und mir in den Rucksack gesteckt. Dann wanderten 100 % der männlichen Reisegruppe zunächst einmal durch die Villengegend mit ihren üppigen Gärten.
Unterwegs erklärte ich vor allem den beiden kleinen Jungs die verschiedenen Pflanzen und erzählte immer eine kleine Geschichte dazu: Vom Werden, Vermehren und Sterben der Agaven sowie vom Lagerfeuermachen mit deren Resten, von der Bedeutung der Maracuja für die Saftherstellung sowie von Dattelpalmen, Pinien und Feigen. Der Große hingegen interessierte sich eher für die Sekundärfunktionen exklusiver Sportarten wie Golf oder Segeln und deren Bedeutung für den wirtschaftlichen Erfolg verschiedener Marktakteure.
Und schon waren wir 4 km gelaufen und machten am Abbruch der ersten Steilschlucht unsere zweite Pause – der Calanque de Port Miou. Aber genau genommen sahen wir zunächst nur einen alten Steinbruch – was natürlich wieder Gelegenheit bot für das Frage-Antwort-Spiel von der Entstehung der Gesteine, dem Wirken der Erosion und begünstigenden Faktoren für die Primärwirtschaft am Beispiel des positiven Einflusses eines erleichterten Zugangs zu zeitgenössischen Transportmitteln auf die Wirtschaftlichkeit eines Steinbruchs.
Etwas weiter war dann aber schon der Meeresarm zu sehen, auf dessen tieftürkisem Wasser Dutzende Segelboote in Reih und Glied schaukelten.
Hier wiederum gingen wir detailliert den Fall durch, was wir machen würden, wenn unser Jüngster die 10m tief ins Wasser stürzte.
Schließlich bemerkte mein Vierter noch einen abgebogenen Bohrer im Gestein, der nach gründlicher Analyse zwar für echt, aber eben erst für nachträglich installiert befunden wurde. Kein Steinbruchbesitzer würde schließlich zulassen, dass aufgrund eines verbogenen Bohrers plötzlich die gesamten Arbeiten abgebrochen werden.
Über eine humorige Analyse verschiedener Aspekte moderner Hundehaltung anhand einiger praktisch gerade vorgeführter Beispiele kamen wir dann rasch an die letzte Landspitze und sahen ein wenig der aufschäumenden Brandung zu. Zum Glück hatten wir kein Ausflugsboot genommen, denn das schaukelte ganz schön in den hohen Wellen.
Der Rückweg war dominiert von einer vergleichenden Betrachtung der soziokulturellen Unterschiede von Golf und Tennis, einer intensiven Beobachtung verschiedener praktischer Methoden der Kabelverlegung in untertägigen Leerrohren sowie einer experimentellen Studie zum Verhalten einer Raupenprozession bei Störungen der haptischen Kontaktkupplung zwischen den einzelnen Individuen.
Dann freuten wir uns an den ganz interessanten Ideen der eingeborenen (oder meinetwegen auch zugezogenen) Bevölkerung zur Verwendung übrig gebliebener Sandbleche.
Unser Jüngster war derweil der Anführer und lief immer voraus. Entsprechend schwer war es, ihn davon zu überzeugen, dass es auch noch andere, nicht unbedingt längere Wege zum Campingplatz gab. Aber er lief und lief und lief.
Unser noch etwas geschwächter Vierter hingegen war nach 6 km ziemlich erschöpft, sodass ich ihn den Rest des Weges durch das alte Städtchen und den Berg hinauf trug.
In einem kleinen Supermarkt kauften wir noch Baguette, Erdbeeren, Tomaten, Trinkjoghurt und einen französischen Asterix-Comic ein, woraufhin der Große den schweren Rucksack, der Jüngste die Stiege Erdbeeren und ich den ermatteten Vierten hoch zum Campingplatz schleppten. Bis zum Abend verbrachten wir die Zeit mit Faulenzen, Eier suchen und Büchervorlesen.
Cassis