Sommer-Walsafari in Norwegen: Pottwale vor Andenes
Diese Walsafari mit Pottwalen und Papageitauchern vor der Küste Norwegens ist ein Highlight im Sommerurlaub auf den Lofoten.
Vorbereitung der Walsafari in Norwegen
Die familiendemokratische Reisezielabstimmung hatte ich ja ganz klar mit meinem Walversprechen gewonnen. Doch ich muss kleingeflüstert zugeben, dass ich gehofft hatte, die siebenstündige, extra umwegige Fährüberfahrt von Bodø auf die Lofoten wäre so eine Art Walsafari in Norwegen. Schließlich scheinen die Wale in den Tierdokus ja nur so um die Lofoten herumzuhopsen. Natürlich immer die besonders fotogenen Orcas und natürlich immer in ganzen Schulen. Warum sollten wir die Wale nicht auch von der Fähre auf die Lofoten beobachten können? Oder mal vom Strand aus? Walbeobachtung en passant sozusagen.
Tja, und dann waren wir auf Røst. Wir waren auf Værøy. Und wir waren auf Moskenesøy. Flakstadøy ebenso. Gimsøy und Austvågøya. Und trotz ständig besetztem Ausguck hatten wir auf den Lofoten nicht einen Wal beobachtet. Ich bekam langsam Gewissensbisse ob meines leichtfertigen Walversprechens. Studierte meinen neuen Norwegen-Reiseführer.
Und so fand ich den Hinweis auf das norwegische Walzentrum in Andenes ganz an der Vesterålen-Nordspitze, also direkt bei den Lofoten. Mit Walmuseum und Walsafari. Dort endet der Kontinentalschelf ganz dicht an der Küste, so das man Wale in Norwegen vor Andenes am besten beobachten kann. Also sind wir gestern von den Lofoten nach Andenes aufgebrochen. Gerade angekommen, habe ich dann in einem Anfall von väterlicher Reisezufriedenheitsverantwortung einfach mal den Gegenwert von ein paar neuen Reifen investiert und für die ganze Familie eine gemeinsame Walsafari gebucht.
Auf der mitternächtlichen Sommertagnachtswiese liegend konnte ich mir dann erst mal darüber klar werden, was ich da mit meiner einsamen Entscheidung getan hatte. 100% Walgarantie? Geld zurück? Der Veranstalter scheint sich seiner Sache ja sicher zu sein. Also hoffte ich, dass wir tatsächlich Wale vor Norwegen beobachten können. Mehr wollte ich nicht. Na gut, vielleicht einen Papageitaucher aus der Nähe beobachten. Aber Wale beobachten war nach Erreichen der Mitternachtssonne auf den Lofoten das neue Urlaubsziel.
Check-in zur Walsafari in Norwegen
Check-in 8:45 Uhr. Das wird hart mitten am Polartag. Ob ich vielleicht gleich ganz wachbleibe? Lieber nicht. Also mit den Großen trotz herrlichster Mitternachtssonne um eins ins Bett. Doch nachts um drei kachelte die Sonne noch dermaßen aufs Auto, dass ich alle Luken und Türen aufreißen musste. Und um vier, um fünf und um sechs immer noch. So eine Mitternachtssonnennacht kann wirklich ganz schön anstrengend sein. Und dann klingelt um acht der Wecker. Gefühlt war ich gerade eingeschlafen. Doch wir sind ja nicht im Urlaub, wir sind auf Expedition. Also Aufstehen, Zusammenklappen, Abschiedsfoto und los. Wale beobachten.
Pünktlich um 08:45 Uhr stehen wir zum Check-in am Whalewatchzentrum in Andernes. Direkt am Fuß des allerletzten, allernördlichsten Vesterålen-Leuchtturms (Andenes fyr). Okay, Check-in erfolgreich. Es hätte ja sein können, dass wir wegen Sturm nicht rausfahren. Aber die See ist ruhig. Also schnell noch frühstücken und anhand der schönen Walbroschüren über Wale weiterbilden. Großes Bangen: Hoffentlich sehen wir welche.
Führung durch das Walmuseum Andenes
09:30 Uhr. Treff am Walzentrum. Der geführte Besuch im Walmuseum gehört zum Whale Watching mit dazu. In perfektem Niederösterreichisch werden der deutschen Teilgruppe die Grundlagen der Walforschung, die Probleme mit dem Plastikmüll und ein Pottwalskelett erklärt. Und dass der Orca im spanischen Original nicht Killerwal, sondern Walkiller heißt. Alles unterhaltsam, ohne erhobenen Zeigefinger und für jede Sprachgruppe separat. Nicht schlecht.
Die Kinder stehen immer in der ersten Reihe und sind voll bei der Sache. Besonders beeindruckend sind das Skelett eines Pottwals und Roberts fantasiereiche Schilderungen der künftigen Entwicklungsmöglichkeiten eines Wals. Die Hinterbeine hat er ja noch.
