Turbolader Mercedes OM364A: Funktion prüfen, Fehler finden
Beschreibung der Funktionsweise sowie Prüfung von Spiel und Dichtigkeit am Turbolader OM364A im Mercedes 711/814D.
Funktionsweise Turbolader Mercedes OM364A
So ein Turbolader am OM364A ist eigentlich eine recht simple Angelegenheit. Durch den Abgasstrom wird ein Verdichterrad angetrieben, das die Ansaugluft komprimiert in die Zylinder presst. Problem sind nur die hohen Belastungen des Turboladers durch Drehzahlen von 140.000 Umdrehungen pro Minute bei großer Hitze (vgl. Einführungsschrift für den Kundendienst T2N, S. 64).
Ladedruck und Leistung steigen mit Motordrehzahl und Abgasdruck. Allerdings nicht bis ins Unendliche. Der Ladedruck ist letztlich vom System begrenzt und beim Turbolader des OM 364 A auch nicht separat geregelt.
Die Zeichnung zeigt die Funktion des Abgasturboladers am OM 364 A. Das Gehäuse des Turboladers (Nr. 0 in der Zeichnung) hängt im Ölkreislauf des Motors und wird dadurch gekühlt und geschmiert. Die vom Luftfilter kommende Ansaugluft (1) wird mit dem Verdichterrad (2) zusammengepresst und in die Einlassventile gedrückt (3).
Nach der Verbrennung im Zylinder kommt der Abgasstrom aus den Auslassventilen (4) und dreht im Abgasturbolader das Turbinenrad (5) an. Das größere Turbinenrad (5) treibt dann über die Welle (6) das kleinere Verdichterrad (2) an, so dass die Ansaugluft (1) noch besser verdichtet werden kann.
Schonung und Schadensvermeidung Turbolader
Schäden am Turbolader entstehen vor allem durch durch falsches Starten und Abstellen des Motors. Über die Haltbarkeit des Turboladers im Mercedes T2N entscheidet also vor allem der Fahrer.
Zur Schonung des Turboladers beim Starten ist wichtig, den Motor nach dem Anlassen erst einmal im Leerlauf laufenzulassen, bis ein konstanter Öldruck angezeigt wird. Dann ist achtsames Warmfahren das A und O für jeden Motor. Ganz egal, ob mit oder ohne Turbolader. Erst mit warmem Motor können Drehzahl und Belastung erhöht werden (vgl. Einführungsschrift Kundendienst T2N, S. 65).
Oft kommt der Tod des Turboladers beim Abstellen des Motors. Autobahntankstellen sind klassische Turbohinrichtungsstätten. Wer da aus Höchstdrehzahl den Blinker setzt, scharf bremst und den Motor an der Tankstelle direkt abstellt, killt schnell seinen Turbolader. Nicht nur am Mercedes T2N.
Ursache für Schäden am Turbolader durch zu schnelles Abstellen sind der Abbruch der Ölschmierung des Laders sowie der Wasserkühlung des Zylinderkopfes. Und so läuft der Turbolader noch eine Weile mit recht hoher Drehzahl weiter, wird nicht mehr geschmiert und zusätzlich durch die Motorabwärme aufgeheizt.
Das kann soweit gehen, dass das nun stehende Öl an der Welle des Turboladers festbrennt und zu Ablagerungen führt, die dann Undichtigkeiten, Leistungsverluste und Schäden bis hin zum Ausfall des Turboladers hervorrufen.
Daher stelle ich Motoren (mit oder ohne Turbolader) niemals direkt aus. Sondern gehe schon 1 bis 2 km vor dem Stopp vom Gas. Der Motor will nämlich nicht nur warmgefahren, sondern auch kaltgefahren werden. Auch im Stand lasse ich den OM 364 A gemäß Betriebsanleitung (S. 52) immer noch 1-2 Minuten mit Leerlaufdrehzahl laufen, um die Abgastemperatur abzusenken. Damit wird ein Aufheizen des dann ungekühlten und ungeschmierten Turboladers nach dem Abstellen vermieden.
