Norwegen / Lofoten: Wanderung zur Kvalvika-Bucht
Die Mitternachtssonne bringt unseren Schlafhaushalt doch ganz schön durcheinander. Ständig muss jemand raus, um Fotos von der Mitternachtssonne zu machen. 02:00 Uhr.
03:30 Uhr schon wieder. Also erst 13:00 Uhr runter vom Campingplatz. Naja, eigentlich ist es nur eine Wiese mit Toilettenhäuschen. Aber schön. Vor allem schön bunt.Klar, ich könnte es auch anders fotografieren. Sieht noch besser aus. Aber wollen wir mal bei der Wahrheit bleiben. Die Lofoten sind schön. Aber nicht leer. Nicht im Juli.
Und trotzdem ist der Zeltplatz traumhaft gelegen. So direkt am weißen Sandstrand von Fredvang und mit freier Sicht nach Norden zur Mitternachtssonne. Also nochmal schnell ein Abschiedsblick nach links.
Und einer nach rechts. Keine Badegäste heute. Wirklich nicht.
Abwasser ablassen, Wasser fassen und los. 200 m. Fotostopp.
Unsere Wanderung zur Kvalvika-Bucht
Dann Start zum letzten „planmäßigen“ Programmpunkt der Lofotenreise. Eine Wanderung zur Kvalvika-Bucht. Ohne Umfrage und Abstimmung. In meinem Norwegen-Reiseführer steht, dass das schön ist. Und es gibt auch eine Wanderkarte und Streckenbeschreibung. Das ist gut, denn da muss ich mir selbst keine Gedanken machen. Na gut, wir starten nach ein paar Kilometern Fahrt am Punkt 3. Vorher war kein Parkplatz frei. Sollte egal sein.
Zusammenpacken und Start in die Berge. Ich bin wie immer der Letzte und laufe hinterher. Sammle den Jüngsten ein, der mit der großen Kamera Dutzende Fotos macht. Ein schmaler Weg führt zuerst über in den Schlamm geworfene Bretter zum Markvatnet. 27 Höhenmeter sind geschafft.
Am Markvatnet gewinnen wir durch ein Krüppelbirkenwäldchen schnell an Höhe, allerdings auf dem falschen Weg, wie uns ein entgegenkommendes Pärchen eröffnet. Natürlich in bestem Deutsch. Die Wanderung zur Kvalvika-Bucht ist ja auch die Wanderempfehlung (nicht nur) eines deutschen Reiseführers. Kein Wunder also. Also durch Büsche, Sumpflöcher und Blockgeröll wieder zurück zum Seeufer. Dort ist der Weg allerdings kaum besser. Immer wieder versinken wir knöcheltief im Morast.
Einiger Gegenverkehr. Trotzdem sind wir schon bald an einem kleinen Schafstall, in dessen Windschatten wir einen kleinen Imbiss einnehmen.
Trinkwasser ist genug da. Hätte ich auch ohne Schild getrunken. Aber bemerkenswerte Sprachauswahl hier am „oberen“ Ende Europas.
Aufstieg zum Ågotvatnet. Regenwolken ziehen auf. Regensachen auspacken. Ja, und anziehen. Doch bevor der mündlich eingereichte Protest bearbeitet werden kann, ist der Schauer vorbei.
Bald schon sind wir auf dem 115 m höhen Pass und sehen unten den Sandstrand der wohl ziemlich berühmten Kvalvika-Bucht. Wobei, Vika heißt auf lofotisch oder altnorwegisch bestimmt sowas wie Bucht. Ist ja logisch: Vestervika, Nordvika, Kvalvika. Wird schon sowas sein. Kval heiß auf deutsch Qual. Wer hätte das gedacht? Oder meinten die Wal (hval) und haben es nur falsch abgeschrieben? Kvalvika-Bucht bedeutet dann also Walbucht-Bucht. Na, egal. Alles Spekulation. Ich bleibe mal bei Kvalvika-Bucht.
Berühmt ist die Kvalvika-Bucht jedenfalls. Leicht daran zu erkennen, dass uns immer wieder ziemlich viele Wanderer aller möglichen Nationalitäten entgegen kommen. Wahrscheinlich steht die Runde nicht nur in unserem, sondern in allen möglichen anderen Reiseführern. Im Internet sowieso. Aber gut, natürlich ist die Bucht mit den beiden Sandstränden schön und beeindruckend. Nur halt nicht unbedingt nordnorwegisch einsam. Vögel gibt es auch. Hier mal ein Austernfischer.
