ᐅ Asbest: Gefahr in Altfahrzeugen vor Baujahr 1993
Bei der Fahrzeugwahl sollte beachtet werden, dass LKWs vor 1993 Asbest enthalten. Sicherheit bringt ein Asbest-Test.
Gesundheitsgefahr durch Asbest in Fahrzeugen
Früher war alles besser und Asbest galt als das Wundermittel schlechthin. Schließlich ist Asbest ein natürlich vorkommendes Silikatmineral, das extreme Festigkeit und leichte Verarbeitung mit perfekter Hitze- und Säurebeständigkeit verbindet. Und so findet sich Asbest in vielen Baustoffen und Arbeitsschutzmitteln, aber auch in allen möglichen Fahrzeugteilen.
Bereits seit 1980 wurde vor der Gesundheitsgefahren durch Asbest und Asbeststaub aus asbesthaltigen Bremsbelägen gewarnt. Das Problem bei Asbest ist einerseits, dass schon eine einzelne eingeatmete Faser die Krebswahrscheinlichkeit drastisch erhöht. Und dass andererseits ein sehr langer Zeitraum bis zum Ausbruch vergeht, sodass die Gefahr gern heruntergespielt wird und wurde. Aber in Deutschland sterben derzeit jedes Jahr mehr Menschen an Asbestvergiftung als an Arbeitsunfällen (Umweltbundesamt).
Trotz Widerständen hat Deutschland in den 1990er Jahren eine Vorreiterrolle beim Asbestverbot eingenommen. Auch Mercedes hat noch vor dem Asbestverbot zumindest für PKWs einen Verzicht auf Asbest-Bremsbeläge bis September 1985 zugesichert (Die Zeit, 14.06.1985).
Nach einer Übergangsphase ab 1990 gilt in Deutschland seit dem 31. Oktober 1993 ein absolutes Asbest-Verbot. Seitdem sind Herstellung, das Inverkehrbringen und die Verwendung von Asbest und asbesthaltigen Produkten verboten (Umweltbundesamt). Obwohl Asbest in der EU generell erst ab 2005 verboten wurde, dürfte also Mercedes zumindest in Deutschland auch für die Exportmärkte keine Fahrzeuge mit Asbest-Teilen mehr gebaut haben dürfen.
Also theoretisch. Allerdings kann Mercedes durchaus noch weiter Asbest in Export- oder Militärfahrzeugen verbaut haben. Gibt da sogar extra einen Asbest-Warnaufkleber mit eigener Teilenummer (A0005847821). Und so spricht auch die Asbestgefahr gegen den Kauf alter LKWs.
Zwar sind viele Ersatzteile durch asbestfreie Varianten ersetzt wurden. Aber ob das tatsächlich geschehen ist, bleibt unklar. Wer heute z. B. nach Australien will, muss die Asbestfreiheit nachweisen. Das dürfte beim Mercedes Kurzhauber schwerfallen.
Asbest-Teile in LKWs und allen Altfahrzeugen
Alle hitzebelasteten Bauteile in Fahrzeugen, die grau, faserig und alt sind, können prinzipiell Asbest enthalten. Nachfolgend kommen ein paar Beispiele für Asbest in alten LKWs. PKWs und Motorräder sind natürlich genauso betroffen. Zu beachten ist aber nicht nur das Alter der Fahrzeuge, sondern auch das Alter möglicherweise noch vorhandener und später verbauter Altteile.
So werden originale Bremsbeläge aus den 70er Jahren definitiv Asbest enthalten, auch wenn die heute irgendwo als unbenutzt und neuwertig verkauft werden. Und wegen der besseren Eigenschaften von Asbest oft sogar besonders gesucht sind. Das betrifft nicht nur IFA W50, sondern natürlich auch Mercedes Kurzhauber oder den Iveco 90‐16.
Asbest in Reibbelägen
Nahezu alle Reibbeläge aller Fahrzeuge waren bis in die frühen 1990er Jahre asbesthaltig. Asbest in Kupplungs- und Bremsbelägen ist schwach gebunden und wird durch Benutzung der Bauteile als feiner Staub freigesetzt.
