Anhängerkupplung am Wohnmobil nachrüsten: D-Wert und Anhängelast
So eine Anhängerkupplung am Wohnmobil ist schon praktisch. Nicht nur zum Anhänger anhängen. Sondern auch zum rückwärts aus dem Dreck gezogen werden. Der Unterfahrschutz allein ist nämlich nicht stabil genug. Woher ich das weiß? Selbst ausprobiert…
Was ist der richtige D-Wert der Anhängerkupplung am Wohnmobil?
Gesamtgewicht und eingetragene Anhängelast
Kurz und gut. Ich will eine Anhängerkupplung am Wohnmobil nachrüsten. Wie hoch ist denn überhaupt die zulässige Anhängelast am Mercedes 711? Was steht in den Papieren? Natürlich wieder einmal nichts. Das Feld O.1 ist gestrichen. Och, da muss ich gleich wieder zur Dekra. Anhängelast eintragen lassen. Das hätte ich doch gleich bei der Umbereifung mit eintragen lassen können. Manno.
Zulässige Anhängelast am MB 711 gemäß ABE
Wenn in der Zulassung nichts steht, wird mein Prüfer bestimmt in die ABE für das Wohnmobil schauen. Maßgeblich für meinen MB 711 D ist die “Typbeschreibung zum Gutachten vom 23.10.1991 zur Erteilung eines Nachtrags zur ABE Nr. E321 nach § 20 StVZO, Nachtrag VII vom 04.12.1991”.
Fahre ganz genau einen MB 711 D in der Ausführung CA23 mit Bremsanlage I und der Hinterachsübersetzung 3,15. Für alle Fahrzeuge der Ausführungen .A.. mit Getriebe G2/27-5/6,17 ist gemäß ABE eine Anhängelast von 2.400 kg bei gebremstem Anhänger und 1.400 kg bei ungebremstem Anhänger zulässig (ABE Nr. E321, Nachtrag VII, S. 54).
Allerdings gab es für den Mercedes 711 wahlweise auch das verstärkte Getriebe G 3/60-5/7,5. In Verbindung mit einem verstärkten Schlussquerträger, Maulkupplung Rockinger und durchgehender Bremse sind dann am MB 711 D Anhängelasten bis 7.500 kg möglich. Für Fahrzeuge mit Kugelkopfkupplung bleibt es allerdings bei der maximalen, gebremsten Anhängelast von 2.400 kg (Einführungsschrift für den Kundendienst, S. 149).
Mit dem standardmäßig verbauten Getriebe G 2/27-5/6,17 empfiehlt Mercedes bei dauernder Belastung nur eine Anhängelast von maximal 1.000 kg. Allerdings sind explizit höhere Anhängelasten für den gelegentlichen Anhängerbetrieb möglich (Einführungsschrift für den Kundendienst, S. 149).
Bestimmung der maximalen Anhängelast aus D-Wert der Kupplung und Wohnmobilmasse
Die technisch zulässige Gesamtmasse des Anhängers R hat erst mal nichts mit der zulässigen Anhängelast am Wohnmobil zu tun. Sondern ergibt sich vor allem aus dem Wert der Dauerfestigkeit der Anhängerkupplung D und der eingetragenen, technisch zulässigen Gesamtmasse des Zugfahrzeugs T. Naja, und noch aus der Erdbeschleunigung g.
Zur Bestimmung der maximalen Anhängelast braucht man also die folgenden Einflussgrößen:
- R: Technisch zulässige Gesamtmasse des Anhängers in Tonnen (t)
- D: D-Wert der Anhängerkupplung am Wohnmobil in Kilonewton (kN)
- T: Technisch zulässige Gesamtmasse des Zugfahrzeuges in Tonnen (t)
- g: Erdbeschleunigung (9,81 m/s2)
Die maximale, technisch zulässige Gesamtmasse des Anhängers Rmax ergibt sich dann aus der folgenden Formel:
Rmax= D*T / (g*T – D)
Der D-Wert einer Anhängerkupplung am Wohnmobil zeigt deren Belastbarkeit im Gesamtgespann. Ein höherer D-Wert heißt höhere Dauerfestigkeit der Anhängerkupplung. Der Witz ist aber nun, dass man bei gegebenem D-Wert einer Anhängerkupplung an ein schwereres Wohnmobil weniger anhängen kann als mit derselben Anhängerkupplung an ein leichteres Wohnmobil.
