Rumänien: Banger Start in Ceaușescus Reich
Ein komisches Gefühl ist es schon, nach einer aufgrund des schweren Gewitters fast schlaflosen Nacht mit dem Fahrrad nach Rumänien hineinzugondeln. Am Morgen fuhr ich extra noch einmal 12 km, um vier Brote und vier Stück Butter zu organisieren. Die Frau hinter dem Ladentisch hat mich überhaupt nicht verstanden: Erst gab sie mir vier Hörnchen. Dann wollte sie mir vier Scheiben Brot geben. Schließlich bekam ich aber dann doch die gewünschten vier Brote und verließ den Laden vollgepackt in Richtung Campingplatz. Dort hatten wir kaum aufgepackt, als es zu regnen anfing. Also warteten wir unter einem Bungalowvordach den Regen ab und beobachteten den Grenzbetrieb.
Entgegen anders lautender Gerüchte fuhren mehrere Ungarn ohne Probleme über die Grenze. Gegen 11:30 Uhr waren auch wir in dem Land, von dem so viel „Schreckliches“ berichtet wird. Doch wir sind gut bis bestens ausgerüstet: 1 Stange Marlboro, 5 Brote, 3 Stück Butter, 10 Tafeln Schokolade, 6 mal süße Kondensmilch, 2 kg Rosinen, 4 Salamis, 1,5 kg Traubenzucker, Trinkpulver für etwa 20 l, 1 l Express-Tee, 1 Glas Würstchen, 1 Glas Honig, 1 1/2 Packungen Makkaroni, 8 Tüten Pfeffer, 18 Beutelsuppen, 200 Stück Zückli, 100 Teebeutel. Wir werden also auf keinen Fall verhungern. Und für die Zigaretten sowie den Pfeffer als Tauschwaren sollten wir in Rumänen alles bekommen, was wir noch so brauchen sollten.
Rumänien begrüßt uns mit zahlreichen Propagandaschildern, die es selbst in der Zone nicht in diesem Ausmaß gibt. Wenn mich meine rudimentären Rumänischkenntnisse nicht ganz täuschen, steht auf dem abgebildeten Schild: „Es lebe die Kommunistische Partei Rumäniens mit ihrem Führer, dem ersten Sekretär und General, Genosse Nikolae Ceaușescu.“ Naja.
Schon in Oradea sahen wir lange Schlangen vor den Brotgeschäften stehen, und auch sonst waren die Straßen äußerst belebt.
Oradea an sich bot bis auf den Markt einen trostlosen, verdreckten Eindruck, auch wenn durchaus ein gewisser, ehemaliger Glanz zu sehen war.
Auf der sogenannten „Europastraße“ mit einem äußerst schlechten Belag kamen wir im Vergleich zu gestern nur sehr langsam voran. Andauernd überholten uns laut hupende, vollgestopfte und technisch labile LKWs, Busse und Autos. Wir sahen sogar vier Fahrzeuge aus der DDR.
Als erste touristische Attraktion wollten wir eigentlich die Bärenhöhle bei Pietroasa besichtigen, doch wir kamen leider 15 Minuten zu spät. Die 28 km Umweg waren also ein Schlag ins Wasser.
Hinter Dr. Pietru Groza führte uns die Straße endlich ins Bihorgebirge. Kurz vor dem Anstieg füllten wir noch einmal unsere Wasservorräte auf und gingen dann auf Zeltplatzsuche. Die Bedingungen für einen guten Platz waren:
- Weit außerhalb von Ortschaften
- Keine komischen Leute in der Nähe
- Wasser zum Waschen
- Abseits von der Straße
- Nicht auf Privatgelände
- Ebener Platz ohne Steine
Bis auf den letzten Punkt entspricht der heutige Platz den Anforderungen, er besitzt sogar in 50 m Entfernung eine „Duschkabine“, genauer gesagt einen Tunnelschacht neben der Straße, in den ein kleiner Wasserfall plätschert. Und so duschen wir dort unter der Straße, während oben die alten Roman Diesel bergab rumpeln.
Artand – Grenze Ungarn / Rumänien – Oradea – Baile Felix – Pietroasa – Dr. Pietru Groza – Nucet (162 / 1.597 km)
[Am nächsten Tag dann querten wir bei dichtem Nebel das Bihor-Gebirge.]