Start zum Wale beobachten vor Norwegens Küste
11:00 Uhr. Treff am Walschiffhafen. Kurz noch die Sachen für die Walsafari zusammenpacken. Ist ja nur ein recht kleines, offenes Boot. Also warm und regenfest anziehen. Der Parkplatz am Hafen ist inklusive.
Zum Glück ist es „warm und die See ruhig“. Also für nordnorwegische Verhältnisse.
Tatsächlich sind es 11°C und ganz schön hohe Wellen, die am Bug hochspritzen. Und mein Objektiv salzvernebeln.
Die Besatzung kümmert sich aber schon fast mütterlich um jeden einzelnen der vielleicht 50 Safarigäste, gibt Tipps, reicht Kekse und holt auch schon mal eine Tüte.
Netter Beifang bei der Walbeobachtung: Papageitaucher und Basstölpel
Uns geht es noch ganz gut. Und so können wir schon bei der Anfahrt ins Walgebiet über dem Kontinentalschelfabhang zahlreiche Papageitaucher aus nächster Nähe beobachten. Dabei hatte ich die Papageitauchersafari gar nicht gebucht.
Und bei der nachträglichen Fotosichtung sehe ich, dass ich wohl mal eine neue Reisekamera brauche. Irgendwie kommt der Autofocus mit den flatterhaften Bewegungen der Papageitaucher nicht mehr so klar, wie ich mir das vorstelle. Aber egal. Wir haben die Puffins gesehen. Süß.
Das Team der Walsafari unterhält die Gäste die ganze Zeit. Basstölpel im Anflug! Alles nach steuerbord! Dieses Basstölpel-Exemplar hat eine Flügelspannweite von angeblich 1,50 m.
Und dann beobachten wir 3 Pottwale vor Norwegen
Der erste Pottwal taucht auf
Fehlen nur noch die Wale. Der Käpt’n steht mit großen Kopfhörern auf der Brücke, lauscht in die Tiefe und fährt zickzack mal links, mal rechts. Ähm, mal backbord und mal steuerbord natürlich. Und dann sehen wir den ersten Pottwal direkt neben dem Boot. Er liegt auf dem Wasser und bläst seine Luft aus. Viel mehr als der Rücken und ein paar Wasserspritzer sind in den Wellen aber nicht zu beobachten. Trotzdem beeindruckend, so einen riesigen Wal direkt neben uns zu beobachten.
Dann aber kommt vom Käpt’n der Ruf „Diving!“ Der Pottwal krümmt sich und senkt den mutmaßlich potthässlichen Kopf gen Tiefe, die hübsche Schwanzflosse streckt er dafür aber ganz fotogen zum Himmel. Ziel erreicht. Wale beobachtet.
Und noch ein Wal ist zu beobachten
Meinetwegen hätten wir jetzt heimfahren können, aber unser Jüngster hat den entscheidenden Moment verpasst. Gerade da hört unser Käpt’n aber einen weiteren Pottwal, der so freundlich ist, sein Auftauchen durch Sonarrufe anzukündigen. Da ist er, zu erkennen am Blas. Als Laie hätte ich Fontäne gesagt, aber ich bin ja nun Walprofi. Es heißt also „der Blas“.
Und tatsächlich läuft alles wieder so wie vorher ab: Ein bisschen Rücken, ein paar Blasfontänen und dann zeigt auch dieses Exemplar seine Schwanzflosse.
Beobachtung von Pottwal Nr. 3 vor Norwegens Küste
Immer nur durch das Teleobjektiv zu schauen und zu fotografieren tut auf einem schaukelnden Schiff gar nicht gut. Doch noch einmal höggschte Konzentration. Und prompt taucht ein dritter Pottwal auf. Vielleicht ist es auch schon wieder der erste Wal. Ich weiß es nicht. Angeblich tauchen die Pottwale ja täglich bis zu 20 Mal bis hinunter auf 1.000 m Tiefe und bleiben immer so 40 Minuten unten. Das macht es dem Veranstalter natürlich leicht, mit einer Walgarantie zu werben. Das größte Risiko bei der Walbeobachtung ist dabei wohl das Wetter. Die Besatzung schien diesen Wal schon zu erkennen. Am Blas? Ich dachte, an der Schwanzflosse unterscheiden sich die Wale.
Aber erst mal ist ja immer nur der Blas zu sehen. Dann der Rücken. Und schon kommt der Ruf „Diving!“ Der Wal will tauchen. Erst mal ein bisschen Geblubber und eine angedeutete Rückenkrümmung.
Und dann folgt auch dieser Pottwal seinem vorgegebenen Ritual und taucht nach ein paar Minuten wieder superfotogen ab. Der Mannschaft zufolge ist dies schon ein Walopa, auf den man sich fast hundertprozentig verlassen könne. Wieder gibt es also eine Wal-Schwanzflosse zu beobachten. Und vor allem zu fotografieren.
Ziemlich dicht am Boot, wie die Handyperspektive zeigt.