Mit der Gesamtmasse des Wohnmobils von 5.900 kg und dem D-Wert meiner Anhängerkupplung von 20,0 dürfte ich also mit dem MB 711 D kupplungsseitig bis zu 3.115 kg ziehen. Für eine Anhängelast von 3.500 kg müsste ich das Wohnmobil allerdings bis auf 4.883 kg ablasten. Da ich aber fahrzeugseitig sowieso nur 2.400 kg anhängen darf, reicht auch ein D-Wert von 16,74.
Anhängerkupplung am Wohnmobil nachrüsten
Schnelle Montage des Anhängebocks
Montag. Arbeitsschluss. Paket mit meiner neuen Anhängerkupplung unter dem Wohnmobil. Neugier. Passt der Anhängebock denn überhaupt? Nur mal kurz probieren. Ooochh, klemmt doch die Rostschutzfarbe. Wagenheber holen. Der Anhängerkupplung am Wohnmobil ein bisschen nachhelfen. Und dann ist sie drin. Will nicht mehr raus.
Sogar ohne Schrauben sitzt die Anhängerkupplung am Wohnmobil perfekt unter dem Heck. Wo sind die Schrauben für die Anhängerkupplung? Ah ja, beim Anhängebock war doch eine Tüte dabei. Nehme aber statt der silbernen 10.9er M14 x 2,0 mit Federring die noch vom Zwischenrahmenbau reichlich vorhandenen, schwarzen M14 x 1,5 mit Stoppmuttern. Bei Karosseriearbeiten sind Feingewinde und selbstsichernde Muttern immer besser.
Position der Anhängerkupplung am Vario im Böschungswinkel
Das ging ja schnell mit der Montage der Anhängerkupplung am Wohnmobil. Kein Problem. Habe noch nicht einmal vernünftige Fotos gemacht. Hier ist die Verschraubung am vorhandenen Halter für den Unterfahrschutz zu sehen. Mit jeweils 2 Schrauben M14 und vorhandenen Bohrungen elegant gelöst.
Die Unterkante der Anhängerkupplung sitzt damit etwa auf Höhe des Ersatzrades. Klar ist der Böschungswinkel wieder etwas kleiner. Aber zumindest steht mit dem Anhängebock am Vario ein sehr robustes Teil unten raus. Und mit dem Trittbrett bin ich ja auch noch nicht hängen geblieben.
Kombination aus Trittbrett und Anhängerkupplung am Vario
Nur ist die Kupplung in Verbindung mit dem Trittbrett nicht so direkt benutzbar. Zumindest nicht, ohne das Trittbrett für den Heckeinstieg ins Wohnmobil abzuschrauben. Sind ja nur 4 Schrauben.
Mag aber mein Trittbrett über der Anhängerkupplung. Muss mir jetzt also noch etwas ausdenken. Hab da mal als coole Lösung ein klappbares Trittbrett über der Anhängerkupplung gesehen. Offenbar selbst umgeschweißt und klappbar gemacht. Ansonsten sind Anhängebock und Anhängerkupplung an diesem Vario dieselben wie bei mir. Liegen nur wesentlich tiefer.
Elektroanschluss für den 12-V-Anhänger
So, jetzt nur noch die Elektrik der Anhängerdose anschließen. Gibt da einen extra Karton. Aufmachen. Reingucken.
Och nö, die ganzen Kabel. Die ganzen Hilfsmittel. Die lange Montageanleitung. Darauf habe ich jetzt gar keine Lust mehr. Zumal ich für die Anhängerdose die Bordelektrik von 24 V auf 12 Volt wandeln muss. Klappe den Karton also erstmal wieder zu. Der Anschlagpunkt für Bergehilfen ist ja fertig. Und Anhänger habe ich auch noch keinen. Also ist noch ein bisschen Zeit für die finale Fertigstellung der Anhängerkupplung am Wohnmobil.
Infos und Quellen für die Anhängerkupplung am Wohnmobil
Auf meiner Anhängerkupplung am Wohnmobil steht ein D-Wert von 20,00. Verkauft wird die Kupplung von Rameder aber mit einer Angabe von „nur“ D=19,50 / 2.700 kg. Keine Ahnung, warum. Aber vielleicht habe ich mich ja auch verrechnet. Na, egal. Mein DEKRA-Prüfer wird’s mir schon sagen.
