Meine besten Norwegen-Reiseführer
Nach nun 5 Reisen durch Norwegen prüfe ich mal, welcher mein bester Norwegen-Reiseführer für die Wohnmobil-Individual-Reise ist. Neben meinem historischen Baedeker für Skandinavien stehen 5 Kandidaten zur Auswahl.
Test von 5 Norwegen-Reiseführern
Wozu braucht man eigentlich noch Reiseführer?
Mit kleinen Kindern hat man eigentlich wenig Zeit, eine Reise intensiv mit Reiseführern vorzubereiten. Oder gar in einem Reiseführer zu lesen, während man im Urlaub ist. So langsam ändert sich das aber. Und so stehen neben meinem Uralt-Baedeker nun 5 neue Norwegen-Reiseführer für Wohnmobilfahrer, Individualreisende und Backpacker im Regal. Denn so ein Reiseführer, in dem man gemütlich schmökern kann, ist schon etwas anderes als die Wikipedia auf dem Handy.
Wir waren schon oft mit dem Wohnmobil in Norwegen. Auch hier Blog gibt es einige Reiseberichte, obwohl die meisten privat sind. Aber auch wenn man meint, alles zu kennen, ist es doch ein Reiseführer, der einem auch Sachen nahebringt, an denen man sonst vorbei läuft. Da haben wir zum Beispiel in Lillehammer in der Fußgängerzone so schön Eis gegessen. Und wussten nicht, dass unter der gesamten Fußgängerzone eine Fußbodenheizung installiert ist (Michael Müller, Seite 456). Und auch dieser Stellplatz am karibisch weißen Traumstrand unter der Mitternachtssonne stammt aus dem Baedeker (Seite 435).
Teststadt Røros: Wie beschreiben die Reiseführer die Stadt?
Es gibt ja prinzipiell 4 Arten von (Norwegen-) Reiseführern. Die erste Kategorie sind eigentlich gar keine Reiseführer. Sondern Reisegeschichten. Die zweite Kategorie nimmt den Reisenden an die Hand und schlägt ihm spezielle Touren vor, die zu den größten Sehenswürdigkeiten führen. Die dritte Kategorie schließlich ist eher ein Lexikon zu den einzelnen Orten und Sehenswürdigkeiten im Land. Tja, und dann ist da noch das Internet. Was ist also der beste Reiseführer?
Die Idee ist, den besten Norwegen-Reiseführer anhand einer etwas abseitigen Stadt zu testen. Røros. Mein erster Norwegen-Reiseführer war der Skandinavien-Baedeker aus 1994. Dort heiß es auf S. 386 kurz und knapp:
„Norwegens einzige Hochgebirgsstadt ist Røros, an beiden Seiten des Hitter-Flusses gelegen. Die Bergbaustadt wurde 1644 gegründet, nachdem in der Umgebung große Vorkommen von Kupfererzen entdeckt worden waren. Im 17. Jahrhundert arbeiteten zahlreiche Bergleute deutscher Abstammung in den Minen; Direktor war damals der Schwarzwälder Oskar Schwatz. Der Ort Røros, der auf der World Heritage List der UNESCO steht, wird im Sommer von vielen Fremden besucht.“
Dazu 4 Absätze zum Stadtbild, ein Foto und eine Karte. Fertig. Nun, was hat sich in den neuen Reiseführern geändert? Ein kleiner Privattest.
Vergleich meiner 5 Norwegen-Reiseführer
1. Bruckmann: Bester Norwegen-Reiseführer für Einsteiger mit Wohnmobil
Der Einband verspricht ein professionelles Tourenbuch für das Universum des Wohnmobilfahrers. Und genau das ist dieser Wohnmobil-Reiseführer für Norwegen. Entsprechend professionell – fast schon überprofessionell – stellt er genau auf die Wünsche der exakt umrissenen Zielgruppe ab: Wohnmobilfahrer, die neu in ein Land kommen und vorher gern wissen, worauf sie sich einlassen. Ich habe es nicht gezählt, aber auf gefühlt jedem zweiten Foto ist mindestens ein Wohnmobil abgebildet. Also fast wie bei mir im Blog.
Aber schließlich ist „Norwegen mit dem Wohnmobil“ ja ein Routenführer für Wohnmobilfahrer. Da muss das genauso sein. Insofern ist es ein wunderbares Einsteigerbuch, um sich vor der ersten Reise mit Norwegen vertraut zu machen. Und um sicher zu sein, dann nicht etwa an den Hauptattraktionen vorbeizufahren. Wobei das mit dem Vorbeifahren in Norwegen so eine Sache ist. Denn das geht im Prinzip nicht. Jedes Tal hat nur eine Straße und jeder Kreuzungspunkt ist eine Stadt. Und da steht dann die Stabkirche. Einfacher geht es eigentlich nicht.
