Marokko: MB 711 offroad – Busbergung aus den Sanddünen
Bunte Sonnenaufgänge sind eigentlich immer schön – erst recht in den Sanddünen. Am schönsten sind sie aber, wenn man sie direkt aus dem Bett heraus fotografieren kann.
Sonnenaufgang, aus dem Bett fotografiert
Und so ein auch in der Wüste nicht alltägliches Ereignis bot sich mir heute früh: Ich lag in meiner Hängematte und sah zu, wie sich ab ca. 7:00 Uhr Ortszeit das Farbspiel entwickelte. Durch die Dachluke konnte ich mit dem Handy sogar ganz brauchbare Fotos machen, ohne mich aus dem Schlafsack pellen zu müssen.
Irgendwann bin ich in meinem Hilfsdjellabah über den Platz geschlurft und habe das Spektakel vom Hinterausgang der Kasbah aus verfolgt. Doof nur, dass immer irgendwelche Sonnenaufgangstouristen auf den Dünenkämmen und damit genau im Bild herum stehen müssen.
Dann bin ich wieder in meiner Hängematte verschwunden und habe noch ein wenig relaxt, bis es auch die Jungs nicht mehr in ihren Kojen ausgehalten haben.
Start zu den Sanddünen
Nach dem offiziellen Wecken hat mein Großer darauf bestanden, dass wir noch vor dem Frühstück den Bus aus-, auf- und umräumen. Erst als gegen 11:00 alles blitzte, servierte er uns aus der Hecktür heraus die üblichen Sirupfladenbrote. Anschließend verstauten wir die beiden Schwalben wieder im Bus, quatschten noch ein wenig mit Ahmed und fuhren dann los. Voran die KTM. Der Bus hinterher. Zuerst suchten wir (ohne GPS und ohne Plan) in den engen Gassen Merzougas den Anfang einer Piste nach Norden. Schon dabei hatte der Bus Mühe, der KTM um die zahlreichen Ecken zu folgen. Als die Enduro aber auf eine Sandpiste einbog, war klar, dass es so nicht weiter geht. Der Mercedes 711 ist doch kein Geländewagen. Also kurze Verständigung mit Handzeichen. Falsch gedeutet. Die KTM war weg. Dachte wohl, wir treffen uns an einem gedachten Punkt hinter den Dünen. Hmm.
Wir warteten erst noch ein wenig und fuhren dann durch die Oase auf einer mir bis dahin unbekannten Asphaltstraße durch die Hamada nach Norden, immer in der Hoffnung, irgendwo ein Motorrad zu sehen oder selbst gesehen zu werden. Und tatsächlich tauchte dann auch schon recht bald die KTM wieder neben mir auf. Wir fuhren – diesmal hübsch zu zweien – zur Tankstelle und füllten 101 l Diesel für 7,40 DH (=0,67 €) pro Liter nach, was für die letzten 840 km incl. Standheizung und Sandspielen einem Verbrauch des MB 711 D von 12,0 l/100 km entspricht. Danach wollte ich noch Brot und Wasser kaufen, aber der Chef de Cuisine präferierte sofortiges Pistenheizen und hat stattdessen ein warmes Abendbrot aus den noch reichlich vorhandenen Vorräten versprochen. Also fuhren wir auf der Suche nach unverfälschtem Dünengenuss weiter nach Norden, immer am westlichen Rand des Erg Chebbi entlang.
Ohne Allrad zur Sanddüne
Und natürlich kam es, wie es kommen musste: Auf der Suche nach dem ultimativen Stellplatz habe ich den Bus auf einer in den Sanddünen endenden Sandspur versenkt und musste wieder zurück – und das auch noch in einer Kurve…
Natürlich legt man erst mal die Bleche unter – zum Luftablassen war ich angesichts des vergessenenen Kompressors (nur der 10-m-Druckluftschlauch war da) und der nur verfügbaren Fahrradpumpe zu faul.
Da bloßes Unterlegen der Sandbleche nicht mehr half, musste ich die komplette Hinterachse freilegen und mit dem Wagenheber hochdrücken, um die Sandbleche vernünftig unterlegen zu können. Das sieht doch schon viel besser aus:
Bergung mit dem Land Rover
In der ersten Stunde habe ich es 10 m zurück geschafft. Und hätten die Jungs nicht zusätzlich Steine herangeschleppt und die verblechte Fahrspur mit eingegrabenen Steinen verlängert, wären es wohl nur 5 m pro Stunde gewesen.Wir haben uns schon ausgerechnet, wie lange wir zurück zur Hauptpiste brauchen würden, als Ali (der alte Spielverderber) mit seinem Land Rover gerade dann zu Hilfe kam, als der Einarbeitungseffekt zu wirken begann. (So enthielt die erste Stunde auch den Aufwand zum Hochbinden der Schmutzfänger, die ich mir sonst beim Rückwärtsfahren abgerissen hätte.) Er hatte das vermeintliche Drama offenbar von seiner im Bau befindlichen Kasbah „Les hommes bleu“ aus beobachtet. Natürlich konnte ich das Angebot nicht abschlagen und so hat der kleine Land Rover den Bus dann auch ganz easy rückwärts herausgezogen.
Ich honorierte die Hilfe nach vorheriger Rücksprache (ich will ja – zumindest hier – nicht offen die Säkularisierung fördern) mit der Übergabe aller unserer Alkoholvorräte (eine Flasche Wein aus dem obligatorischen Präsent anlässlich des Fährticketkaufs bei Carlos) und einer Packung Salzstangen (aus der Magenverstimmungsnotfallreserve) und wir verabschiedeten uns wieder – beide am Ende doch noch ganz zufrieden. Vorher haben wir uns aber noch über das stinkende Merzouga unterhalten und ich mir das Versprechen geben lassen, dass seine Kasbah das Abwasser nicht einfach in die Wüste leiten wird. Ali schien sich der Problematik aber schon bewusst zu sein. Im Gegenzug musste ich versprechen, mit diesem Auto nicht wieder in die Sanddünen zu fahren. Allerdings habe ich dabei hinter meinem Rücken die Finger gekreuzt.
Sanddünen – Cross mit der KTM 690 Enduro R
Nach einer kurzen Suche haben wir uns dann schließlich wieder auf den Platz zwischen die Sanddünen gestellt, von dessen Tragfähigkeit wir uns auf der Hinfahrt ja schon überzeugt hatten. Am nördlichen Ende des Erg Chebbi wurde dann sofort bis zur völligen Erschöpfung von Mensch (der Schweiß rann in Strömen) und Maschine (der Tank war leer) stundenlang die Dünen durchpflügt.
Und auch mein Zweiter war endlich mit dem Zustand der Wüste und der unverfälschten Form der Sanddünen zufrieden und hat sich vor allem über die zahlreichen, sehr flinken Käfer amüsiert.
Der Sonnenuntergang verkündet den nahenden Sandsturm
Als sich alle wieder glücklich am Bus eingefunden hatten, haben wir bis zum Sonnenuntergang Skat gespielt. Allerdings habe ich ständig verloren, da ich mir nicht merken konnte, dass der fälschlicherweise doppelt vorhandene Schell-Ober durch einen nachträglich aufgetragenen Punkt den fehlenden Schell-Unter vertreten durfte.
Danach wurde wie versprochen Essen gekocht, während wir den fantastischen Himmel über der Wüste betrachteten und Dutzende Fotos von dem beeindruckenden Farbenspiel über den Sanddünen machten.
Merzouga – Erg Chebbi Nord (37 / 110.860 km)