Die Anleitung zur Schonung des Turboladers am OM 364 A gilt natürlich nicht nur für den Tankstellenstopp auf der Autobahn, sondern auch für Aussichtspunkte auf Bergetappen.
Fehlerquellen am Turbolader Mercedes T2N
Ölaustritt außen am Turbolader
Bei schonender Fahrweise sind Leistungsverluste oder Schäden am Abgasturbolader eher unwahrscheinlich. Häufiger sind Undichtigkeiten am Turbolader, die am Ölnebel außen am Turbo erkennbar sind.
Der Turbolader beim OM 364 A sitzt in Fahrtrichtung links am Motor. Aufgrund der extrem engen Einbausituation im Mercedes T2N Kastenwagen sieht man den Turbo am besten von unten zwischen Lichtmaschine und Anlasser.
Ein Ölniederschlag außen am Abgasturbolader sagt aber noch nicht, wo das Öl herkommt. Ich stäube deswegen den Bereich um den Turbo erst einmal großzügig mit Mehl ein. Nach dem Fahren sieht man dann besser, wo Öl austritt.
Bei mir kam das Öl letztlich aus einer losen Schlauchschelle der Ansaugleitung des Turbos. Da man da Arme mit sechs Gelenken braucht, ist so eine Schlauchschelle nicht mal eben schnell nachgezogen.
Innen ölfeuchte Ansaugleitungen
Es könnte aber auch das ölführende Lagergehäuse des Turboladers undicht sein. Allerdings weniger nach außen als nach innen. Dann tritt Motoröl durch die Kolbenringe in die Luft- oder Abgasseite und drückt durch undichte Schlauchschellen oder gerissene Leitungen nach außen.
Die Ansaugseite des Turboladers wird ja über den Ölnebel aus der Zylinderkopfhaube geschmiert. Das soll so sein und schmiert nicht nur den Turbolader, sondern auch die Einlassventile. Vollkommen trockene Luftansaugkanäle sind also eher schlecht.
Öl kann innen auch von Motorkreislauf kommen. Das Problem des Ölaustritts am Turbolader entsteht vor allem bei Unterdruck im Schubbetrieb, da dann der normalerweise vorherrschende Überdruck fehlt, der das Öl hinter den Kolbenringen hält. Ein bisschen Öl im Ansaugtrakt ist aber kein Problem, solange das Öl nicht verkokt und die Querschnitte verringert (vgl. Einführungsschrift Kundendienst T2N, S. 65).
Theoretisch könnte auch eine verengte Rücklaufleitung für einen innen ölenden Turbolader verantwortlich sein. Da das Öl schlechter abfließen kann, steigt der Öldruck im Turbolader und drückt mehr Öl durch die Kolbenringe. Da sollte eine Reinigung helfen.
Erhöhtes Radial- und Axialspiel des Turboladers
Ursprünglich wollte ich meinen Abgasturbolader am OM 364 A ausbauen, zerlegen und prüfen. Denn ich dachte erst, meine Probleme mit Leistungsverlust am Mercedes 711 würden möglicherweise mit dem Turbolader zusammenhängen. Tatsächlich aber waren es Ventile mit zu viel Spiel.
Insofern kann ich keine praktischen Erfahrungen mit dem Zerlegen des Turboladers beisteuern, sondern nur theoretische Angaben aus der Einführungsschrift für den Kundendienst T2N (S. 65). Ich frage mich vor allem, wie man an den Turbolader des OM 364 A rankommt. Wahrscheinlich muss man da oben oder unten erst einmal ein bisschen Platz schaffen. Ich sehe ansonsten räumliche Probleme bei der Demontage von Ansaugleitung am Ladereintritt und Abgasleitung am Turbinengehäuse.
Die Prüfung des Turboladers erfolgt dann durch Drehen der Welle an der Verdichterradmutter bzw. am Turbinenrad. Die Turbowelle muss leicht und gleichmäßig laufen. Gegebenenfalls mehrmals hin- und herdrehen, um etwaige Ölkohleablagerungen abzustreifen.