Dieses Buch aber weist jedem Wohnmobilfahrer den Weg durch Norwegen und dieses labyrinthische Raster. Mit der Vorstellung der 6 schönsten Routen ist dieser Wohnmobil-Reiseführer für Norwegen ein echter Appetitmacher und Händchenhalter, aber kein Nachschlagewerk. Zu jeder der Routen findet sich eine Übersicht mit Informationen zu den einzelnen Campingplätzen und Stellplätzen, die an der Strecke relevant sind. Natürlich mit praktischen Informationen für den Wohnmobilreisenden, wie den Ver- und Entsorgungsmöglichkeiten sowie der Streckenführung. Karten und Wegweisung sind dabei so praktisch, dass das Werk sicher einen Stammplatz auf dem Armaturenbrett vieler Wohnmobilfahrer einnimmt.
Meine Teststadt Røros allerdings wurde links liegen gelassen. Das ist schade, dürfte den Einsteiger in das Abenteuer Norwegen aber nicht weiter stören. Ganz im Gegenteil: Ich wette, dass diejenigen Reisenden, die mit dem Buch „Norwegen mit dem Wohnmobil“ unterwegs waren, für das nächste Jahr einen weiteren Band des Autors kaufen. Denn die Routen, Beschreibungen und Texte sind nicht nur professionell, sondern treffen genau den Geschmack der Zielgruppe. Nicht umsonst hat der Autor schon 18 gleichartige Wohnmobilführer veröffentlicht. Respekt.
2. Michael Müller: Bester Norwegen-Reiseführer für erfahrene Individualreisende
Der Norwegen-Reiseführer für Individualreisende aus dem Michael-Müller-Verlag hält tatsächlich, was er verspricht und bietet mehr Wissen für Norwegenfans. Mir gefällt das Buch durch die exakten Beschreibungen und die detaillierten Fakten als Nachschlagewerk, Reisebegleiter und Augenöffner. Auch und gerade, wenn man schon fast überall schon war.
Gerade die Vorstellung von Røros zeigt deutlich, dass der Norwegen-Reiseführer aus dem Michael Müller Verlag Michael Müller Verlag den umfassendsten Anspruch hat. Nicht nur das Gesamtwerk ist mit 754 Seiten wesentlich umfangreicher als alle anderen Norwegen-Führer, sondern auch über Røros gibt es mehr als 5 Seiten detaillierten Text. Dieser Reiseführer bedient sowieso eher den erfahrenen Norwegen-Reisenden und bietet nicht nur die mittlerweile obligatorisch gewordenen Restauranttipps, sondern auch Hinweise zu sportlichen Aktivitäten, die sicherlich der Zielgruppe am besten schmecken. Meistens sogar mit Preisen für Kanus, Reitstunden oder Leihfahrräder – und die sind in Røros sogar kostenlos. Da hätte ich ja gar keinen Fahrradträger an den Bus bauen müssen!
Insgesamt ist auch die Ortsbeschreibung für Røros in diesem Norwegen-Reiseführer etwas für den Kenner. Und doch ziemlich ambivalent. Aus dem Text spricht die Liebe zu einer schönen Stadt, aber auch die Verzweiflung angesichts der Touristenmassen zu den Stoßzeiten im Hochsommer. Doch zum Glück ist das Jahr lang und die Umgebung schön und einsam. Und so gelingt es diesem Norwegen-Reiseführer am besten, die Situation in der Stadt treffend zu beschreiben. Gleichzeitig liefert der Band die meisten Fakten einschließlich einer Übersichtskarte der Stadt und Vorschlägen für allerlei Aktivitäten in der Umgebung.
Im Reiseführer aus dem Hause Michael Müller werden schön systematisch und geordnet nach Landesteilen nahezu alle Orte und Plätze Norwegens aufgeführt. Und das Ganze wird garniert mit kleinen Geschichten und vielen nützlichen Informationen. Der Autor ist sich noch nicht einmal zu schade, die Preise für einzelne Dienstleistungen zu recherchieren und zu benennen, obwohl so etwas natürlich immer viel Arbeit oder das Risiko mangelnder Aktualität nach sich zieht. Aber dies zeigt, dass der Autor langfristig denkt.
Der Norwegen-Reiseführer für Individualreisende aus dem Michael-Müller-Verlag hält damit tatsächlich, was er verspricht und bietet das meiste Wissen für Norwegenfans. Unsere Auflage ist von 2016. Mittlerweile ist die Neuauflage erschienen, die nicht schlechter sein wird.
