Oder: Paddeln durch das Lebuser Land nach Küstrin
Küstrin bietet für Paddler auf der Oder einen Bootsanleger mit extra Zugang zur Festung. Und eine mauerumschlossene Wüstung.
Ein bisschen Oder-Hochwasser
Die Zelte stehen vollkommen genial im Schatten von ein paar großen Bäumen. So schlafen alle bis 9 Uhr. Dann erst kehrt langsam Unruhe ein. Erstmal Baden. Stolpere dabei über eine alte Feuerstelle im Wasser. Die Oder hat mit einem Pegel in Ratzdorf von 277 cm eben immer noch ziemlich viel Wasser. Und vor zwei Wochen waren es noch 415 cm. Vor 7 Jahren gar 691 cm.
Jedenfalls wird erstmal viel gespielt und gebadet. Derweil lüften die Schlafsäcke. Ist schon erstaunlich, dass dann alle in eine Tasche passen. Allerdings muss hier noch die Luft raus. Dann den Reißverschluss zu. Und der Duffle sieht aus wie vakuumverpackt.
Das stolze Lebus
Natürlich frühstücken wir erst auf dem Wasser in der Strömung. Wir treiben vorbei an Lebus, einem ehemals bedeutenden, aber nun recht beschaulichen Städtchen an den Oderbergen.
Stolz stehen 5 große weiße Buchstaben am Burgberg: LEBUS.
Das Lebuser Land zog sich ehedem links und rechts der Oder hin. Heute bezieht sich nur noch die polnische Wojewodschaft Lebus auf das Lebuser Land.
Alte und neue Oder durchs Oderbruch
Hinter Lebus treten die Hügel des Reitweiner Sporns zurück und das Oderbruch beginnt. Ungefähr hier, wo auch gerade wieder Wasserbausteine abgeladen werden, liegt hinter dem Deich die Alte Oder. Die neue Oder führt auf Betreiben des Alten Fritz ja seit 1753 ziemlich gerade nach Küstrin und von da am Ostrand des Oderbruchs weiter nach Norden.
Langsam werden die Getränke knapp. Wir beschließen also, in Küstrin an Land zu gehen. Bis dahin sind es 25 km. Also schnell gepaddelt. Unterwegs überholen uns sogar mal 3 Motorboote. Ist ja richtig Verkehr heute.
Festung Küstrin an der Oder
Küstrin empfängt uns etwas abweisend mit der unübersehbaren Preußenfestung. Wo geht es denn da rein?
Dann entdecken wir einen super Bootsanleger. Und ein kleines Festungstor. Hatten einen Sinn fürs Praktische, die Preußen.
Die ganze Altstadt innerhalb der Festung Küstrin wurde im Krieg vollkommen zerstört und nie wieder aufgebaut. Aber mittlerweile gibt es zumindest Straßenschilder für die kleinen Gassen der zerstörten Küstriner Altstadt. Doch es sind nur Wege durchs Dickicht.
„Küstriner Pompeji“ ist vielleicht ein bisschen hoch gegriffen, denn von der Küstriner Altstadt steht ja gar nichts mehr. Aber wir schauen nun auch nicht unter jedem Brombeerbusch nach.
Direkt hinter der Festung Küstrin liegt ein kleiner Supermarkt mit polnischen Delikatesswaren. Wir finden verschiedene Dinge und der Wagen füllt sich. Passt alles kaum in die Fahrradschultasche. Dann wieder zurück zur Oder. Kurzes Gedenken an Hans Hermann von Katte, mit dem der junge Alte Fritz landes- und vaterverräterisch nach Frankreich durchbrennen wollte. Für einen Liebesbrief einfach geköpft.
Wir schmeißen die Einkäufe in die Boote und paddeln wieder raus in die Strömung. Erst dann wird sortiert und gesichtet. Die Ankerwache beschwert sich ein bisschen über den Einkauf. Aber so schlecht schmecken die polnischen Delikatessvanillekekse doch gar nicht.