Typische, aus Asbest bestehende Reibbeläge in alten LKWs und sonstigen Fahrzeugen sind:
- Kupplungsbeläge
- Bremsbeläge
Problematisch ist nicht nur das Freisetzen asbesthaltiger Stäube beim Fahren, sondern vor allem auch das Einatmen von Asbeststaub bei Reparaturarbeiten an Altfahrzeugen vor 1993. Hab mir bei meiner ersten Bremsenreparatur am 1980er Düdo auch keine Gedanken gemacht. Hatte aber zum Glück auch keine Druckluft zum Ausblasen.
Schall- und Wärmedämmmatten
Weil sich Asbest so gut verarbeiten lässt und perfekt gegen Hitze schützt, wurde Asbest nahezu in allen Hitze- und Säureschutzeinrichtungen alter LKWs verwendet:
- Bitumenplatten
- Vinylbeläge
- Wärmedämmmatten
- Batterieabdeckungen
- Hitzeschutzbleche
Asbest in Dichtungen
Durch die faserige, säure- und hochtemperaturbeständige Struktur ist Asbest prädestiniert für Dichtungen aller Art. Damit können an alten Fahrzeugen folgende Bauteile asbestbelastet sein:
- Zylinderkopfdichtungen
- Krümmerdichtungen
- Auspuffdichtungen
- Gehäusedichtungen
Umgang mit Asbest in Fahrzeugen
Das Problem bei alten Fahrzeugen ist die Ungewissheit der Asbestbelastung. Unbeschädigte Bauteile sind prinzipiell auch kein Problem. Problematisch sind jedoch alle Arten von Stäuben, Bruchstellen und Beschädigungen.
Daher sollten kritische Bauteile alter LKWs immer wie asbesthaltig behandelt werden. Jede Arbeit an alten Brems- oder Kupplungsbelägen sollte mit Handschuhen, FFP3-Maske, geschlossener Schutzbrille und einem Einweganzug angegangen werden.
Ideal ist auch eine Sprühflasche mit Wasser und ein bisschen Spülmittel, damit asbesthaltige Bauteile beim Ausbau feucht gehalten werden. Keinesfalls sollte man die Bremse oder das Kupplungsgehäuse mit Druckluft ausblasen. Und immer eine ordentliche Staubmaske tragen.
Asbest-Test am Mercedes Wolf
Beim letzten Verdacht auf Asbest beim Mercedes 250 GD Wolf habe ich gleich eine Einstellung der Arbeiten angeordnet. Bei der Mercedes G-Klasse ist nämlich der Getriebetunnel großflächig mit einer faserigen Wärmedämmmatte ausgekleidet, die bei einer Frame-off-Sanierung ab muss.
Und da ich nicht klären konnte, ob der Mercedes Wolf von 1990 noch Asbest enthält, gab es einen Asbest-Test. Das geht ja schnell. Letztlich bekommt man ein Asbest-Test-Set mit detaillierter Anleitung, wiederverschließbarer Plastiktüte und frankiertem Rücksendelabel zugeschickt.
In die kleine Tüte packt man ein Stück des Materials mit Asbestverdacht rein, klebt die Asbest-Test-Nummer drauf und schickt es zurück.
Nach nichtmal einer Woche war das Ergebnis des Asbest-Tests mit dem Zugangscode online abrufbar und hat zwar künstliche Mineralfasern KMF ergeben, meinen Asbest-Verdacht aber nicht bestätigt.
Damit sind zumindest diese Wärmedämmmatten im Mercedes 250 GD nicht asbesthaltig. Und die Sanierung kann jetzt weitergehen. Denn wer will schon wegen so einem Mist wie Asbest seine Gesundheit ruinieren? Oder die seiner Kinder?
Infos zu Asbest im LKW
Wer beim Thema Asbest im LKW auf Nummer sicher gehen will, kauft ein Baujahr ab Ende 1993. Ab da war Asbest verboten und kann höchstens noch in nachträglich verbauten, älteren Ersatzteilen enthalten sein.
Literaturquellen
- Bundesamt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Asbest – Vom Wundermineral zur gefährlichen Altlast: Klick
- Umweltbundesamt: Asbest. Beitrag vom 29.04.2020: Klick
- Asbest gebremst – Wie es die Hersteller mit dem Krebserreger halten, Die Zeit 25/1985, 14. Juni 1985: Klick
- Mehr Informationen zu Asbest: WIKI
- Mineralfasern KMF/WHO sind aber auch nicht besser: WIKI