Rumänien: Über den Prislop-Pass zum Kloster Moldovița
Fahrt über die Karpaten zum Kloster Moldovița mit 500 Jahre alten Malereien von der Belagerung Konstantinopels.
Das Zipser Land ist Tatra-Land
Auf der Fahrt mit der Wassertalbahn durch die Maramuresch haben wir heute schon vier alte Tatra 148 gesehen. Und in Borșa steht schon wieder einer am Straßenrand. So viele 148er wie heute habe ich noch nie an einem Tag gesehen. Trotzdem muss ich natürlich anhalten. Vielleicht kann ich ja irgendwie mithelfen. Aber nein, der Fahrer kommt alleine klar. Schade.
Und wie ich so am Straßenrand stehe und den blauen Tatra mit den falschen Dacia-Scheinwerfern fotografiere, kommt ein silberner 148er vorbei. Ab in den Bus. Hinterher. Und tatsächlich biegt der Tatra-Kipper bald in eine Kiesgrube ein. Da sind wohl die hiesigen Zipser immer noch ziemlich heimatverbunden. Schließlich stammen die Zipser aus der Hohen Tatra und kamen erst um 1800 als Waldarbeiter ins Maramuresch-Gebirge. Und fahren am liebsten tschechoslowakische LKWs. Logisch.
Aber vielleicht stimmt meine Theorie gar nicht und es sprechen praktische Gründe für alte Allrad-LKWs. Denn in der Kiesgrube stehen auch noch mehrere ZIL-131. „Unterhalte“ mich ein wenig mit den Leuten und bekomme heraus, dass dieser ZIL-131 auf einen Motor vom Roman Diesel umgebaut wurde.
Und auch den Originalmotor vom Tatra kriege ich extra vorgeführt. Ich bin begeistert.
Aber jetzt reicht es den Jungs und ich muss weiterfahren. Sie haben allerdings schon Verständnis für das komische Hobby ihres Vaters und erlauben mir für jeden LKW-Typ einen täglichen Fotostopp. An Tatra 148 und ZIL-131 muss ich heute jedenfalls vorbeifahren. Aber vielleicht sehen wir ja einen ZIL-130…
Prislop-Pass in den Karpaten
Ein 8. Tatra 148 kommt uns auf dem Weg zum 1.416 m hohen Prislop-Pass noch entgegen. Dann ist Schluss für heute. Das sind wirklich nur die Zipser Sachsen, die sich „ihre“ Tatra 148 6×6 hier gleich im Rudel halten. Ansonsten bevorzugen die Rumänen MAN.
Aber auch die Landschaft rund um den Prislop-Pass ist schön. Alles anständige Berge ringsum. Rechts im Süden das Rodna-Gebirge. Links das Maramuresch-Gebirge.
Dazu Almen, Dörfer, Serpentinen, gute Straßen. Alles sehr schön hier in den rumänischen Karpaten.
Jedes Dorf hat natürlich auch eine mehr oder weniger prächtige Kirche.
Auch auf den Bergpässen stehen meist Kirchen oder Klöster. Dazu Restaurants oder Souvenirstände. Manchmal auch alles zusammen.
Zwischen Maramuresch und Bukowina liegt auf dem Gebiet der (rumänischen) Westmoldau das Gebirge Obcina Feredeu. Auch hier mit schönen Wäldern und viel Weidewirtschaft.
Und natürlich werden die Kühe auch mal über die Straße auf die Alm getrieben.
Kloster Moldovița (Mănăstirea Moldovița)
Am ersten Kloster Moldovița sind wir genau 17:30 Uhr. Also lassen wir alles stehen und liegen und flitzen schnell durchs Tor. 10 Lei Eintritt, und schon dürfen wir die Klosterkirche von 1532 im Inneren der hohen Mauern umrunden. Die Westseite liegt auf der Wetterseite und ist schon ganz verblasst.
Aber auf der Südseite sind die 500 Jahre alten Zeichnungen beeindruckend gut erhalten.
Da ich kein Kunsthistoriker bin, habe ich für die Bilderdeutung extra meine Rumänien-Reiseführer mitgenommen. Weiß daher aus dem Reiseführer von Michael Müller, dass es sich hier um eine Darstellung der Belagerung Konstantinopels durch die Awaren im Jahr 626 handelt.
Aber da habe ich dann schon meine Zweifel. Denn von der Zeit und den Kanonen her müsste das doch die Belagerung und der Fall Konstantinopels 1453 sein. Hat man die Niederlage 1453 lieber nicht dargestellt, sondern den Sieg 626? Oder hatte der Maler keine Ahnung von der Militärgeschichte? Ist vielleicht der Reiseführer falsch (Michael Müller, S. 430)? Baedeker (S. 235) und DuMont (S. 346) legen sich gleich gar nicht fest. Im Trescher (S. 336) und bei Reise-Know-How (S. 326) steht nix dazu. Hmm, was machen wir nun mit den Kanonen im Gemälde von angeblich 626?
Im Inneren der Kirche geht es vor allem um abgeschlachtete Märtyrer.
Dazu ums Fegefeuer und um Christi Auferstehung. Alles 500 Jahre alt. Wirklich beeindruckend. Nur leider haben mutmaßlich jugendliche Rowdys einfach ihre Namen in die Kunstwerke geritzt. Wie Max Klar 1878 zum Beispiel. Shame on You!
