Bulgarien: Fress-, Wasch- und Badetag in Nessebar
Die Nacht war sehr unruhig, insbesondere durch den kaum abreißenden Lärm, durch die schwüle, drückende Luft und durch die vielen aggressiven Blutsauger, die sich alle wie gewohnt auf mich stürzten. Wir waren es mit unseren einsamen Zeltplätzen in den Bergen einfach nicht mehr gewöhnt, dass auf einem offiziellen Zeltplatz bis früh 6:00 Uhr Gitarre gespielt wird. Anfangs ist das ja ganz nett, aber in direkter Korrelation zum Alkoholkonsum werden die Töne immer schräger.
Noch sehr verschlafen und träge fuhr ich am Morgen erst einmal etwas für das Frühstück besorgen. In einer „Kaufhalle“ fragte ich nach Butter, worauf mir eine Richtung gewiesen wurde. Obwohl ich wusste, dass Butter logischerweise im Kühlfach liegt, musste sie mir eine zweite Verkäuferin in die Hand drücken. Sie war verpackt wie ein – ja, ein was denn? – eben wie ein Stück französischer Butter: Mit Schnörkeleien, Wappen, Garantieerklärung und Unterschrift des Firmenchefs auf der goldenen, dicken Alufolie. Für so etwas bezahlt man doch gern 1,43 Lewa (4,20 LOMs). Auch sonst waren die Preise nicht ohne, aber das war mir vollkommen egal – endlich gab es einmal etwas zu essen.
Nach dem Frühstück (1/2 Brot, 125 g Butter, Marmelade, Honig, und 3/4 Melone nur für mich, A den Rest) waren wir so vollgefressen, dass wir uns hinlegen mussten und ich nicht einmal mehr einen Löffel Melone hineinbrachte. Aber es spart den Kühlschrank, wenn wir zum Frühstück genau ein Stück Butter essen. So verging noch einige Zeit, bis wir uns wieder bewegen und endlich einmal unsere Sachen waschen konnten. Dadurch kamen wir gerade zu der Zeit an den Strand, zu der die Sonne am höchsten stand. Da half nur noch ein kühn-kühler Sprung in das 25°C warme Schwarzmeerwasser, das heute endlich einmal ein wenig aufgeschäumt war.
Unter einem Sonnenschirm holte ich dann meinen versäumten Nachtschlaf nach. A. fand derweil den Mut, sich zu sonnen – und schlief natürlich auch ein. Das Resultat war, dass wir die bislang ungeöffnete Panthenolsprayflasche anreißen mussten. Auch A’s harten Rucksack mit den Fotoapparaten konnte wegen seines verbrannten Rückens nun ich nach Altnessebar schleppen.
Die Halbinsel jedoch war heute viel ruhiger als gestern Abend. Nachdem wir etwas herumgeschlemmt hatten, sprach mich ein nettes Ehepaar auf ungewohnt sachkundige Art und Weise an. (Aufgrund der komischen weißen Markierungen an Armen und Beinen waren wir anscheinend eindeutig als Radfahrer zu identifizieren.) Sie fragten, ob wir unterwegs ihren Sohn getroffen hätten, der, wie sich sogleich herausstellte, voriges Jahr mit A. die Tour nach Süden absolviert hatte. Dieser Zufall reichte für Sie als Grund, uns zu einer (zweiten) Pizza einzuladen. In unserer Nähe verkauften (wahrscheinlich) Kunststudenten ihre auf Papier gebrachten Eindrücke von dieser schon vor über 2000 Jahren besiedelten Halbinsel.
Spät abends, nur unterbrochen vom Nachtbaden im Schwarzen Meer, schrieben wir in zwei Cafés noch Tagebuch und Kartengrüße für die Heimat.
Nessebar / Sonnenstrand
Der nächste Tag am Schwarzen Meer hielt dann noch eine ganz besondere Überraschung bereit.