- Anhängebock mit Kugelkopfkupplung für den Mercedes T2/LN1 (2-Loch, D-Wert 20,0): Klick
- 13-polige Anhängersteckdose mit Elektrosatz (Hella): Klick
- Wer keine Konsolen für den Unterfahrschutz hat: Die Teilenummern sind A6685250339 (rechts) und A6685250239 (links)
- Werkzeug: Ratsche mit 22er Tiefbettnuss, 22er und 24er Ringmaulschlüssel, 24er Nuss, Drehmomentschlüssel
- Formeln und Infos rund um Anhängerkupplung und D-Wert: Wiki
Und da die AHK durch die Höherlegung des MB 711 ein wenig hoch ist, muss ich die Anhängerkupplung noch mit diversen Adaptern tieferlegen.
Danke für diesen Hinweis! Mag ja auch eine AHK für Fahrräder oder mal nen Wohnwagen! (haha).
Du schreibst „Fahre ganz genau einen MB 711 D in der Ausführung CA23 mit Bremsanlage I und der Hinterachsübersetzung 3,15. “
Blöde Frage: Wie kriegt man das genau raus? Muss ich ja dann auch meinem TÜV-Prüfer zeigen, wenn ich auch eine AHK bauen mag! 😉
Die allgemeine Betriebserlaubnis ABE hat eigentlich jeder Prüfer auf dem Computer. Er sollte dir das erklären können. Daher weiß ich das ja auch.
Ok. Super. Danke! Dachte, das müsste irgendwo in den Unterlagen stehen… gerade bei unseren Ex-Staatseigentum bin ich hellhörig bei ABE…
Achso, das stimmt. Habe ich ganz vergessen zu schreiben. Natürlich ist bei unserem ehemaligen Staatseigentum die Fahrzeugnummer ausgenullt. Also eigentlich gibt es keine allgemeine Betriebserlaubnis, sondern eine spezielle Zulassung. Die oben zitierte ABE ist die für das Grundfahrzeug. Insofern haben manche Prüfer bestimmt Probleme, die passende ABE zu finden. Deswegen ist es wichtig, die richtige Nummer zu kennen. Das erleichtert dem Prüfer die Prüfung.
So, endlich Zeit gefunden, das Teil einzubauen und anhand deines Blogbeitrages konnte der Prüfer das Zeug schneller finden. Danke!
Hallo Tom,
ist bei deiner Formel ein Fehler drin?
Wenn man auf die Verlinkung zu Wikipedia klickt, rechnen die da für „R“ und „T“ mit Tonnen und du schreibst hier Kg.
Nach meinen Berechnungen macht das ein Unterschied.
Grüße Nico
Hast natürlich Recht. In dieser Formel kann man Tonnen nicht einfach durch Kilogramm ersetzen. Danke also für den Hinweis. Die Formel oben ist jetzt auch geändert.
Ich habe mich heute bei der DEKRA über die Möglichkeit einer Eintragung eines selbst gebauten Motorradträgers an meinem T2 erkundigt. Es sieht schlecht aus. Ohne Festigkeitsgutachten macht der nichts. Wehmutstropfen: Wenn es nicht als „fest verbunden“ gilt, gelten die Vorschriften zur Ladungssicherung. Also Clippse, Strappse, Gurte usw. Ich habe ihn direkt auf eine handlösbare Verschraubung á la Mutter mit angeschweißtem Pin angesprochen und er hat wohlwollen gezeigt, könnte er durchwinken. Dann ist auch kein Gutachten für die Festigkeit erforderlich. Deutschland, ich liebe dich!
Ähnliches hat die Fa. Spacecamper bei deren genialen multifunktionalen Klapptisch gemacht. Der wird zur Montage im VW T5/T6 mittels eines Rohrs in das Rohr unter dem Handbremshebel geschoben. Damit man auch die Zulassung als WoMo erhält, muß der Tisch fest verbunden sein. Das Problem hat man dann einfach mittels einer Schraube gelöst, die von oben per Hand reingedreht wird und bei Bedarf, will man den Tisch draußen verwenden, gelöst wird.
oder gibt es etwas ätzenderes und biedereres als diese Aussenstromanschlußklappen an WoMo?
Spacecamper verlegt seit jeher m. W. als einziger Hersteller den Stromanschluß samt Kabel mit Stecker dezent und unauffällig in den Motorraum.