3. Baedeker: Bester Norwegen-Reiseführer für den Bildungsbürger
Eigentlich ist es konsequent, dass sowohl der Norwegen-Reiseführer für den Bildungsbürger (Baedeker) als auch der für den internationalen Backpacker (Lonely Planet) aus dem selben Verlagshaus stammen: DuMont. Beide Reiseführer bedienen jeweils eine eigene Zielgruppe, für die der Kauf „ihres“ Reiseführers selbstverständlich ist und unreflektiert bleibt. Ganz egal, wie diametral sich die Reisenden selbst sehen.
Und so, wie der Lonely Planet schon über das blasse Layout seinen Anspruch definiert, schwelgt der Baedeker-Reiseführer für Norwegen ganz intellektuell in Farben, Details und Fotos. Und die Texte erst. Als ob Thomas Hoof in der Redaktion säße. Und dennoch hat sich in der modernen Baedeker tatsächlich die ein oder andere Restaurantempfehlung eingeschlichen. Das hatte mein erster Baedeker von 1994 noch nicht. Schon gar nicht in dieser Detailliertheit. Insofern bedient sich der heutige Baedeker mittlerweile einer komplett anderen Sprache und Herangehensweise.
Der Baedeker ist kein Oberlehrer mehr, sondern die Referenz für Reiseführer, die sich vor allem den Errungenschaften der Zivilisation verpflichtet fühlen. Der Baedeker Norwegen-Reiseführer beschreibt Land und Leute möglichst neutral und mit einem ungetrübten Blick. Hochwertig gestaltet, ohne auffindbare Lektoratsfehler. Aber trotzdem modern. Der Baedeker ist sich nicht einmal zu schade, auf das in der Nähe von Røros im Hessdalen beobachtete Phänomen von Lichtspiegelungen zu verweisen, die natürlich sämtliche UFO-Forscher auf den Plan riefen (S. 365).
Insgesamt versucht der Baedeker-Reiseführer für Norwegen also schon, sich unter Beibehaltung des historischen Stils sprachlich und inhaltlich zu modernisieren. Aber es ist und bleibt halt ein Norwegen-Reiseführer für den Bildungsbürger. Schön und komplett. Gebildet. Interessant. Die Referenz halt. Da muss man beim Kauf nicht nachdenken. Unsere Auflage ist von 2016 und seitdem sicherlich weiter modernisiert worden.
4. Nelles: Bester Norwegen-Reiseführer für die Jackentasche
Reiseführer haben es heute schwer, gegen das Internet zu bestehen. Damit es ihnen nicht so geht wie großen Enzyklopädien [meine Spracherkennung kennt das Wort schon gar nicht mehr], sind neue Strategien gefragt. Der Nelles Verlag versucht, mit einem Norwegen-Reiseführer für die Jackentasche und zu einem ungeschlagenen Preis Punkte zu sammeln.
Mal abgesehen von dem Wohnmobil-Bilderbuch ist dieser handliche Norwegen-Reiseführer aus dem Nelles-Verlag nicht nur der kleinste, sondern auch der mit den wenigsten Seiten. Format und Dicke dieses Reiseführers wurden jedoch ausschließlich durch Reduktion der oft ausufernden Tipps zu Restaurants und Unterkünften erreicht. Übrig geblieben sind die reinen Fakten. So finden sich hier ab Seite 163 insgesamt 4 Seiten interessanter Text zu Røros. Darunter auch die Information, die in jedem anderen Reiseführer fehlt, nämlich dass Røros bei jedem Überfall durch die Schweden niedergebrannt wurde.
Ansonsten verzichtet dieser Reiseführer für Norwegen auf allgemeine Ratgeber und enthält dadurch zumindest in Bezug auf Røros sogar mehr Fakten als die „großen“ Reiseführer. Nur halt in komprimierter und jackentaschengängiger Form. Und ganz ehrlich, wen interessiert schon, wo es was zu Essen gibt. Das sieht man doch. Zumindest in Røros ist die ganze Stadt in einer Viertelstunde durchwandert, wenn man es darauf anlegt. Insofern ist die Stärke des Reiseführers aus dem Nelles Verlag, dass er das Wichtigste zu den relevanten Orten erläutert, ohne auf Detailschärfe zu verzichten. Unsere Auflage ist von 2016.
5. Lonely Planet: Bester Norwegen-Reiseführer für Backpacker
Dieser Reiseführer könnte auch „Norwegen in 5 Tagen – alles, was Du unbedingt gesehen haben musst“ heißen. Entsprechend unglaublich ist die Informationsdichte des Norwegen-Reiseführern von Lonely Planet. Selbst das nun wirklich ziemlich kleine Städtchen Røros wird mit immerhin 6 Seiten gewürdigt. Kleingedruckt, enger Zeilenabstand, keine Fotos. Purer Text für die Essentials des Reiselandes. Must-see!, Must-have! Must-Do! Buslinienpläne, Reisekosten, Hostels. Preise, Sparmöglichkeiten, Verbindungen. Alles. Eigentlich fehlen nur noch die Busfahrpläne, Supermarktsonderangebote und Speisekarten.
