Marokko: Schneechaos auf der Dadespiste im Hohen Atlas

Bereits die Nacht vor unserem Start auf die Dadespiste war ungewöhnlich: Es regnete. Und auch am Morgen war es mit vielleicht 2 Grad ungewöhnlich kalt. Da wir WLAN hatten, sahen wir etwas ungläubig auf die Wetterdaten, die für die nächste Woche fast durchweg erheblich niedrigere Temperaturen (nachts bis -8°C) sowie Schnee vorhersagten. Nur Agadir versprach noch 20 Grad.

Campingplatz in der Gorges du Todra

Campingplatz in der Gorges du Todra

Trotzdem fuhren wir die Todraschlucht hinauf in den Hohen Atlas, um uns an der Piste hinüber in die Dadesschlucht zu versuchen, die ab Tamtatouchte nach Westen abzweigt. Wir gewannen in grandioser Landschaft schnell an Höhe und sahen schon bald auf den umliegenden Bergen den ersten Hauch von Schnee liegen. Ab einer Höhe von etwa 2.300 m lag auch direkt neben der Piste der offenbar erst in der letzten Nacht gefallene Neuschnee.

Erster Schnee auf der Dadespiste

Erster Schnee auf der Dadespiste

Da sich der Schnee aber nur in kurzen Verwehungen hielt, waren wir weiter frohen Mutes, die Piste schaffen zu können. Unterwegs sahen wir einige Zelte von Ziegenhirten, aus denen uns immer gleich die Kinder entgegenrannten. Kurz vor dem Pass hatte jedoch ein Unwetter auf ca. 2.500 m die Piste halb weggespült, sodass wir hätten im 2 m tieferen Flussbett fahren müssen, das aber mit größeren Felsbrocken gespickt war. Mit den Mopeds weiter war keine Option, da es mir zu sehr „nach Neuschnee roch“.

Kein Weiterkommen ohne Allrad und 50 cm Bodenfreiheit

Kein Weiterkommen zur Dadespiste ohne Allrad und 50 cm Bodenfreiheit

Also kehrten wir (das erste Mal) um und fuhren wieder hinunter nach Tamtatouchte. Ohne die Dadespiste erreicht zu haben. Kurz nach Ait Hani dachten wir uns nichts weiter, als erst leichter Flockenwirbel einsetzte und dann nach dem 2.700 m hohen Pass Tizi-Tirherhouzine die ersten Schneefelder begannen.

Schnee zwischen dem Tizi-Tirherhouzine und Imilchil

Schnee zwischen dem Tizi-Tirherhouzine und Imilchil

Weiter unten lag dann schon erheblich mehr Schnee. Die Gegend um Imilchil ist da wirklich eine kleine, gemeine Kältefalle.

MB 711 D im Schnee zwischen dem Tizi-Tirherhouzine und Imilchil

MB 711 D im Schnee zwischen dem Tizi-Tirherhouzine und Imilchil

Leicht nervös wurde ich aber, als uns die Einheimischen erzählten, dass alle Pässe ringsum gesperrt seien. Trotzdem versuchte ich mich am Pass zum Lac Tislit kurz nach Imilchil, bis der Bus auf vereister und zugeschneiter Straße nicht mehr vorankam. Mit den Sommerreifen war auch die Abfahrt nach Imilchil kein Vergnügen mehr – zum Glück hat der Bus schon ABS. Ein drittes Mal musste ich auf der Alternativroute nach Rich umkehren. Ich hatte an einem Anstieg angehalten, um einen entgegenkommenden 208 nach der Strecke zu befragen. Auch hier lag wieder Schnee auf Eis, sodass wir wieder umkehrten, was allerdings nur mit Hilfe der anderen Fahrgäste gelang, die den beiden festsitzenden Bussen schaufelweise Splitt vor die Räder warfen, noch bevor meine Jungs ihre richtigen Schuhe gefunden hatten. Nun befürchteten wir ernsthaft, in irgendeinem dieser Gebirgsnester überwintern zu müssen und die Jungs rechneten sich schon aus, wie lange unsere Vorräte reichen würden. (Letzte Meldung aus der Küche: Nudeln, Salami und Rübensirup reichen für 2 Wochen; Getränke und Wasser nur noch 3 Tage, alternativ waren aber 25 l Benzin für den Zweitkocher zum Schneeschmelzen und noch 100 l Diesel für die Heizung vorrätig. Erfrieren würden wir auch nicht: Die Schlafsäcke halten – wie schon beim Zelten erprobt – bis mindestens -25°C warm.)

Die einzige Chance, ohne Überwinterung wieder aus dem Hohen Atlas raus zu kommen, sah ich darin, schnell noch über den 2.700-m-Pass Tizi-Tirherhouzine nach Süden auszuweichen, da es dort oben durch die Hitze der letzten Tage eventuell noch zu warm für eine vereiste Straße war. Also heizte ich den Bus mit den Sommerreifen durch Schneefelder und über vereiste Straßen, bis als erster Hoffnungsschimmer auf den Straßen kein Eis, sondern nur noch Schneematsch lag. Die Jungs saßen derweil mit der Schaufel in der Hand im Bus, bereit zum Absprung und Winterdienst. Erst kurz vor dem Pass machte sich die Höhe wieder mit Eis bemerkbar. Zwischenzeitlich war es auch noch dunkel geworden und es schneite ununterbrochen.

Nachtfahrt in Marokko: Abfahrt vom Tizi-Tirherhouzine

Nachtfahrt in Marokko bei Schnee: Abfahrt vom Tizi-Tirherhouzine

Zum Glück waren die letzten 200 Höhenmeter zum Pass recht flach. Auf der anderen Seite ließ ich mich im ersten Gang durch vereiste Serpentinen rollen, bis auch hier die Straße wärmer und das Eis matschiger wurde. In dichtem Schneetreiben fuhren wir dann im Dunkeln noch bis direkt an die Engstelle der Todraschlucht, vor der wir uns glücklich auf den Schotterparkplatz stellten – keine 5 km von unserem heutigen Ausgangspunkt entfernt. Allerdings stand uns jetzt ein langer Weg um den Atlas bevor…

Der verschneite MB 711 D an der Todraschlucht

Der verschneite MB 711 D an der Todraschlucht

Todraschlucht – Tamtatouchte – Dadespiste – Tamtatouchte – Ait Hani – Tizi-Tirherhouzine – Imilchil – Lac Tislit – Tizi-Tirherhouzine – Ait Hani – Tamtatouchte – Todraschlucht (266 / 111.333 km)

Am nächsten Tag machten wir uns dann an den ersten Teil der 1.000 km Umweg nach Agadir. 

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3 Antworten

  1. Carlo sagt:

    Schön! Die Tour haben wir auch mal im Winter versucht. Der Übergang ist aber wirklich schwieriug.

  2. Landydriver sagt:

    Mit dem Landy kein Problem, außer bei zuviel Schnee.

  3. Toni sagt:

    Tolle Touren macht ihr. Aber hier hattet ihr noch Glück. In den Bergen kann es auch schnell mal ein paar Meter Schnee geben.

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