Marokko: Der Düdo auf der alten Piste von Rissani nach Merzouga
Unser Ziel heute war die Piste von Rissani nach Merzouga, deren Einstieg zwar schwer zu finden, mir aber mittlerweile ganz gut bekannt ist. Und dann ab in die Wüste. Mit dem 65-PS-Düdo.
Aber zunächst war die Abfahrt war heute erstmals etwas stressig, da der Zeltplatzwächter zusätzlich zum gestern bezahlten Obolus noch eine private Prämie wollte. Naja, man kann es ja mal versuchen. In Rissani auf dem großen Donnerstagsmarkt wurde es auch nicht viel besser. Schließlich mag ich es nicht besonders, wenn ich für zu blöd zum rückwärts Einparken gehalten werde und ständig drei Leute hinter mir herumfuchteln. Wobei mich das Herumfuchteln eigentlich am wenigsten stört. Vielmehr sind es die anschließenden Gehaltsverhandlungen, die immer Nerven kosten. Also halte ich lieber vor dem Einparken an, schicke die Einweiser weg und versuche dann, so schnell wie möglich in die Lücke zu kommen, bevor die nächsten ungebetenen Helfer dastehen. Naja, man gewöhnt sich dran.
Und kaum hat man den Motor ausgemacht, stehen die ersten Parkplatzwächter neben einem. Ist man mit dem durch, kommen die Marktschlepper. Wir haben uns also zur Verwirrung getrennt und meine beiden Mitfahrer sind allein über den Markt geschlendert. Aber weder ich noch die zwei hatten rechte Freude an dem großen Markt in Rissani, so dass wir schon ziemlich bald wieder aufbrachen.
Die Piste nach Merzouga war (damals) von Rissani aus relativ einfach zu finden: Vor dem Markt ist links eine asphaltierte Straße nach Haroum ausgeschildert, die sich nach ca. 1 Kilometer gabelt. Die rechte, ebenfalls asphaltierte Straße führt auf den Rundweg um das Tafilalt. Diese Straße lässt man rechts liegen. Circa 2 Kilometer später biegt rechts eine schlechte Piste aus Schlamm oder Staub ab, direkt vor einer engen Brücke. Und genau dort musste ich wegen eines entgegenkommenden LKWs anhalten. Prompt trat ein bereitstehender Führer an den Bus und wollte mir den Weg weisen. Also den Weg, den ich schon kannte.
Nun ist mir für meine Bildung nichts zu teuer, aber ich zahle ungern für Dinge, die ich schon weiß. Schon gar keine 30 Dirham. Gut, der war weg. Kaum saß ich aber wieder auf dem Fahrersitz, da stand ein anderer Berber neben mir, der einfach nur nach Merzouga mitgenommen werden wollte. Okay, warum nicht. Also wiesen wir ihm einen Platz in der Küche zu, wo er sich die ganze Fahrt über sehr ruhig verhielt.
Aber auch wenn er etwas gesagt hätte, hätte ich ihn nicht gehört. Denn auf den Wellblechpisten rumpelt das ganze Auto. Dabei sieht alles so harmlos aus: Zwei Fahrspuren bis zum Horizont (und wer ganz genau hinschaut, sieht am Horizont schon den großen Sandhaufen des Erg Chebbi).
Die Piste von Rissani nach Merzouga ist anfangs sehr schlecht, aber nicht zu verfehlen. Später waren einige Wellblechpisten und stark versandete Abschnitten zu bewältigen. Besonders die Wadi-Durchfahrten sind mit dem Düdo mit Vorsicht zu genießen. Ansonsten gibt es kaum Orientierungsprobleme, zumindest dann, wenn nicht gerade Sandsturm ist: Man lässt einfach die ersten Sandberge links liegen und kommt auf der Piste von Rissani nach Merzouga nach ca. 40 km und eineinhalb Stunden geradewegs nach Merzouga.
Ab und zu gibt es sogar mal ein Schildchen an der Piste.
Wir machten noch ein Schwätzchen mit dem Torposten und stellten uns vor das Hotel Merzouga am Wasserturm.
Wir sonnten uns, saßen in den Klappstühlen des Hotels herum, lasen oder hörten Radio. Bei 30 Grad Celsius ließen wir uns es also richtig gut gehen.
Da fiel mir ein, dass der Berber ja immer noch da war. Und so langsam dämmerte mir, dass ich auf einen neuen Trick hereingefallen war. Aber ich kümmerte mich erst einmal nicht um „unseren“ Mitfahrer, der auch nach Erreichen von Merzouga immer in unserer Nähe blieb. Er würde mich schließlich schon noch ansprechen. Und je später der Abend wurde, umso mehr kam er in die Zwickmühle. Er tat mir schon fast leid. Aber irgendwann hatte ich ihn fast vergessen. Wir liefen noch ein wenig im Sand herum, sahen uns die Berberzelte an und zogen uns dann in den Bus zurück.
Nach dem Abendbrot, es gab tatsächlich einmal etwas anderes als Kartoffeln, nämlich Reis mit Gemüse, spielten wir im Bus noch ewig Skat. Unterbrochen würden wir nur, als am späten Abend doch noch jemand an das Fenster klopfte. Draußen stand der Berber, hatte sich endlich ein Herz genommen und forderte nun die Vergütung für die (vermeintlich) erbrachte Leistung. Naja, ihm war schon klar, dass die Forderung abstrus war. Aber er hatte tatsächlich ein Problem, da er ja irgendwie wieder zurück nach Rissani musste. Und heute fuhr nichts mehr. Also dachte er, ich sollte ihm doch die Übernachtung und den Land Rover zurück nach Rissani bezahlen.
Nach einigem Hin und Her trat – wie in Marokko üblich – ein unbeteiligter Dritter hinzu, ließ sich die Angelegenheit erklären und entschied letztlich zu meinen Gunsten. Nachdem also die Rechtslage geklärt war, habe ich dem armen Mann dann trotzdem die geforderten 10 Dirham geschenkt. Dies erfolgte natürlich ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht😀. Und plötzlich hatten wir zwei Gewinner. Ich hatte moralisch und er finanziell gewonnen.
Ich hoffe nur, dass mir das irgendwann mal angerechnet wird. Aber als eine erste Rückzahlung genoss ich schon einmal eine äußerst zuvorkommende Behandlung durch das Hotelpersonal. Und das, obwohl wir bis auf den Kauf einiger Speisen und Getränke mit dem Hotel nichts zu tun hatten.
Merzouga, 190.610 km