Ich würde ja alles noch viel genauer untersuchen. Aber die Jungs machen Druck, sie haben Hunger. Wir flitzen also schnell noch durchs Museum, und schon haben wir alles gesehen. Ich kann mir ja später auf den Fotos alles anschauen. Oder muss halt nochmal hinfahren.
Draußen vor dem Tor steht der polnische Land Rover, der uns auch schon auf einer Offroad-Strecke durch die Maramuresch entgegengekommen ist.
Und unser privates Geländefahrzeug steht auch noch da. Aber da muss man sich in den rumänischen Bergen keine Gedanken machen. Ich glaube, da ist selbst zuschließen überflüssig.
Umgeben ist das Kloster Moldovița natürlich von einer hohen Mauer. Sollte ja alles auch ein bisschen festungsartig sein.
Fahrt zum Moldaukloster Sucevița
Weiter. Das nächste Moldaukloster Sucevița (Mănăstirea Sucevița) ist nur 30 km weit. Und wir sind ja nicht mit dem Pferdegespann unterwegs.
Pferde und Pferdefuhrwerke sind im ländlichen Rumänien auch heute noch ziemlich häufig.
So schnell sind wir dann aber auch wieder nicht. Denn das Gebirge Obcina Mare glänzt wieder mit langen Serpentinenstrecken. Wenn ich da erstmal im zweiten Gang lande, bin ich auch nicht viel schneller als ein Pferdegespann im Galopp
Und der Pass zwischen den beiden Klöstern Moldovița und Sucevița hat schon anständige Anstiege (Pasul Ciumârna, 1100 m).
So spät schauen wir uns das Kloster Sucevița nicht mehr an. Suchen lieber eine Übernachtung in einem kleinen Seitental, das an einer Schranke mit Panzergraben endet. Aha, die Rumänen fangen langsam also auch an, ihre Wälder zu sperren.
Endlich Abendbrot. Die Jungs sind schon halb verhungert und essen, essen und essen. Erst Schnitte mit Brot. Dann noch Bratkartoffeln mit Zwiebeln und Ei. Dann wieder Brot. Dann noch mal Eier. Anschließend spielen wir noch Skat und die Kinder verschwinden so um 22:00 Uhr in den Betten.
Ich gehe eigentlich um diese Zeit immer noch ein wenig spazieren, um die Familienchronik zu diktieren. Aber hier draußen ist es irgendwie unheimlich. So stockdunkel und still. Zudem wird vor Bären gewarnt. Nicht, dass mich so ein Pelzknäuel anfällt, während ich in mein Handy spreche. Nee, da setze ich mich lieber auf die Toilette. Die ist bequem und sicher.
Die Besichtigung des Klosters Sucevița wird dann am nächsten Tag nachgeholt.
Infos zum Kloster Moldovița (Mănăstirea Moldovița)
- Das Kloster Moldovița gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe.
- Der Eintritt ins Kloster Moldovița (Mănăstirea Moldovița) kostet 10 Lei für Erwachsene
- Parken kann man kostenlos direkt vor dem Kloster Moldovița
- Im Ort gibt es auch eine Schmalspurbahn, die haben wir aber nicht ausprobiert.
Tolle Reisebeschreibung. Bekomme richtig Lust darauf, den Südostwinkel Europas auch mal zu besuchen. Blöde Frage: »“Unterhalte” mich ein wenig mit den Leuten und bekomme heraus…« – mal eben ein wenig Rumänisch gelernt, Englisch, Deutsch, … mit welcher Sprache schlägst Du Dich da durch?
Rumänisch ist wohl die Sprache, die dem Latein am nächsten ist. Aber „Unterhaltung“ steht deswegen in Anführungszeichen, weil die eher auf dem Niveau „Maschina buna? Maschina buna! Motor ZIL? Motor Roman Diesel!“ lief. Den Rest erledigt die gemeinsame Begeisterung.
Unterwegs lernt man doch sowieso nebenbei. Angefangen habe ich mit „Drum bun!“ Das steht auf Schildern an fast jedem Ortsausgang und wünscht „Straße gut!“, also eine gute Reise. Somit ist Bun klar. Maschina heißt Auto. Und schon habe ich einen Zweiwortsatz. Der Rest ist herumprobieren mit Französisch und Spanisch. Versteht mein Gegenüber Motor? Klar, das versteht jeder.
Und nach der Übersetzung der Texte auf dem fröhlichen Friedhof weiß ich immer noch, dass Schwiegermutter Soacra heißt. Oder Scoara? Ach, egal. Jedenfalls kommt so eins ans andere. Und die Rumänen freuen sich über jedes radegebrechte Wort und verstehen einen dann schon.
Also nur Mut! Notfalls schicken die nach jemandem, der Englisch, Deutsch oder Französisch kann.
Experimentierfreudig – so ist das richtig. Klar, Rumänisch ist schon „irgendwie“ eine romanische Sprache. Ich habe vor langer, langer Zeit, als ARO pleite ging (von den 240-ern müssen doch bestimmt noch einige herumfahren), im Internet die Fabrik-Verkaufsunterlagen des Insolvenzverwalters gefunden. Und wenn man wußte, worum es ging, konnte man sich glatt einbilden, daß man das versteht. Schwiegermutter „muß“ übrigens Soacra sein, behaupte ich ganz frech. „Suegra“ auf Spanisch… da hamwers wieder.
Hab in ganz Rumänien nur einen einzigen ARO gesehen. Hier gibt es vor allem Nissan und Mitsubishi Geländewagen.
Und klar, wenn du Spanisch kannst, kommst du in Rumänien auf alle Fälle durch. Die Leute sind hier flexibel.