Die Welle hat relativ großes Spiel. Bei der Radial- und Axialspielprüfung der Turbowelle dürfen Verdichterrad oder Turbinenrad dennoch nirgendwo schleifen oder anecken. Erst beim Anlaufen oder Streifen des Turbinen- oder Verdichterrads am Gehäuse muss der Turbolader ausgebaut und instandgesetzt werden (vgl. Einführungsschrift T2N, S. 65).
Sonstige Fehlerquellen am Turbolader
Pfeifgeräusche am Turbolader können auf defekte Dichtungen, lose Schlauchverbindungen, schleifende Turbinen- oder Verdichterräder sowie in die Rohrquerschnitte hineinragende Dichtungen zurückzuführen sein (Einführungsschrift, Seite 66).
Leistungsabfall und Abgastrübung müssen aber nicht auf einen Defekt des Turboladers hindeuten. Abgesehen von einem falschen Ventilspiel, das vorher auf alle Fälle eingestellt werden sollte, nennt Mercedes die folgenden Ursachen für Probleme und Störungen am Turbolader ( Einführungsschrift, Seite 66):
- Stark verschmutzte Luftfilter,
- Fremdkörper im Ansaugtrakt (z. B. ein bei Wartungsarbeiten eingesaugter Lappen)
- Undichtigkeiten zwischen Auspuffkrümmer und Turbolader,
- Eingerissene Druckschläuche zwischen Turbo und Ladeluftrohr,
- Hängende Motorbremsklappe,
- Verschmutzte oder beschädigte Abgasleitung nach dem Turbolader.
Abgasturbolader prüfen am OM 364 A: Quellen
- Betriebsanleitung Mercedes T2/LN1, S. 52
- Einführungsschrift für den Kundendienst T2N, Stuttgart 1986, S. 64 ff.
- Trzebiatowsky, Die Kraftfahrzeuge und ihre Instandhaltung, S. 58 f.: Klick
Was mich noch interessieren würde, wären praktische Erfahrungen beim Ausbau des Turboladers am OM 364 A. Vor allem, wie man da am besten rankommt.
Moin, Der Ausbau ist im Werkstatthandbuch unter 09-6020 gut beschrieben, auf dem Papier scheint es eine recht einfache Sache zu sein, da wohl zuerst der Kühler raus muss, ich kann das ausschneiden und hier posten, wenn das möglich und gewünscht ist….
Viele Grüße
Andreas
Danke für die den präzisen Hinweis zum Ausbau des Turboladers mit der Nummer im Werkstatthandbuch. Das reicht mir schon. Und das war ja klar, dass man da ringsrum was abbauen muss. Den Kühler also. Habe aber zum Glück mein Leistungsproblem mit Ventile einstellen gelöst. Wollte hier nur die Ergebnisse meiner Vorrecherchen teilen.
Hallo Tom,
zunächst mal vielen Dank für deine sagenhafte Doku deiner Reparaturen und vorallen deren Veröffentlichung. Das ist nicht selbstverständlich. Ich konnte jetzt schon mehrfach davon profitieren.
Ich stehe momentan an dem Punkt dass ich meinen Turbo ausbauen muss. Wäre es möglich die Seite aus dem Werkstatthandbuch mit dem Turbo-Ausbau von dir zu bekommen? Als Foto? Es ist doch leider schwieriger als gedacht an ein Werkstatthandbuch zu kommen.
Beste Grüße Tobi
Die Dokus mache ich ja auch nicht zum Spaß, sondern nur, wenn ich selbst was reparieren muss. Insofern habe ich das Problem des Turboausbaus bis jetzt erfolgreich verdrängt. Erinnere mich bitte bloß nicht daran.
Moin Tom!
Hast du inzwischen mal gehört, wie viel Quälerei das mit dem Turbo ist, den zu tauschen?
Liebe Grüße!
Wie geschrieben, ich mag gar nicht dran denken. Oder hast du den Turbo getauscht und willst berichten?