Nach den Küstriner Oderbrücken lese ich wie gewohnt aus der Wikipedia vor. Dass also die Franzosen die Festung von 1806 bis 1814 besetzt hatten. Und solche Sachen. Damit ich mein Handy nicht auch noch ins Wasser schmeiße, ist die Hülle neuerdings mit einer gefundenen Angelsehne an der Schwimmweste festgebunden. Wünsche mir mal eins mit vernünftiger Kamera, Öse und Silikonhaptik.
Campingplatzfeeling am polnischen Oder-Ufer
Hinter Küstrin sieht das fast schnurgerade, neue Oder-Ufer zumindest auf der polnischen Seite über 15 km aus wie ein einziger Campingplatz. Aller 100 m steht mindestens ein Angler. Meist gleich mit Zelt und Wohnwagen. Oft auch mehrere beisammen.
Und alle wollen den einen großen Fisch an Land ziehen. Oder vielleicht doch nicht. Denn kaum einer angelt wirklich. Dafür winken uns die Leute oft ganz unverkrampft zu. Ich mag die Polen.
Und so halten wir nicht umsonst immer zuerst auf der polnischen Seite der Oder nach einem Zeltplatz Ausschau. Aber gerade hier am Oderbruch ist es rechts der Oder sowieso besser zum Zelten, weil höher gelegen. Und damit trockener. Links kommen hinter dem Deich doch nur Schilf, ein Arm der Alten Oder und das Naturschutzgebiet Odervorland Groß Neuendorf-Lebus. Wir sehen dort mal kurz nach, paddeln dann aber doch wieder nach rechts.
Zelten an der Oder bei Kienitz
Wir steigen an einer anglerfreien Stelle auf der polnischen Seite der Oder aus.
Ein schönes Stück Wiese. Und obwohl hier wohl öfter übernachtet wird, liegt kaum Müll herum. Den Rest sammeln wir noch ein.
Wir nutzen die letzten Sonnenstrahlen für Stromerzeugung und Abendbrot.
Die Abende am Fluss sind beim Paddeln immer am schönsten.
Doch die Mücken piesacken uns. Autan hilft auch nicht.
Und so sind trotz der schönen Abendstimmung an der Oder um zehn alle im Bett.
Tipps zum Paddeln auf der Oder um Lebus und Küstrin
Weiterführende Infos: Oder Lebus – Küstrin
- Interessantes zum Land Lebus: Wiki
- Das Oderbruch wurde unter dem Alten Fritz durch Umlegung der Oder trockengelegt: Wiki
- Infos zur Festung Küstrin: Wiki
- Die traurige Geschichte von Hans Hermann von Katte, dem Geliebten von Kronprinz Friedrich II, dem späteren Alten Fritz: Wiki
- Gepaddelt sind wir bei einem Oderpegel an der Neißemündung bei Ratzdorf von 277 cm
- Aktueller Oderpegel Ratzdorf: Klick
- Unsere Paddelboote auf der Oder: Grabner Riverstar als 2er und Gumotex Seawave als 3er
Kilometerliste der Oder
- Die geraden Kilometer der Oder stehen auf großen Kilometertafeln immer rechts, die ungeraden links.
Oder-km | Paddel-km | Kilometertabelle und Paddeltipps der Oder bei 277 cm am Pegel Ratzdorf |
593 | 3 | Links Lebus mit Supermarkt, Restaurant, Wohnmobilstellplatz |
614 | 24 | Rechts Kostrzyn (Küstrin), Anlegeponton an der Festung, dahinter 500 m Supermarkt, Restaurant |
618 | 28 | Rechts Mündung der Warta (Warthe) |
620 | 30 | Ab hier rechts fast durchgängig Angler-/Zeltplätze bis Kienitz |
630 | 40 | Rechts Weg nach Hälse/Porzecze (2 km), links Fährgraben nach Kienitz (1 km) |