Wie gesagt, schön ist es hier. Postkartenschön. Allerdings scheint es unter den Fotografen so eine Art stille Übereinkunft zu geben, den ganzen vom Atlantik ausgespuckten Müll am Ufer auszublenden. Jeder Besucher muss vor Betreten des Strandes eine entsprechende Verpflichtungserklärung des norwegischen Tourismusministeriums unterschreiben. Hüstl. Mittlerweile bereue ich aber meine Anstrengungen, Fotos ohne Flaschen, Kanister, Taue, Netze, Kisten oder Gummiteile zu schießen. Und so waren es wahrscheinlich auch einige Fotografen, die den angespülten Müll zu großen Haufen zusammengetragen hatten, um die Illusion vom überlegenen nordischen Umweltbewusstsein aufrechtzuerhalten. Dass die Norweger auch nur normale Menschen sind, kann man aber in jedem alten Steinbruch besichtigen.
Na gut, der Hauptstrand jedenfalls ist sauber, gelbsandig und superfotogen. Wir klettern über die Felsen am Hellan. Schräg und rutschig.
Mitten in der besten Kletterpassage setzt Starkregen ein.
Alle drücken sich in Felsspalten und unter Überhänge, um halbwegs trocken zu bleiben. Nach ein paar Minuten ist alles vorbei und der Himmel wieder blau. Schöne Ausblicke aus „meinem“ Unterstand.
Wir klettern an Ketten und Tauen weiter über die nun ziemlich glitschigen Schrägfelsen zwischen den beiden Sandstränden Vestervika und Nordvika. Dabei machte ich fotografierend den Abflug. Alles gut. Die Kamera lebt.
Nordvika hat einen ebenso zurechtgeharkten Sandstrand wie Vestervika.
Doch scheinbar wird der nördliche Strand häufiger besucht. Liegt ja auch deutlich näher am Parkplatz. In der Nordvika-Bucht standen sogar einige Baumarkt- und Wurfzelte. Auch der Strand steht also wahrscheinlich als „must do“ im Lonely Planet.
Aber egal. Weiter. Wir steigen hinauf zum Skoren-Pass. 140 Höhenmeter. Schöner Blick vom Skoren auf den Torsfjord.
Motivationspause.
Und dann in Kolonne hinunter zur Fjordstraße hopsen. Über Stock, Stein und Schlammbretter. Doch unten beginnt der unangenehme Teil der Wanderung, denn es stehen 4 km Straße an. Das ist zwar nicht schlimm. Aber die Straße führt ganz offensichtlich in einem weiten Bogen um einen Hügel und verleitet so immer wieder zu einer wilden Abkürzung. Die Unmengen an Wollgras am Hang lassen aber sumpfiges Gelände vermuten. Und so ist einige Überzeugungsarbeit erforderlich, trotz des gefühlt unendlichen Umwegs lieber auf der Straße zu bleiben. Wenigstens kann ich ruhigen Gewissens und völlig glaubhaft versichern, dass wir vor dem Dunkelwerden auf alle Fälle zurück sind. Ha-ha-ha. So richtig kann über diesen Running Gag niemand mehr lachen.
Aber dann sind wir nach 12 km wieder zurück am Bus. Den ersten großen Hunger stillen. Und so sieht die ganze Runde aus.
Mal ein einsamer Wohnmobil-Stellplatz auf den Lofoten
Dann noch ein Stück fahren. Stellplatz am Meer suchen. Nicht unbedingt da, wo alle sind.
Der Wohnmobilstellplatz liegt im Mitternachtssonnenschatten und ruhig. Kommt man wenigstens mal zum Durchschlafen. Mögen die da drüben auf dem Campingplatz ständig zum Fotografieren rausrennen. Ich muss mal schlafen. 22:30 Uhr. Ein letztes Foto übers Meer. 23:00 Uhr Bettruhe. Nachtruhe trifft es ja eher schlecht.Vareid / 39 / 2.634 km
Am Tag nach der Wanderung zur Kvalvika-Bucht geht es auf die Insel der Papageitaucher.