Ideen braucht das Land.
Es gibt ja auch Motorradträger für die Anhängerkupplung. Aber ansonsten finde ich die Möglichkeiten, in Deutschland Änderungen eintragen zu lassen, schon recht komfortabel. Du brauchst halt nur einen Prüfer, der das ganze begleitet.
Hallo Tom. Ich habe heute von Rameda für unseren Vario eine negative Aussage aufgrund der zugeschickten FIN und Schlüsselnummern 2.1 und 2.2. erhalten. Allerdings kann ich mir nur schwer vorstellen, dass die von dir verbaute AH-Zugvorrichtung beim Vario nicht auch passen sollte.
Diese gebogenen Winkel gibt’s ja auch bei unserem Brummi, denn da war ja das durchgehende Trittbrett angeschraubt. Und deshalb habe ich eine Bitte an dich.
Wenn du mal Zeit und Gelegenheit hast, kannst du bitte mal bei deinem 711er die lichte Breite zwischen den beiden gebogenen Winkeln bzw. die Breite der verbauten Zugvorrichtung messen?
Möglicherweise gibt es ja beim Vario tatsächlich andere Rahmenmasse, die eine Montage nicht zulassen.
Beste Grüsse aus der Schweiz, Peter.
Hab die Breite der Anhängerkupplung bzw. des Querträgers zwischen den beiden gebogenen Winkeln gemessen. Sind nach meinem Zollstock 85,5 cm beim T2N / MB 711. Ist das beim Vario anders?
Oh da danke ich dir erstmal herzlich. Morgen werde ich in die Halle fahren und nachmessen. Wenn die Masse identisch sind, wird mein nächster Schritt sein, dass ich bei GDW frage, ob sie mir für den T2W eine ABE oder ähnliches ausstellen können. Dann bestell ich mir das. Der Variobloc ist ja leider zu hoch und die Adapter mit Kombiwinkel reichen auch nicht bis in zulässige Höhe.
Ich weiß nicht, wie die Eintragung einer Anhängerkupplung für den Mercedes Vario in der Schweiz gehandhabt wird. Das ist hier in Deutschland zum Glück anders. Da würde ich die AHK anbauen, vorstellen und begutachten lassen.
Hoi Tom, ja es ist, wie ich mir dachte. Das lichte Mass zwischen den gebogenen Winkeln ist 855mm. Auch das Lochbild stimmt überein. Genau wie bei deinem 711er. Warum sollte MB auch einen komplett anderen Rahmen bauen, was sich bis dato bewährt hat?
Also werde ich eine Anfrage an GDW machen und unabhängig von der Antwort genau diese AH-Zugvorrichtung bestellen.
Bei der MfK werde ich einfach die Abnahme im vorraus anmelden, das kommt immer gut beim Prüfer an.
Ich werde berichten, wenn ich soweit bin.
Ja, mach die Anhängerkupplung einfach dran. Vario und T2N unterscheiden sich da doch so gut wie gar nicht. Ich weiß eben nur nicht, was der MFK-Prüfer dazu sagt. Aber vorher reden hilft auch bei uns immer.
P.S. musste innerlich grinsen. Sagt man wirklich nur „bei uns“ „ZOLLSTOCK“?
In meiner neuen Heimat(seit 2010) heisst das ja Meter oder Doppelmeter.
Da ich ja auch Lernende ausbilde und begleite, weiss ich, dass es für diese sehr schwierig ist, zwischen beiden Masssystemen zu denken.
Grundsätzlich wird in Theorie nur im metrischen System gelehrt.
Da gibt es tatsächlich Schwierigkeiten, z.B. bei Ratschenantrieben zu unterscheiden, was 1/2″, 1/4″ oder 3/8″ oder Zölligs ist. Das ist immer ein Spass.
Wenn sie das haben, packe ich den 5/4″ Abtrieb vom Drehmomentumsetzer aus. 😀
Nach Staunen und Raten erklär ich das gerne.
Ehemalige Lernende sprechen gern davon, hat also Lerneffekt gehabt.
Ich find es wichtig, das weiterzugeben, auch wenn’s nicht im Lehrbuch steht.
Für die Anhängerkupplung ist das ja egal. Aber ich weigere mich schon immer, Gliedermaßstab zu sagen. Oder wie das Ding sonst heißt.