Also eine ganze Menge Informationen für einen Norwegen-Reiseführern. Aber genau dafür kauft man ja den Lonely Planet. Man bräuchte also nicht einmal eine Internetflat für Norwegen, sondern hat sozusagen das ausgedruckte, relevante Internet in der Hand. Ideal also für alle Backpacker, die die letzte Krone einsparen wollen oder müssen. Selbst der Druck ist eine Sparversion. Wahrscheinlich aber ist der Verzicht auf Farbe und Fotos in diesem Norwegen-Reiseführern offenbar gezieltes Marketing.
Aber Verzicht auf Bilder hat noch einen anderen Vorteil: Dadurch bleibt im Norwegen-Reiseführer von Lonely Planet mehr Platz für Text. Und auch der ist eher an eine jugendliche Klientel gerichtet. Die Schriftgröße ist für gestandene Familienväter jedenfalls nicht mehr wirklich zu empfehlen. Also ein hippes Buch für die, die noch mit Zelt, Rucksack und Europaticket losziehen und auf die Annehmlichkeiten eines guten Restaurants verzichten können. Oder zumindest gern zeigen, dass sie verzichten würden. Denn tatsächlich finden sich auch im Lonely Planet natürlich nicht nur Verweise auf billige Hostels, sondern auch auf das ein oder andere nette Restaurant.
Ganz offenbar aber steht man beim Lonely Planet unter besonderem Druck, der sich aus der direkten Konkurrenz zur Wikipedia ergibt, die für die Zielgruppe nur einen Tastenklick entfernt ist. Hier muss man gegenüber dem Internet schon einen echten Mehrwert liefern. Und den liefert Lonely Planet in gewohnter Manier. Aber insgesamt ist der Norwegen-Reiseführer für Backpacker natürlich nur für Leute zu empfehlen, die gewohnheitsmäßig dutzende Webseiten einer Google-Suche überfliegen und trotzdem die gesuchte Information finden. Wenn ich also keine siebenköpfige Familie hätte und nicht intellektuell voreingenommen wäre, würde ich da nicht nachdenken, sondern einfach den Norwegen-Reiseführer für Backpacker von Lonely Planet in den Rucksack stecken und losziehen. Unserer Ausgabe des Lonely Planet ist von 2015.
Was ist nun der beste aktuelle Reiseführer für Norwegen?
Tja, Geheimtipps zu Norwegen gibt es bei mir keine. Denn dann sind es ja keine mehr. Aber Røros ist als Weltkulturerbe nun wirklich kein Geheimnis. Das Städtchen jedenfalls ist traumhaft und bietet nicht nur die in allen Reiseführern beschriebenen, romantischen alten Gassen mit Holzhäusern, sondern auch fußballfeldbreite Sandstrände (sic!) und butterkuchenweiche Fjellwanderwege. Kurz, alles, was das Herz des individuellen Norwegenfahrers höher schlagen lässt.
Das richtige Norwegen findet man ohnehin nur, wenn man auch mal aus dem Reiseführer aufschaut und sich aufmerksam umsieht. Damit man aber in der richtigen Gegend landet, ist so ein passender Reiseführer schon perfekt geeignet. Außerdem kann ich damit meinen Kindern den Mund wässrig machen.
Unsere Reiseführer sind alle schon älter. Schließlich ändert sich ja auch nicht so viel, dass man ständig neue Reiseführer kaufen muss. Verlinkt sind die jeweiligen Neuauflagen. Ich hoffe mal, dass meine Rezension und Einschätzungen zum besten Norwegen-Reiseführer auch für die Neuauflagen noch zutreffen.
- Bester Reiseführer für Wohnmobile: Thomas Kliem, Norwegen mit dem Wohnmobil (Bruckmann, 2018, 190 S.): Klick
- Umfassendster Bilder-Reiseführer: Armin Tima, Norwegen (Michael-Müller-Verlag, Neuauflage 2022): Klick
- Bester klassischer Reiseführer: Baedeker, Reiseführer Norwegen mit praktischer Karte EASY ZIP (2022): Klick
- Bester Jackentaschen-Reiseführer ohne Schnickschnack: Nelles-Guide Reiseführer Norwegen (Nelles Verlag, 2021): Klick
- Die meisten Tipps und Fakten findet man mit Lupe im Lonely Planet Norwegen-Reiseführer (2022): Klick