Rückfahrt von der Walsafari in Norwegen
Nach dem dritten Wal hoffe ich inständig, dass wir langsam umkehren. Der Kapitän überlegt noch. Lauscht. Denkt nach. Und dann kommt das Signal zur Umkehr. Ein Glück. Die Stunde Fahrt zurück muss ich mich ziemlich konzentrieren. Ein bisschen helfen mir auch die Schiffskekse. Nebenbei liefert sich der Käpt’n einen kleinen Wettkampf mit dem zwischenzeitlich zu uns gestoßenen Schwesterschiff der Walsafari in Norwegen.
Noch etwas blass schlürfe ich im ruhigen Hafenbecken noch eine kräftige Suppe mit Brötchen. Nach Tee oder Kaffee ist mir aber nun wirklich nicht. Trotz der Probleme mit dem Seegang sind aber alle sehr glücklich, dass wir tatsächlich Wale gesehen haben. Und angesichts des Haufens begeisterter Kinder bekomme auch ich langsam wieder Farbe im Gesicht. Bin einfach nur glücklich über die gelungene Walsafari in Norwegen. Davon werden die Kinder noch in 10 Jahren erzählen. Ein paar neue Reifen aber interessieren nicht mal heute.
Mehr Infos zur Walsafari
Was kostet die Walsafari?
Naja, Billig ist es nicht. Aber es lohnt sich. Und es gibt auch kein Risiko, denn wenn keine Wale zu beobachten sind, gibt es das Geld zurück. Und es gibt eine (deutsche) Führung im Walmuseum sowie Kaffe, Tee und Kekse. Die Gemüsesuppe mit Brot war auch nicht schlecht. Die außerordentlich angenehme Betreuung ist kostenlos (Preise von 2017):
- Walsucher ab 14 Jahren: 975 NOK (ca. 100 €)
- Kinder von 5 bis 13 Jahren: 690 NOK (ca. 70 €)
- Nachwuchsforscher von 1 bis 4 Jahren: 290 NOK (ca. 30 €)
- Deutsche Internetseite des Veranstalters der Walsafari in Norwegen (Hvalsafari Andenes): Klick
Hier gibt es noch einen Beitrag zur Walsafari im Winter mit den aktuellen Preisen von 2023.
Welche Wale gibt es wann zu beobachten? Warum gerade in Andenes?
Pottwale sind im Sommer so gut wie sicher – deshalb auch die Walgarantie. Am schönsten sollen aber die Walsafaris im Winter sein, was ich mittlerweile bestätigen kann. Einerseits, weil dann viele verschiedene Walarten (Orcas, Blauwale, Grönlandwale, Finnwale und Buckelwale) vor Norwegen unterwegs sind, andererseits aber wegen der Nordlichter.
Und denkt daran, dass scheinbar alle Anbieter von Walsafaris ihre Kunden auf zum Teil mehrstündigen Busanfahrten nach Andenes bringen. Wer also zum Beispiel im hochgelobten Tysfjord Orkas sehen will, wird diese trotz der zahlreichen Fotos im Internet nicht finden. Denn durch die Erwärmung der Meere bleiben die Heringsströme im Vestfjord und dem angeschlossenen Tysfjord mittlerweile aus. Also jagen auch die Orkas viel weiter draußen vor Norwegens Küste.
Vor Andenes aber kommt die Tiefsee dem Festlandschelf am nächsten. Das ist auf den Satellitenaufnahmen von Google Maps gut zu sehen. Mit anderen Worten: Nur vor Andenes ist das Meer wenige Kilometer vor der Küste bereits 1000 m tief. Und genau diese Tiefen braucht zum Beispiel der Pottwal, um seine Kraken zu jagen. Wer also nicht tagelang umsonst auf hoher See kreuzen möchte, kommt nach Andenes ganz an der Nordspitze der Vesterålen.
Und so waren wir „nur“ 3,5 Stunden auf See und haben 3 Pottwale und einige Papageitaucher gesehen.
Schützt das Leben der Wale!
Auf den Lofoten gibt es nicht viel zu tun, außer Fisch zu fangen. Und auch die letzten Walfänger starten hier. Mit der touristischen Nachfrage zeigen wir auch den letzten Walfängern, dass sich mit Touristen wesentlich mehr Geld verdienen lässt als mit ekligem Walfleisch. Und vielleicht rüsten dann auch die letzten Unverbesserlichen ihre Schiffe um.
Schaut euch aber auch mal die Infos zum Plastikmüll an. Bei der Museumsführung wurde uns erläutert, dass hier im Norden zwar alles intakt scheint, tatsächlich aber auch hier immer wieder Wale wegen verschlucktem Plastikmüll verenden. Besonders problematisch ist das Mikroplastik, dass sich überall ablagert und in die Nahrungskette gelangt. Und in der Kvalvika-Bucht haben wir ja selbst die Kunststoffreste gesehen, die auch das Nordmeer ausspuckt.
Die Walsafari war nicht nur schön, sondern außerordentlich lehrreich. Und ganz nebenbei konnten wir auf der sich anschließenden Fahrt mit der Fähre zur Insel Senja auch das Wissen um eine Vermeidung der Seekrankheit nutzen.
Bewertung der Walsafari:
Es ist so eine wunderbare Reise!
Ja, das finden bei uns auch alle.